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16: Elfriede und Peter:

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Die beiden sind verwitwete Mutter und deren Sohn und wohnen in einem gemieteten Haus in unserem Städtchen. Elfriede dürfte die fünfzig Jahrgrenze gerade so geknackt haben und arbeitet in der Cafeteria in einem Krankenhaus. Leicht pummelig und um die 1,60 Meter groß, lacht sie gerne und freut sich an kleinen Dingen des Lebens, wie beispielsweise an einer Hummel die im Flug ihre brummenden Geräusche abgibt, oder auch am blühenden Löwenzahn. Zeit ihres Lebens war die Familie im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit gestanden und deshalb hat sie sich auch immer eine Arbeit gesucht, damit das schmale Familiensalär ausgereicht hat. Selbst als der Ehemann noch gelebt hat, den sie damals schon spitzbübisch als „Mit-Elternteil“ tituliert hatte, war das finanzielle Budget mehr als knapp gewesen, weil der Mann, wegen verschiedenen Krankheiten, schon sehr zeitig zum Frührentner wurde. Das starke Rauchen und der Alkoholkonsum des Familienoberhauptes haben sich ebenfalls nicht positiv ausgewirkt und deshalb auch nicht mitgeholfen seine Gesundheit zu stabilisieren.

Elfriede ist obwohl sie manchmal zwei oder drei schlecht bezahlte Tätigkeiten miteinander in Einklang bringen musste, eine herzensgute und tolle Mutter für den 20jährigen Peter. In unserem Städtchen sprechen alle Leute nur mit Hochachtung von ihr, denn obwohl sie nicht viel Geld hat, kümmert sie sich um Menschen, von denen sie annimmt, dass es ihnen noch schlechter geht als ihr selbst.

So durchstreift sie nach ihrem täglichen Arbeitsende noch unser Krankenhaus, unterhält sich mit Krankenschwestern und Pflegern und findet heraus, welche Patienten wenig, oder gar keinen Besuch erhalten. Dann besorgt sie, von ihrem wenigen Geld, eine kleine Schachtel Pralinen oder einige Blümchen und besucht die Kranken. Die sind zunächst überrascht, dass ihnen eine völlig fremde, ältere Frau einen Besuch abstattet, aber Elfriede will nur die Kranken etwas aufmuntern und appelliert an deren Willen wieder gesund zu werden. Die selbstlose Hilfsbereitschaft ist teilweise so stark ausgeprägt, dass sie vor lauter kleinen Dingen die sie für andere kauft und ihnen schenkt, am Ende des Monats selbst kein Geld mehr hat um einen Einkauf zu erledigen. Auch wenn sie das Grab ihres verstorbenen Mannes besucht, hat sie meistens noch ein zweites Blumensträußchen mit dabei, das sie auf irgend ein, bemitleidenswertes Grab legt. Wenn sie danach gefragt wird, antwortet sie: „Mir ist zwar nicht bekannt wer hier in diesem Grab liegt, aber es wird nicht gepflegt und vielleicht sind keine Angehörigen mehr am Leben. Vielleicht war der oder die Verstorbene ohne Kinder, Verwandte oder gute Freunde, oder die wohnen zu weit weg, als das sie hierher kommen könnten um sich um die Grabpflege zu bemühen. Mir tut es in der Seele weh, wenn ich ein verwahrlostes Grab sehe, denn hier liegt ein Mensch, der mit seinem Wesen vielleicht viel Freude bereitet hat und nun ganz allein und fast vergessen in der Erde ruht. Es macht mich einfach traurig wenn ich sehe wie schnell man vergessen ist“.

