Читать книгу Bibel, Blech und Gottvertrauen - Hildi Hari-Wäfler - Страница 12

Unterwegs im Mattenquartier

Оглавление

Dazu gehörten Besuche zu zweit von Haus zu Haus im Berner Mattenquartier, dem ärmsten Viertel der Stadt Bern. Diese Besuchseinsätze waren neu und ungewohnt für mich, eine echte Herausforderung. Ich musste mich immer wieder dazu überwinden. Wir sahen in Zustände hinein, von denen wir kaum wussten, dass sie existierten. Für städtische Verhältnisse waren die Wohnungen und Einrichtungen zum Teil sehr primitiv. Dabei war ich ja von zu Hause aus absolut nicht auf Luxus getrimmt. Oft wurden uns Türen vor der Nase zugeschlagen, andere taten sich weit auf, wenn Leute uns in unseren Heilsarmeeuniformen erkannten. Einzelne waren froh, sich ihre Not von der Seele reden zu dürfen. Auf diese Weise wurden wir mit so manchem Schicksal und manchem Familiendrama konfrontiert. Das erweiterte unsere Horizonte im Blick auf die tiefen menschlichen Bedürfnisse. Gewisse Anliegen gaben wir dem Hilfsposten der Heilsarmee in Bern weiter. Die dafür verantwortlichen Offizierinnen leisteten praktische Hilfe im Haushalt, sei es während des Krankenhausaufenthaltes einer Mutter oder in anderen Notsituationen. Sie begleiteten Kranke zum Arzt, kümmerten sich um Pflegebedürftige zu Hause, veranlassten, wenn nötig, eine Krankenhauseinweisung oder trafen andere Anordnungen. Wir durften Menschen ermutigen, sich ganz persönlich an Gott zu wenden und von ihm Hilfe zu erwarten. Wir selbst erlebten ja täglich diese Hilfe, indem wir uns direkt an Gott richteten, vor ihm unsere Anliegen ausbreiteten, sei es allein oder in der Gruppe. Immer wieder erfuhren wir Gottes Eingreifen in bestimmten Situationen. So oft wurde mir persönlich Mut und Gelingen geschenkt, wo mir vor einer Aufgabe graute, vor etwas Neuem, Fremdem vielleicht. Hinterher fühlte ich mich glücklich und dankbar, dass ich es mit Gottes Hilfe geschafft hatte. Wenn die Leute im Mattenquartier es wünschten, beteten wir auch mit ihnen. Bei diesen Besuchen wurden mir zum ersten Mal die Augen geöffnet für Lebensverhältnisse, die im krassen Gegensatz standen zu meinem Elternhaus, das von Liebe geprägt war.

Einen weiteren Einblick in menschliche Tragödien erhielt ich im Frauengefängnis in Hindelbank und im Männergefängnis in Thorberg. Dass unsere Frauenkreise zu Hause regelmäßig Socken strickten für die Weihnachtsbescherung der Gefangenen, war mir bewusst. Es wurden auch Pullover, Handschuhe und Mützen für Kinder und Erstlingsausstattungen für die Babys der Familien von Gefangenen angefertigt. Noch heute werden die über 1.000 Paar Socken mit großer Dankbarkeit angenommen, wie auch die Schokolade und einige andere nützliche, begehrte Kleinigkeiten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber unklare Vorstellungen über Gefängnisse und deren Insassen. Wir kamen zwar nicht direkt mit Straffälligen in Berührung, aber Kontakt gab es doch durch unsere Gottesdienste, die wir sehr sorgfältig vorbereiteten und bei denen wir speziell auf unsere Wortwahl achteten. Wir wollten unsere Zuhörer ja nicht verletzen, sondern sie zum Nachdenken bewegen und zu einem Neubeginn auf solider Basis ermutigen. Um das Gesagte zu unterstützen, gaben wir den Zuhörern immer auch noch Traktate oder unsere Zeitschriften in verschiedenen Sprachen weiter.

Bibel, Blech und Gottvertrauen

Подняться наверх