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Die Bewertung der Systeme

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Wie kann man auf die Idee kommen, dieses Buch zu schreiben? Es wird sich wahrscheinlich nicht gut verkaufen, denn Menschen lieben positive Nachrichten. Der Volksmund sagt dazu: „Der Überbringer der schlechten Nachricht wird erschossen!“. „Irgendwie“ muss der Autor die Systeme, die ihn umgeben, bewerten können und sich gleichzeitig sicher sein, dass es stimmt, was er behauptet. Das ist doch auch Arroganz, oder?

Fakten werden hier anhand von Naturgesetzen bewertet. Wenn man versucht, gegen sie zu verstoßen, geht es schief. Es ist somit nicht arrogant, sondern pragmatisch. Naturgesetze scheren sich nämlich nicht um Politik, sie sind für alle Gesellschaftsformen gleich, sowohl für Demokratien als auch für Diktaturen. Viele Gesetze, Regeln und Richtlinien sind übrigens auf diesen Naturgesetzen aufgebaut.

Am Beispiel der Elektroroller, die mittlerweile für den Straßenverkehr zugelassen sind, möchte ich darstellen, auf welche Weise man Systeme bewerten kann: Zuallererst schaut man sie sich sorgfältig an. Bei einem Roller ist der Schwerpunkt hoch und der Radstand kurz. Weiterhin sollte man Systeme übertragen können: Vom Fahrrad weiß man, dass man beim Ziehen der Vorderbremse, die am wirkungsvollsten ist, einen Überschlag macht. Hier spielen Geometrie und Physik die wichtige Rolle. Eine konkrete Bewertung ist dann möglich, wenn man Dinge berechnet, um sie vergleichbar zu machen: Dies ist die „Verzögerung“ von 3,9 m/s2. Ein Fahrrad bremst mit 6 – 7 m/s2 nahezu doppelt so gut. Schlussfolgerung ist also, dass die Roller nicht ins aktuelle Verkehrsgeschehen passen.

Es nutzt also wenig, dass diese Roller als „innovativ“ gelten und man mit ihnen die Welt retten will. Sie wurden für den Verkehr zugelassen, obwohl sie schlechter als andere Verkehrsmittel bremsen und somit nicht dem Stand der Technik entsprechen. Roller mit Motor gab es übrigens schon vor 100 Jahren. Das ist aber ist kein Argument: Damals waren die Bremsen aller Verkehrsmittel gegenüber heutigen Standards miserabel. Fahrräder hatten „Stempelbremsen“, heutzutage haben sie Scheibenbremsen, die teilweise so gut wie bei einem Motorrad sind.

Für die Bewertung von Systemen (Dies machen wir dauernd: Ist das gut? Ist das schlecht?) ist die Fähigkeit bzw. Kunst, bei beschränkten Informationen und wenig Zeit plausible Schlüsse zu ziehen, von Bedeutung. Dies bezeichnet man als „Heuristik“.

Bei einer Bewertung sind alle Argumente wesentlich. Insbesondere

diejenigen, die unangenehm sind – dies sind die Wichtigsten.

Denn bei diesen muss man überlegen, wie man sie widerlegen kann.1

Auch Texte ohne Informationen (gibt es) geben Hinweise: Vor Jahren „stolperte“ ich über einen Zeitungsartikel, bei dem ein Millionär über einen Flughafen berichtete, wie wichtig dieser sei. Suchte man im Artikel nach Belegen, stellte man fest, dass auf der halben Zeitungsseite kein einziges Argument vorhanden war. So etwas macht stutzig: Eine halbe Seite Text ohne Fakten und nur Behauptungen. Das war ein Hinweis, dass er ein persönliches Interesse hatte, sonst hätte er den Artikel gar nicht verfasst. Recherchierte man, wusste man, wie der Hase läuft: Der Autor ist Pilot und besitzt eine kleine Fluglinie mit Business-Jets, die auf einem anderen Flughafen stationiert ist, der geschlossen werden sollte. Denn russische Oligarchen wollen mit einem Privatjet in Situationen maximaler Entspannung geflogen werden.

Viele Dinge muss man (leider) „nur“ wissen. Wenn man aber etwas wissen müsste, kann man nicht wissen, dass man es wissen müsste: Wenn man beispielsweise nicht weiß, dass es „Pyrophyten“ gibt und dass diese in Australien besonders häufig sind, kann man nicht auf die Idee kommen, sich über diese auf dem Internet zu informieren. Dazu später mehr.

