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01: Die Whisky-Freunde:

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Martina ist zu einem „Mädchenabend“ gefahren und wird bei einer Freundin übernachten. Manfred ist allein zu Hause. Zumindest zu Beginn, dann klingelt es immer wieder an der Türe und es werden, mit lautem: „Herein mit Euch“, seine männlichen Kumpane von ihm eingelassen. Schon an der Eingangstüre ruft einer laut: „Ich habe einen guten Whisky mitgebracht“. Die anderen antworten etwas empört: „Meinst Du wir hätten nur Soda dabei“? Die Lautstärke ist beträchtlich und ich ziehe mich zunächst in die Küche zurück, bis alle aus der Runde da sind und im Wohnzimmer Platz genommen haben. Es dauert nicht lange und ich höre viele Gläser die gegenseitig angestoßen werden. – Nicht dass ich etwa neugierig wäre, aber ich lerne gerne dazu und deshalb übersiedele ich ebenfalls in Wohnzimmer.

„Mein Single Malt Whisky ist von einer kleiner Destille aus Schottland“ meint Rudy. „Durch die Nachreifung in den gebrauchten, alten Whiskyfässern hat er seine kupfrige Farbe und ein vielschichtiges Finish“. Hans entgegnet Rudy: „ Schon gut, aber mein schottischer Whisky wurde in Portweinfässern nochmals einer Reifung unterzogen. Komplexe, fruchtige Geschmacksnuancen und eine ausbalancierte Würze runden sein Aroma ab“. Der nächste Besucher preist sein Mitbringsel an: „Kommt aus dem Jura, ein tolles Zusammenspiel von Geschmacksnoten nach Früchten, Vanille und einer rauchigen Abrundung“. Dann geht es mit den Sorten und Besonderheiten wild durcheinander: Italienischer Brandy, aromatisch und trocken. Danach ein besonderer, schottischer, Islay Whisky, der als charakterstark, salzig und rauchig dargestellt wird. Es folgt ein Rum aus Panama, der exotische Früchte, eine leichte Würze, und Holzanwandlungen haben soll. Nun kommt ein weiterer, schottischer Whisky aus den Highlands hinzu, der in Sauternes Fässern gereift wurde und Mandelaromen, Zitrusfruchtgeschmack und eine feine Würze aufweisen soll. Die Alkoholika haben jeweils eine lange Lagerzeit hinter sich und 10 bis 20 Jahre sind dabei keine Seltenheit.

Nachdem alle Eingeladenen, im Wohnzimmer endlich einen bequemen Sitzplatz gefunden haben, sprechen die neun anwesenden Männer den verschiedenen Flüssigkeiten gut zu. Klein geschnittenes Brot liegt auch in zwei Schüsselchen bereit, wird aber kaum angerührt, denn sonst würde man vielleicht bezüglich der Flüssigkeiten, gegenüber den „Kumpels“ ins Hintertreffen geraten. Je mehr sich die Flaschen leeren, desto lauter wird es im Wohnzimmer und desto undeutlicher wird die pfälzische Sprache. Waren zu Beginn der Trinkrunde noch Sätze wie: „Kumm Manfred, än Islay do ins Glas (Coon-Übersetzung: Mach schon Manfred, bitte noch einen Islay Whisky hier ins Glas eingießen)“ oder auch: „Rudy, die oschrift vunn deim drobbe gibscht merr (Coon: Rudy, die Anschrift der Destille mit Deinem besonders guten Erzeugnis (Coon: „Drobbe = Tropfen) gibst Du mir bitte“, noch durchaus für mich verständlich, so ist mit fortschreitender Zeit, die Übersetzungsmöglichkeit, infolge der Alkoholauswirkungen auf den menschlichen Körper im Allgemeinen und auf die Artikulationsmöglichkeiten des Sprachzentrums im besonderen, als stark beschnitten anzusehen.

Nach einigen Stunde ist beispielsweise zu hören: „Mamfreet, so´n hai doo roi (Coon Übersetzung: Manfred, könntest Du mir bitte noch so einen Highland Single Malt Scotch Whisky in mein Glas einschenken?)“. Auch andere menschliche Bedürfnisse sind jetzt etwas knapp, aussprachentechnisch gehalten: „Ewwe gas isch, wuu is´n dee kloo, isch muss a noo breckele? (Coon eingedeutscht: Tut mir sehr leid liebe Freunde, ich glaube ich werde soeben einen entfleuchenden Furz aus dem Afterbereich lassen. Kann mir bitte jemand sofort sagen, wo ich die Toilette finden kann, ich glaube nämlich, dass ich mich auch gleich noch Übergeben muss)“.

