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20: Weihnachtsüberraschung auf der Straße:

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Zwischen meinem Städtchen und dem Nachbarort ist ein breiter, befestigter Feldweg, der bei Tag, für die Belange der Rebstöcke und Weinberge Verwendung findet. Bei Nacht und besonders am Wochenende dient diese Verbindung als Schleichweg zum Nachbarort, damit man den Alkoholkontrollen der Polizei entgehen kann. Nur wenige Aussiedlerhöfe für Winzer befinden sich entlang dieses Weges. Einige Wochen vor Weihnachten hat einer dieser Winzer, an der Spitze einer Korkeiche, einen kletternden Weihnachtsmann, aus Kunststoff angebracht. Die Korkeiche steht zusammen mit einigen Olivenbäumen, direkt am Rande der Geheimstraße und der maschinell hergestellte Weihnachtsmann schaut in den Innenhof des Gebäudes.

Die Pfalz hat normalerweise ein mildes Wetter und so ist die Korkeiche, auch im Winter, mit ihrem grünen Blattwerk gesegnet. Von der Straße aus ist der Fabrikweihnachtsmann nicht zu sehen. Nachdem es dunkel geworden war, bin ich mit meinem Freund Tiger, einem kastrierten Kater, auf dieser Straße unterwegs, weil ich einige Mäuse für den alten Veteranen fangen will und sie ihm ganz frisch überlassen möchte. Tiger war in seiner Jugend von dem Tierhasser Jürgen (siehe Coon: Bände 1 – 4), mit einem Gewehrschuss verletzt worden und hinkt seither auf seiner linken Seite. Die normale Jagd auf Nagetiere fällt ihm deshalb denkbar schwer. Als wir so auf Lauer nach den Geräuschen der Mäuse sind, kommt es, bei auffrischendem Wind, immer wieder dazu, dass der, im Baum befestigte Kletter-Weihnachtsmann pfeifende Geräusche von sich gibt und so unsere Beute in die Flucht treibt, bevor ich überhaupt einen Fangversuch unternehmen kann.

Ich bin dann, trotz des Windes, konzentriert die Eiche hochgeklettert und habe mich um den weihnachtlichen Kunststoffkorpus gekümmert: Zerren hier, wegdrücken dort, mit den Zähnen das Seil beiziehen, mit den Pfoten die Füße der Plastikgestalt beidrücken. Dann kommt mir der Zufall zur Hilfe, denn plötzlich kippt der Weihnachtsmann über die Baumspitze, auf die Seite der Straße. Durch das Nachziehen des Seiles, hängt der kletternde Weihnachtsmann nun kopfüber. Ich drücke mit den Pfoten jetzt noch die Stiefel in einige Astgabeln und Verzweigungen. Nachdem ich wieder auf dem Boden bin, kann ich den Weihnachtsmann, mit dem Kopf nach unten, jetzt in seiner vollen Pracht sehen: Wenn der Wind etwas auffrischt, drückt er die Spitze des Baumes zur „Betrunkenenstraße“ hin. Der Weihnachtsmann ist jetzt mit dem Gesicht zur Straße, die Arme hängen herab und auch der Sack sieht aus, als wolle er sich augenblicklich vom Rücken lösen. Der weiße Bart, in Verbindung mit der roten Kutte mit dem weißen Fellbesatz, wirken irgendwie gespenstisch. Fast wie lebendig, den herabhängenden Körper zu sehen wenn er in Bewegung ist.

Tiger und ich sitzen nun andächtig am Straßenrand und sehen uns zufrieden mein Werk an. Es nähert sich, mit total überhöhter Geschwindigkeit, der Lichtkegel eines Fahrzeuges. In diesem Moment frischt der Wind erneut auf. Die Korkeiche biegt sich herunter, und kurz oberhalb der Windschutzscheibe des Fahrzeuges, schwingt plötzlich ein Gesicht, mit weißem Bart und roter Kleidung, mit hängenden Armen herab. Ich weiß nicht warum der Fahrer ein so panisches Bremsmanöver einleitet, auf jeden Fall kommt er aus der Spur und das Auto landet, mit seinen Insassen, im Straßengraben. Kurze Zeit später ein weiteres Auto und auch dieses wird vom herabtauchenden Weihnachtsmann erledigt. Irgendwann einmal kommen dann Abschleppwagen und die Polizei. Der Alkoholtest wird nun, nachträglich vorgenommen und die Wagenpapiere vorsorglich einbehalten. Wirklich, eine sehr interessante Nacht. Nachdem nun die ganzen Autoteile aufgeladen sind und die Insassen der Unfallfahrzeuge bei der Polizei mitfahren durften, kehrt wieder Ruhe ein. Die Fahrzeuge sind jeweils Schrott, aber die Fahrzeuglenker und die Mitfahrer, sind mit dem Schrecken davongekommen und weisen keine größeren Blessuren auf.

