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07: Wieder Frau Spritzer:

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Erneut sind bei mir Klagen über Frau Spritzer eingegangen. Einige Zeit hatte sie mit der Trockenlegung des gefluteten Zimmers und der angrenzenden Räumlichkeiten zu tun, doch das scheint mittlerweile erledigt zu sein. Gestern hat sie, mit dem Feuerwehrschlauch, eine junge Katze von der Mauer ihres Grundstücks förmlich heruntergeschossen. Im weiten Bogen ist das nichts ahnende Jungtier vom Wasserdruck überrascht worden. Zum Glück haben Katzen eine gute Reaktion, deshalb ist die kleine Katze, mit den Beinen voran gelandet und hat – außer dem gewaltigen Schock, und den blauen Flecken vom starken Wasserstrahl, keine weiteren Beeinträchtigungen davongetragen. Obwohl Frau Spritzer eigentlich nicht zu meinem Gebiet gehört, will ich ihr wieder einen Denkzettel verpassen, auch wenn ich bezweifele dass Menschen, entgegen allen Beteuerungen, durch Schaden wirklich klug werden können. Bevor nämlich eine Verhaltensänderung vorgenommen werden kann, wäre eine sachliche Analyse des Verhaltens und dem Willen zur Änderung notwendig.

In einer Nacht als sich Wolken vor den Mond schieben, sind seltsame Dinge auf ihrem Grundstück vorgegangen: Viele Katzen haben immer wieder Süßkirschen herbeigebracht. Wenn in dieser Nacht ein aufmerksamer Fußgänger herumspaziert wäre, hätte er darunter vielleicht auch einen großen, schwarzen Maine Coon Kater sehen können, der mit seinen Zähnen einen Henkel festgehalten hat, an dem ein Plastikeimerchen hängt. Der Behälter ist ebenfalls gut mit überreifen Süßkirschen gefüllt. Nachdem sich der Kater etwas neben der Mauer von Frau Spritzer, von seiner Beförderungsarbeit erholt hat, ist er, mit dem gefüllten Eimerchen, auf die Mauerkrone gesprungen und von dort hinunter auf die hellen Knochensteine und den Betonuntergrund die einen großen Teil des Grundstücks ausmachen. Der Kater leert jetzt den Eimer, mit den herauskullernden Kirschen aus. Einige der anderen Katzen haben auch viele Kirschen mitgebracht, wieder andere haben jedoch nur wenige Kirschen im Mund dabei.

Durch die große Mithilfe und Anteilnahme der anderen Katzen an der Maßnahme, kommt trotzdem eine stattliche Anzahl von Kirschen zustande. Jetzt beginnen die Katzen ausgelassen miteinander zu spielen: Hier werden einige Kirschen mit einer Pfote weggedrückt, dort steht auf einigen Kirschen eine Katze. An anderen Stellen werden Kirschen auf den hellen Platten angenagt und der dunkelrote Saft läuft aus. Wie der Kirschsaft spritzt, das rot könnte auch von Blut stammen. Hier kullern Kirschen und eine Katze schlägt davon Stück um Stück auf zwei andere Katzen, die versuchen diese zu fangen und wieder zurückzuwischen. Fast jede Katze hat eine andere Technik für die kullernden Früchte entwickelt: Die einen scheinen das Kegeln zu bevorzugen, andere übern den Abschlag wie beim Golf, die nächste Katze meint offenbar sie müsste sich einmal im Jonglieren üben. Ein tigergestreifter, hinkender Kater scheint für Polo-Turniere trainieren zu wollen, während ein anderer Kater, die Kirschen als Wurfgeschosse zu nehmen scheint. Doch ganz gleich welche Sportart die Katzen auch ausüben wollen, allen ist eines gemeinsam: Sie haben einen unbändigen Spaß. Selbst die ältesten Katzen werden noch einmal jung und machen ein Happening aus der Aktion. Mit den teilentsafteten Kirschen wird aber weiter gespielt, denn die Muster auf dem hellen Boden wirken sehr apart. Zwei, drei Katzen wälzen sich sogar in bereits gegorenem Kirschsaft und reinigen dann, an anderer Stelle das Fell, indem sie über noch saubere Steine auf dem Refugium kriechen. Es macht den Fellträgern gewaltigen Spaß den rollenden Kirschen erst nachzuhechten, dann die rote Frucht zu fangen und dann entweder wieder ins Spiel zu bringen, oder sie zu zermatschen. Das Spielen und die ausgelassene Fröhlichkeit ziehen sich über einige Stunden hin und erst am frühen Morgen verlassen alle Katzen, schmutzig vom Kirschsaft zwar, aber beglückt und zufrieden das Grundstück von Frau Spritzer. Würde man das Muster im Hof jetzt aus einigem Abstand betrachten so wären Verknüpfungen zur Modernen Kunst durchaus feststellbar. Natürlich ist hier kein Werk von Gerhard Richter entstanden, aber den „Action Painting Begründer“ Jackson Pollock, der als einer der größten Vertreter des „Abstrakten Expressionismus“ gilt, hätten wir mit unserem Gemeinschaftswerk locker geschlagen – und dass sogar zweistellig! Aus diesem Grunde waren wir Katzen sowohl mit den nächtlichen Spielen, als auch mit dem beeindruckenden Kunstwerk auf dem ehemals hellen Untergrund, mehr als zufrieden und stolz. Und das zu Recht!

Auf dem Beobachtungsbaum auf dem Nachbargrundstück von Frau Spritzer sitzen jetzt erstaunlich viele Katzen und schauen gespannt auf das Haus und das künstlerische Bodenkunstwerk. Wenige Minuten später kommt Frau Spritzer aus dem Haus. Aufgerissene Augen, Brille absetzen, Kopf schütteln, unidentifizierbare Töne entspringen dem Mund, Brille wieder aufsetzen, erneutes, noch heftigeres Kopfschütteln, Brille absetzen, mit dem Taschentusch die Brillengläser reinigen, Aufsetzen der Brille, leichtes Kopfschütteln, noch weiter aufgerissene Augen, ein Tiefer Seufzer, dann ein Hinsinken auf den Boden. Frau Spritzer ist bedient. Im Sitzen schaut sie sich noch einige Zeit die Süßkirschen-Verzierungen an und zieht sich dann fluchtartig ins Haus zurück. Fast empfinde ich sogar so etwas wie Mitleid, aber wenn ich daran denke wie sie mit dem Wasserstrahl meine Artgenossen attackiert und von den Mauern herunterschießt, werden meine Augen hart und ich bin von unserer Aktion wieder mehr als überzeugt. An diesem Tag, und an vielen weiteren, haben die Vögel und andere Tiere keine Spritzattacken zu befürchten, denn Frau Spritzer bleibt für einige Wochen in ihrer Wohnung, bis eines Tages ein Reinigungstrupp vorbeikommt und mit Hochdruckgeräten und Reinigungsmitteln die kunstvolle Aktionsgestaltung vom Untergrund entfernt. Darüber kann ich nur mein Bedauern ausdrücken, denn das Kunstwerk hätte bestimmt in einem Museum für Moderne Kunst, einen würdigen Platz, an exponierter Stelle, bekommen können. Aber durch die Beseitigung der Farben und Muster ist das leider nicht mehr möglich. So kann man auch ein lohnendes Geschäft durch den Verkauf von Kunst zunichte machen. Arme Frau Spritzer.

Conn: Happy Years

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