Spätestens hier ist mir klar, dass ich etwas unternehmen muss, denn diese „Flaschenleerer“, oder wie man in der Pfalz sagen würde: „Saufaus“ (Coon: Einer der sehr schnell etwas leer trinkt)“ und „Dorschdel“ (Coon: Jemand der ständig ein unbefriedigtes Bedürfnis nach alkoholischer Zuführung hat. Dabei muss er noch nicht einmal ein Alkoholiker sein), dürfen auf gar keinen Fall mehr hinter das Lenkrad ihrer Fahrzeuge. Aus diesem Grunde gehe ich in den Flur und angele mir aus den Jackentaschen alle Schlüssel heraus. Stück nach Stück trage ich diese durch meine Katzenklappe in den Garten, kratze eine größere Kuhle im Boden frei, lege die Schlüssel hinein und bedecke sie wieder mit Erde. Das Versteck in der Kuhle erinnert mich übrigens an einige Einbrecher, die ein Wohn- und Geschäftshaus plündern wollten und durch die Polizei gestört wurden. Die Einbrecher haben sich getrennt voneinander abgesetzt. Einer der Täter ist in den Wald geflohen, hat sich in eine Kuhle gelegt und versucht sich mit Blättern, Ästen und Dreck, „unsichtbar“ zu machen. Die Wärmekamera eines Hubschraubers hat ihn natürlich trotzdem entdeckt und der „Enttarnte“ wurde sogleich problemlos von der Polizei festgenommen. Nochmals kontrolliere ich deshalb ob man sehen kann, dass hier etwas vergraben ist, aber ich bin mit meinem Werk zufrieden. Unauffälliger Platz, gute Tarnung, alles gut! Ich selbst gehe auf die andere Straßenseite, wo ich durch ein Gebüsch vor Blicken geschützt bin, selbst aber alles sehen kann. Dort ruhe ich mich aus, denn ich erwarte in Kürze einige Aktivitäten der Kumpane.

Als am Ende der Nacht sich der erste der Whiskyfreunde verabschieden will, sucht er vergeblich seine Wagenschlüssel. Die anderen versuchen ihm wankend ebenfalls ihre Hilfe angedeihen zu lassen und stolpern überall im Haus herum um die Schlüssel zu suchen. Kurz danach stellt auch der zweite Alkoholisierte das Fehlen seiner Schlüssel fest. Es ist wie eine Epidemie: Überall im Haus brennt jetzt das Licht und schwankende Gestalten irren Treppen hoch und runter, gehen in die verschiedenen Zimmer und finden ihre Schlüssel nicht. Schimpfen, Klagen, Verfluchen, alles hilft nichts, die Schlüssel sind allesamt in meiner sicheren Kuhle. Zwei Schluckspechte entschließen sich schließlich den Heimweg zu Fuß anzutreten, denn erstens haben sie es nicht weit und zweitens hat ja der jeweilige Hausnachbar einen Ersatzschlüssel für die jeweilige Wohnung.

Bereits jetzt kann ich mir für diese Idee, hier ein Versteck für die Autoschlüssel zu suchen, nur die besten Glückwünsche aussprechen, denn in dem Zustand sollte man keinen Fahrer mehr hinters Lenkrad lassen. Die Ersatzschlüsselnachbarn werden aber in Kürze ihre helle Freude haben und vor lauter Begeisterung ganz aus dem Häuschen geraten, wenn sie, um drei Uhr in der Frühe, von einem alkoholgeschwängerten, unverständlich brummelnden Schreihals, sehr geräuschvoll aus Orpheus Armen gerissen werden.