Der Sohn von Elfriede heißt Peter und hat Schlosser gelernt. Mittlerweile dürfte er etwas älter als zwanzig Jahre sein, stabil gebaut und stolze 1,75 Meter groß. Er hat eine ausgeprägte Hakennase, ist rothaarig und hat Sommersprossen. Manche Leute haben schon gedacht er wäre der außereheliche Sohn von Mike Krüger, oder James Last. An positiven Eigenschaften sind zu nennen seine verantwortungsvolle Zuverlässigkeit bei seinen Arbeiten in den Betrieben und auch sein fröhliches Gemüt. Er hört gerne Musik der Beatles und Flower-Power Ära und auch Stücke einer Gruppe die auch ich sehr schätze: Der „Creedence Clearwater Revival“. Seinen Freunden gegenüber ist er zuvorkommend und bereit mitten in der Nacht aufzustehen, wenn einer seiner Kumpel, auf irgendeiner Landstraße, mit seinem Fahrzeug liegengeblieben ist, weil er entweder einen Unfall gebaut hat, oder versucht hatte den Motor längere Zeit ohne Öl zu fahren, oder sonst eine Hilfestellung benötigt. Wenn Peter dann geholfen hat, ist es Zeit sich sofort auf den Weg zu seiner Arbeit zu machen, denn auch dort wird mit ihm fest gerechnet und so ist er manchmal mehr als einen Tag am Stück unterwegs, um die Probleme und Vorstellungen anderer Leute zu lösen. Aber trotz dieses leichtsinnigen Ansatzes, sagen alle: „Der Pit isn klorrer Kerl“ (Coon Übersetzung: Der Peter ist ein ausgesprochen positiver Bestandteil der menschlichen Rasse).

Peter mag Autos, am liebsten mit viel PS unter der Haube und geht mit seinen Freunden gerne in eine gemütliche Kneipe, oder in die Diskothek. Obwohl er eigentlich einen gut bezahlten Beruf hat und so ein richtig, dufter Typ ist, hat er, wie alle Lebewesen, auch seine Schwachstellen. Eine davon ist seine Hilfsbereitschaft, denn wenn einer der Kumpels „klamm“ ist, das heißt mal wieder kein Geld hat um in der Diskothek zu bezahlen, ist Peter bereit das für ihn zu tun. Das Geld bekommt er dann oft nicht zurück, denn das Zurückzahlen des ausgelegten Geldbetrages wird einfach „vergessen“. Der „Pit“ (Coon: Viele sagen zum Peter nur „Pit“) ist ein mehr als gutmütiger Zeitgenosse. Bösartige Zungen würden diese Gutmütigkeit als Leichtsinn abtun, aber er hat halt ein genauso gutes Herz für sein Umfeld, wie seine Mutter. Gutmütigkeit wird oft ausgenutzt, was dazu führt, dass auch Peter immer etwas weniger Geld zur Verfügung hat, als er dies bei seinem Ausgabenverhalten eigentlich haben dürfte. Bei einer weiteren Gruppe von Leuten ist er aber gerade deshalb besonders beliebt: Bei den Banken. Der Dispo-Kredit ist oft überzogen und wenn mal wieder ein Fahrzeugwechsel ansteht, wird ein Kredit aufgenommen um das neue Benzingefährt zu ergattern. Er bekommt manchmal von einer Sparkasse nur Geld, wenn er einen Bürgen mitbringt, der für die Kreditsumme haftet. Die Bank sichert sich dadurch ab und hat zur Not eine zweite Person, auf die sie bei finanziellen Problemen zurückgreifen könnte. Elfriede ist eine mehr als tolle Mutter und gerne bereit die Unterschrift dafür zu geben, auch wenn sie selbst nicht viel Geld hat.

