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a) Jugendspezifische Strafzumessung

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§ 46 Abs. 3 StGB, der die Berücksichtigung von Umständen verbietet, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, gilt im Jugendstrafrecht nicht (BGH NStZ-RR 2009, 155), weil die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts sowie die Strafrahmenänderungen (benannte obligatorische Strafänderungsgründe, besonders schwere oder minder schwere Fälle einschließlich der Regelbeispiele, benannte fakultative Strafänderungsgründe) keine unmittelbare, sondern nur eine mittelbare Bedeutung haben; BGH NStZ-RR 2001, 322 f. (Böhm) und NStZ-RR 2000, 322; OLG Köln StV 2001, 178; vgl. auch Eisenberg NStZ 2001, 335. Wenn bei der Strafzumessung im Jugendstrafrecht ausschließlich Kriterien wie bei Erwachsenen berücksichtigt werden, ist der Zumessungsvorgang unzureichend und der Strafausspruch unterliegt der Revision (BGH NStZ-RR 2020, 30; BGH StraFo 2016, 291; BGH StV 1998, 334 = NStZ-RR 1998, 86; NStZ-RR 1997, 281; StV 1993, 532 und 88, 307; OLG Hamm NStZ 2005, 646). Der in der Praxis häufig wie ein Textbaustein und als salvatorische Klausel verwendete Satz, die Jugendstrafe sei erforderlich, „um zu gewährleisten, dass auf den Angeklagten zur Stabilisierung seiner Persönlichkeit erzieherisch eingewirkt werden kann“, genügt den Anforderungen an die Darlegung nicht (BGH NStZ-RR 2001, 323 [Böhm]; BGH StV 1993, 531 zur unzureichenden Begründung, die verhängte Strafe „sei zur erzieherischen Wirkung auf den Angeklagten unerlässlich“, zu unzureichenden Darlegungen auch BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8 und BGH StV 1996, 269 – „hoher Erziehungsbedarf“; unzulässig ist auch die Verwischung der Grenze zwischen erzieherischer Einflussnahme durch Strafe und therapeutischer Behandlung durch Maßregelvollzug, BGH NStZ 1998, 86 = StV 1998, 340). Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (BGH Urteil v. 19.2.2014 – 2 StR 413/13). Entscheidend ist die Frage nach dem „Warum“. Vor allem muss begründet werden, warum dem Erziehungsaspekt nur durch Verbüßung einer Haftstrafe Rechnung getragen werden kann (BGH NStZ 1988, 491 [Böhm] = StV 1988, 307). Diese Begründungslast gilt sowohl bei der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen als auch bei Schwere der Schuld. Immer muss erkennbar sein, dass der Erziehungsgedanke beachtet worden ist, BGH NStZ-RR 2010, 88. Floskeln wie „erzieherisch ausreichend, aber auch erforderlich“ sind nur in Ausnahmefällen ausreichend, z.B. wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass sich der Angriff des Angeklagten gegen einen an einer vorangegangenen Auseinandersetzung Unbeteiligten richtet. Die für das Erziehungsbedürfnis bedeutsameren Bezüge zur charakterlichen Haltung und zum Persönlichkeitsbild können in den festgestellten Taten zum Ausdruck gekommen sein, vgl. BGH NStZ 2007, 522. Maßgeblich sind also begründete jugendspezifische Strafzumessungskriterien. Zu Recht warnt Albrecht S. 250 davor, die flexible Rechtsprechung des BGH zu nutzen, Zumessungsentscheidungen insgesamt an unzulässigen Strafzwecken zu orientieren, sie aber gleichzeitig mit spezialpräventiv-erzieherischen Begriffen zu verkleiden. Ein richtig verstandener Erziehungsgedanke sollte zur Einheitlichkeit von Herstellungs- und Darstellungsebene führen; vgl. auch Streng StV 1998, 336.

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