Wenn jemand versucht, Knieschoner aus einem kohlefaserverstärkten Kunststoff herzustellen, muss man wissen, dass dieser Werkstoff „schlagempfindlich“ ist. Auch muss man wissen, dass das Argument, Kohlefasern seien „stabil“, ein Unsinnsargument ist, denn in der Technik ist das Umgangsdeutsch-Wort „stabil“ unbekannt. Es gibt zugfest, druckfest, schlagzäh,... - aber „stabil“ nicht. Argumentiert jemand damit, kann man schließen, dass die Person von Technik ahnungslos ist.

In „innovative“ Fluggeräte werden Millionen investiert: Triebwerke von Verkehrsflugzeugen wurden immer größer. Der „Vortriebswirkungsgrad“ macht die Sache noch schlimmer. Das müssen Sie nicht verstehen, denn dafür muss man das Fach studiert haben. Einfacher: Alle, Boeing und Airbus, verbauen über Jahrzehnte immer größere Triebwerke. Dann kommt einer, der Minitriebwerke verwendet und diese elektrisch antreiben will. Ist da jemand schlauer als die gesamte restliche Welt?

Aussagen von Personen muss man im Zusammenhang sehen: Ein Politiker erklärt „unter Freunden spioniert man nicht“ bei Spionagevorwürfen gegen die NSA. Man muss wissen: 23 Jahre vorher hatte Frankreich über eine neue (französische) Telefonanlage alle Telefongespräche der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes mitgeschnitten (mit einem sogenannten „Backdoor“). Helmut Kohl rastete im Meeting aus. Konsequenz ist, dass Aussagen wie „wir schaffen das“ zur Bauchschmerzaktion werden. Denn man will offensichtlich Probleme nur aussitzen und nie an der Wurzel angehen.

Bisweilen reicht ein Vergleich aus: Wenn zwei Dinge gleich aussehen müssen, es aber nicht tun, muss ein Fehler vorliegen.

Heutzutage werden Bewertungen dadurch erschwert, indem alles international ist. Eine der schwierigsten Fragen ist diesbezüglich, wie sinnvoll es ist, etwas zu tun, wenn es alle Nachbarn nicht tun.

Ein Hinweis auf die Gültigkeit von Argumenten gibt auch, wenn man überprüft, wie Dinge früher gehandhabt wurden und warum dies damals so gemacht wurde. Rudolf Steiner, Gründer der Waldorfschulen, war konsequent gegen das Spritzen von Giften. Zu seiner Zeit existierten keine selektiven Gifte. Man benutzte Schwermetalle, mit denen man Böden verseucht, da sie grundsätzlich nicht chemisch abgebaut werden können. Gleichzeitig enthielt Gemüse selbst viel mehr Fraßgifte (vgl. Ref. 37), die schon lange herausgezüchtet sind. Somit hatte er vor 100 Jahren Recht, wenn er den Einsatz von Spritzgiften ablehnte. Die Frage ist, inwieweit dies auf die heutige Zeit übertragbar ist.

Man benötigt also einen neutralen Vergleich, um zu bewerten,

ob und wie der Fortschritt oder auch Rückschritt aussieht.

Ähnlich verhält es sich mit technischen Systemen: Ein Wasserstoffauto ist gut, wenn flüssiger Wasserstoff vorhanden ist. Wasserstoffantrieb wurde vor 35 Jahren propagiert. Zu dieser Zeit schien durch Atomkraft Energie unbegrenzt verfügbar. Die Zeiten haben sich aber geändert. Japan geht den Weg mit Atomkraft und fördert deshalb den Elektroantrieb.

Elektroautos sind ein wunderbares Fortbewegungsmittel in Schweden und Norwegen. Dort fahren sie fast CO2-frei. Denn dort gibt es reichlich Atom- und Wasserkraft. Nun stellt sich die Frage, ob sich diese Bedingungen auch auf Deutschland übertragen lassen.

Last but not least sollte man prüfen, mit welchem Realitätssinn Menschen ihre Aufgaben bewältigen: Jemand, der weder Fregatten zum schwimmen, Flugzeuge zum Fliegen noch Gewehre zum Schießen bringt, ist sicherlich nicht geeignet, zukünftige Herausforderungen zu bewältigen.

Deutschlands freier Fall

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