Tiger und ich sitzen einträchtig lauschend wieder nebeneinander. Nach wie vor möchte ich, in aller Gemütruhe, einige Mäuse für den Veteranen erbeuten. Da sehen wir aber in der Ferne, auch schon die nächsten Scheinwerfer eines Autos. Ich gebe Tiger einen kleinen Stoss mit meiner Schulter: „Du, der Wind frischt wieder auf und ein Rennfahrer der die Straße in ihrer ganzen Breite braucht, saust heran. Ich denke der Weihnachtsmann empfängt soeben sein nächstes Opfer“.

Wir sind weit genug vom Ort des Aufpralls entfernt, als der herab gleitende Weihnachtsmann den Fahrer erschreckt und der, nach einem späten, vergeblichen Bremsmanöver im Kurvenbereich, die Gewalt über sein Fahrzeug verliert. Nicht weit von der Aufprallstelle der ersten beiden Autos landet auch das aktuelle wieder in einem Graben. Auch hier haben außer einem Schock die Fahrzeuginsassen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen davongetragen. Als die Polizei dann aber kopfschüttelnd eintrifft und den nächsten Alkoholtest durchführt, ist zumindest ein weiterer Führerschein auf dem Weg in die „langmonatliche Freistellungsphase“. Das Schrottauto wird einige Zeit danach aufgeladen und wegtransportiert. Die Polizei nimmt die Wageninsassen in einem Mannschaftswagen mit. Dann herrscht wieder Ruhe.

Tiger und ich sitzen wieder friedlich nebeneinander am Straßenrand, doch diesmal sind wir nicht auf Beutezug nach den Nagetierchen, sondern sehen uns die Sterne am Himmel an. Ab und zu wird die dunkle Idylle durch einen neuen Lichtkegel unterbrochen der sich schnell nähert. Der Plastikweihnachtsmann scheint an seiner neuen Aufgabe besonderen Spaß zu haben, denn soeben wird der Wind wieder stärker und der verkeilte Weihnachtsmann in der Korkeiche beginnt wieder herabzuschwingen. Tiger scheint wie im Fieber, und voller Vorfreude, als ein weiteres Fahrzeug eben um die Ecke biegt.

Noch mehrere Trunkenheitsfahrer erwischt es in dieser Nacht. Keiner will aber sagen was ihn so erschreckt hat, denn wie würde folgende Aussage klingen die da heißt: „Nachdem ich zu viel getrunken hatte, bin ich den Schleichweg gefahren und plötzlich hat sich der Weihnachtsmann, mit dem Kopf nach unten, auf meine Windschutzscheibe geschwungen“? Neben den normalen Tests auf Alkohol wären dann auch psychologische Untersuchungen auf den Geisteszustand erforderlich und ob man nach diesen jemals wieder seinen Führerschein erhält, ist mehr als fraglich. Besonders erstaunt Tiger und mich, dass immer wenn die Polizei wieder eine Unfallaufnahme durchführt, es windstill ist und der Weihnachtsmann nicht herum schwingt. Vielleicht hat der Weihnachtmann doch ein heimliches Abkommen mit seinem göttlichen Chef getroffen, damit in dieser Nacht möglichst viele Alkoholsünder ihre Unglücksfahrten zwar heil überstehen, aber dann für lange Monate, auch nicht mehr hinters Steuer dürfen, weil ihr Führerschein gesichert wurde? Wenn das so sein sollte, können Tiger und ich, auch im Hinblick auf die ordentlichen Verkehrsteilnehmer nur sagen: „Vielen, vielen Dank, lieber guter Weihnachtsmann“!

Conn: Happy Years

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