Obwohl Peter im Bereich Finanzen einen „leichtsinnigen Umgang“ pflegt, ist er ein ganz toller, ehrlicher, lustiger Typ und genau das scheint sein zweites Problem zu sein, denn Peter ist nicht nur bei seinen Freunden beliebt, sondern auch immer bereit eine weibliche Eroberung zu machen. Hilfsbereit wie er nun mal ist, bringt er Tapeten in Wohnungen an, ist bei Einkäufen dabei, oder hat einfach ein offenes Ohr für die exorbitanten Probleme der Damenwelt. Er behauptet immer, „mit Kondomen nicht zu können“ und vollzieht, ohne an die Verhütung zu denken, seine Hilfsbereitschaft. Auch die jeweilige Eroberung scheint fast immer vom gleichen, gedanklichen Kaliber zu sein und nichts von Verhütungsmitteln zu halten und so ist Peter der Vater einer ganzen Anzahl unehelicher Kinder. Soweit es ihm möglich ist, zahlt er dann auch tapfer die Alimente. Manchmal ist es den schwangeren Frauen aber lieber sich wieder von Peter zu trennen und das noch ungeborene Leben, dem Noch-Ehemann unterzuschieben, besonders wenn er über eine ausgezeichnete Bonität verfügt. Ist das Kuckuckskind dann auf der Welt, dauert es nicht mehr lange und es steht zuerst eine Trennung auf Probe und dann eine Scheidung an. Natürlich alles erst nachdem sich mit einem guten Scheidungsanwalt ausgiebig beraten wurde. Der vermeintliche Vater ist dann für Jahrzehnte für monatliche Kuckuckkinderzahlungen zuständig. Eventuell muss der reiche und doch eigentlich arme, betrogene Kerl dann auch noch Unterhalt zahlen um seiner Ex-Gattin, den bisherigen Lebensunterhalt zu sichern. Seine eigenen, künftigen Mehrkosten für Miete, Steuern und Versicherungen kümmern niemanden, auch nicht seine Ex, zumindest so lange wie noch Geld aus ihm rauszupressen ist. Die von ihrem bisherigen Ehemann nun befreite junge Mutter meldet sich jetzt, noch Monaten oder Jahren des fehlenden Kontakts, wieder bei Peter, doch der hat mit Sicherheit, in der Zwischenzeit, eine neue Eroberung gemacht, denn wie hätte der arme Kerl wissen sollen, was sich seine einstige Gespielin an Ränkespielen in der Zwischenzeit ausgedacht hatte?

Was die Stunde beim Thema Schwangerschaft jeweils geschlagen hat, kann ich schon im Vorfeld sehen, wenn mal wieder eine junge Frau an der Haustüre von Elfriede und Peter klingelt. Sobald die Frau weint, ist mir klar, dass Peter mal wieder zugeschlagen hat und eine neue Schwangerschaft in meiner Stadt zu Buche steht. Einen Teil dieser Frauen würde ich als hübsch beschreiben und auch vom Charakter her als lieb bezeichnen und in diesen Fällen kann ich den „Pit“ dann auch verstehen, doch manchmal setzte ich mich fragend und ratlos vor Peter hin, bis er mir die Fakten erklärt: „Ich habe die Rosalinde in der Diskothek kennengelernt und wir haben es nur in dieser einen Nacht miteinander gemacht“!

Ich nicke dann und überlege mir, wie dunkel es wohl in der Diskothek, am betreffenden Abend gewesen sein muss, um so eine Beute zu begatten! Wahrscheinlich waren Energieausfall und eine totale Mondfinsternis in der betreffenden Nacht gleichzeitig vorhanden, denn anders kann ich mir manche sexuelle Vereinigung nicht erklären. Selbst Hufeisenfledermäuse würde ich als hübscher bezeichnen. Oder wenn ich bei Katzen als Vergleich bleiben soll: Selbst eine Nacktkatzenart wie die Sphynx, ist nach meinem Empfinden noch ansehenswerter als dies im Falle von Rosalinde war. Die Sphynx muss man im Haus halten, weil durch die fehlende Behaarung der Kälte- und Hitzeschutz fehlt und diese Katzenrasse deshalb besonders empfindlich ist. Da die Haarfollikel fehlen, scheiden die Drüsen ein Öl auf die Haut ab, das der Katzenhalter täglich mit einem Ledertuch entfernen sollte. Doch haben diese Katzen auch ihren Reiz, denn sie sind verspielt und sehr anhänglich und somit für Tierfreunde, die wenig Kontakt zu anderen Lebewesen haben, eine gute Alternative. Doch als ich mir „die große Eroberung Rosalinde“ nochmals beim herumstampfen ansehe, denn gehen kann man zu ihrem Gang eigentlich nicht mehr sagen, und auch ihre schrille Stimme höre, habe ich bei allem Wohlwollen für den „Pit“ keine Begründung mehr für seine Wahl. Natürlich hat sich niemand selbst gemacht, auch Allgemeinbildung und Benehmen sind nicht jedermanns Sache und nicht jeder ist für den Laufsteg geboren, aber saubere Kleider und ab und zu eine Dusche, in Einheit mit etwas Seife, sollten wirklich drin sein.

