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III. Bemessung der Jugendstrafe

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Nach § 18 Abs. 2 ist die Dauer der Jugendstrafe nach der erforderlichen erzieherischen Einwirkung zu bemessen. Empirische Untersuchungen bestätigen, dass dieses Kriterium zu deutlich längeren Jugendstrafen als bei einer Orientierung am Schuldprinzip führt (Pfeiffer DVJJ-J 1991, 117; Kurzberg 2009; Streng Rn. 455). Der Gesetzgeber möchte das Spannungsfeld zwischen Erziehung und Verhältnismäßigkeit aber erst in einem späteren JGGÄndG im Zusammenhang mit dem Problembereich des Straftaxendenkens und der Aufschaukelungstendenzen in der Sanktionspraxis der Jugendgerichtsbarkeit behandeln (BT-Drucks. 11/5829, S. 14).

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§ 18 Abs. 2 steht im Kontrast zum Zumessungsprogramm des allgemeinen Strafrechts in § 46 StGB und bildet die Grundlage für eine eigenständige jugendstrafrechtliche Zumessungslehre. Die Orientierung an der erforderlichen erzieherischen Einwirkung ist bei der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen zwingend und gilt grundsätzlich auch bei der Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld (BGH NStZ-RR 2019, 159; BGHSt 10, 233; 15, 224; 16, 261; BGH NStZ-RR 2017, 231 = StV 2017, 713; BGH NStZ 2016, 683 und auch BGH NStZ 2018, 728 m. Anm. Eisenberg = JR 2019, 38 m. Anm. Kölbel und dazu Beulke NK 2019, 269-281 mit dem Hinweis auf das wegweisende Urteil des AG Rudolstadt ZJJ 2018, 67: Das Jugendstrafrecht als normativer Schonraum zur Vermeidung von Entwicklungsschädigungen steht mit den Mechanismen prinzipieller Strafverschärfung im deutlichen Widerspruch). Der BGH NStZ 2018, 662, misst dem Erziehungsgedanken mit zunehmenden Alter des Täters ein geringeres Gewicht bei („mit jedem Lebensalter sinkt das Gewicht der Berücksichtigungsfähigkeit von erzieherischen Belangen“). Da Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld aber keine Erziehungsdefizite voraussetzt, können sich erhebliche Diskrepanzen zwischen dem Erziehungs- und Schuldprinzip ergeben. Um diese deutlich zu verringern, vertreten sowohl die Rechtsprechung als auch die Lehre die Auffassung, dass neben dem vorrangigen Erziehungsgedanken auch der Schuldgehalt der Tat von Bedeutung bleibt (BGH NStZ-RR 2018, 358; BGH StV 1994, 599; OLG Zweibrücken StV 1994, 600; NStZ-RR 2005, 291 [Böhm]; Böhm/Feuerhelm 228 f.; Schaffstein/Beulke/Swoboda S. 178 f.; Walter/Wilms fordern, einen „realistischen und spezifisch kriminalrechtlichen Erziehungsgedanken“ zugrunde zu legen, NStZ 2007, 150; kritisch: Albrecht S. 258, der das Erziehungsprinzip als „wenig rationales Kriterium“ und als „verschleiernde Legitimationskategorie“ bezeichnet, ohnehin weitgehend als „Synonym für Repression und Generalprävention“ missbraucht). Durch die Berücksichtigung des Schuldaspektes erlangen die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts mittelbar auch im Jugendstrafrecht praktische Bedeutung, ebenso wie andere Strafzwecke als nur die positive Spezialprävention i.S.v. Erziehung.

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