Es ist kein frischer Schweiß den ich wittere, sondern eine säuerliche Absonderung, die schon tagelang die Fliegen anlocken muss. Warum man auch noch kurz vor einem Besuch in jeden Hundehaufen hinein treten musste, und jetzt im Haus überall davon Spuren hinterlässt, ist auch etwas wofür ich keine hinreichende Begründung finden kann. Kurzum, Rosalinde sollte auch in der Wohnung gehalten werden, aber dann bitte in ihrer eigenen. Dann sollte man ihr einige Hygienetipps zusenden und einige Seifen und Desinfektionstücher. Vielleicht könnte man sie dann wieder mit gutem Gewissen auf die Menschheit loslassen. Aber unser Peter hat ja gesagt wie dunkel es an diesem Abend war. Schon erstaunlich dass er in dieser Dunkelheit auch noch die jeweils richtige Körperöffnung gefunden hat und eine Schwangerschaft in die Wege geleitet hat.

Dann muss ich etwas schmunzeln, denn eine gut bezahlte Tätigkeit für den gegenwärtigen Zustand von Rosalinde würde mir schon einfallen: Sie müsste zum Film gehen, denn Darsteller in Gruselfilmen werden immer gesucht und die Maske müsste sich nicht so viel Mühe geben einen entsprechend glaubwürdigen Mimen herzurichten. Auch der Bauerntrampelgang würde sich dafür bestimmt gut eignen. Doch bestimmt hat auch Rosalinde ihre Fähigkeiten und Vorzüge, auch wenn sie diese hervorragend getarnt hat und zudem – ich muss mich schließlich nicht mit ihr auseinander setzen. Mir tut aber auch Elfriede leid, die bestimmt wieder versuchen wird ihren Peter finanziell zu unterstützen, damit er auch diese Alimente noch bewältigen kann.

Tief bewegt bin ich dann zu meinem Freund Josef gegangen, dem die berühmte Metzgerei am Marktplatz gehört. Seine Spezialitäten in Wurst und Fleischwaren und sein selbst gemachter Senf sind absolute Weltklasse und würden jeden Preis rechtfertigen. Mit einigen Pfotenhinweisen und Miauen, habe ich ihn darum gebeten einige Wurstdosen eingepackt zu bekommen. Josef lacht und meint frotzelnd: „Willst Du damit Schabernack treiben“? Ich verneine mit meinem Kopf und bin doch etwas darüber entrüstet, dass man ausgerechnet mir so etwas zutrauen würde. Josef übergibt mir dann, in einer Stofftasche, die ich zwischen die Zähne nehmen kann, einige verschlossene Wurstdosen. Artig habe ich mich bedankt und bin dann zum Haus von Elfriede gegangen. Dort habe ich miaut und als sie öffnet, habe ich ihr die Tasche hingestellt und bin dann davon gelaufen. Die Rührung und die Freudetränen in ihren Augen habe ich aus den Augenwinkeln heraus gesehen. Ich habe bestimmt richtig vermutet, dass die gute Seele, vor lauter Bestreben anderen Menschen helfen, selbst nichts mehr im Kühlschrank zum Essen hat. Guten Appetit Elfriede und Peter. Wenn ihr wirklich etwas Gutes tun wollt: Schließt meinen Freund, den Metzger Josef, in eure Nachtgebete und guten Wünsche mit ein. Auch der hat ein sehr soziales Bewusstsein, ohne dabei aber zu vergessen, dass bevor man etwas verschenken kann, das erst einmal auch erwirtschaftet sein muss.

Conn: Happy Years

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