Die restliche Alkoholgruppe hat übrigens in Betten, auf dem Sofa und in Sesseln, in meinem Domizil genächtigt. Ich bin lieber draußen geblieben, denn ich bin davon überzeugt, dass mich allein die Ausdünstungen der Alkoholfahnen betrunken gemacht hätten und das muss ich unbedingt verhindern, denn wenigstens ein vernunftbegabtes Wesen muss in diesem Haus nüchtern bleiben. Die Außentemperaturen sind ebenfalls angenehm und frische Luft habe ich hier auch. Das angenehme Klima im Freien, darf in dieser Nacht innerhalb meines Domizils, aber mit Sicherheit in Frage gestellt werden, denn das laute Rülpsen, Stöhnen, Grölen und die Ausgasungen aus verschiedenen Öffnungen des menschlichen Körpers, werden eine fast erstickend wirkende, stinkende Atmosphäre im Haus hinterlassen haben. Genau das ist jedoch so gar nichts für empfindliche Katzennasen und Katzenohren.

Die Schlüssel habe ich übrigens am späten Nachmittag wieder ausgegraben und im Hausflur auf den Boden gelegt. Einige verkniffene, verquollene und übermüdete Gesichter der letzten Whiskyfreunde kann ich im Haus herumlungern sehen, aber niemand nimmt von mir Notiz. Durch erhöhte Darm- und Magentätigkeiten und dem Halten von durchfeuchteten Waschlappen auf der Stirn ist derzeit die geistige Tätigkeit der Alkoholleichen aufgebraucht. Trotzdem glaube ich der Großteil der noch anwesenden Whiskyfreunde ist jetzt wieder in der Lage wenigstens halbwegs am Straßenverkehr teilzunehmen.

Soeben verlassen Rudy und Hans das Haus, ihre Schlüssel halten sie fest in den Händen. Der übernächtigte Manfred begleitet sie auf die Straße zu ihren Fahrzeugen. Rudy meint: „Wenn es wirklich Dein Kater war der unsere Schlüssel versteckt hat und jetzt wieder beigebracht hat, dann sage ihm unseren Dank, denn vielleicht hätten wir sonst leichtfertig doch noch das Auto benutzt und wären in einen Unfall, mit Personenschaden, verwickelt worden. Vom Verlust des Führerscheins einmal ganz abgesehen. Hans und ich werden auf jeden Fall in den nächsten Tagen ein gutes Filetstück bei Metzger Josef einkaufen und für Euren Kater vorbeibringen“. Hans nickt zustimmend, aber Manfred schüttelt verneinend den Kopf: „Braucht Ihr wirklich nicht, der Kater ist fett genug“!

Aus meinem Versteck kann ich die Szenerie gut hören und sehen und denke etwas unwirsch: „Manfred, kümmere Dich besser um Deinen dicken Kopf, als Entscheidungen zu meinem Nachteil zu fällen – vor allen Dingen wenn ich keine Möglichkeit habe meine Wünsche in einer Diskussion mit einfließen zu lassen. Rudy und Hans winken Manfred noch zum Abschied aus ihren Fahrzeugen zu. Jetzt kommt noch der Rest der Alkoholgeschädigten herausgewankt, eine Hand an der Stirne, die andere Hand umschließt fest die Schlüssel, als wollten sie diese nie mehr loslassen. Nach kurzen Abschiedsumarmungen mit Manfred fahren sie vorsichtig ab. Manfred geht ins Haus zurück, denn er muss noch einige Freunde anrufen, die in der Nacht abgezogen sind, obwohl sie keinen Schlüssel hatten. Zufrieden schreite ich durch die Katzenklappe in mein Domizil und bin fast erschlagen, als ich durch eine Mauer von verschiedenen Gasen und Ausdünstungen nach Erbrochenem durchlaufe. Die Unordnung überall fällt sofort auf und verschüttet müssen die Rabauken auch einige Getränke haben, denn der Boden klebt als ich darüber laufen will.

Meine Futterschüssel ist auch leer und als mich Manfred sieht, knurrt er biestig: „Verdammter Kater, musstest du die Schlüssel meiner Freunde verstecken? Wir haben die ganze Nacht danach vergeblich gesucht“! Ich winke mit einer Pfote ab, denn wieder einmal zeigt sich: „Undank ist der Welt Lohn“! Statt sich bei mir, für meine Umsicht zu bedanken werde ich auch noch geschimpft – und das auf nüchternem Magen. Ich überlege kurz ob ich ihm dafür noch schnell einen Streich spielen soll, aber es ergibt sich dafür bestimmt einmal ein besserer Zeitpunkt. Manfred wirft mir weiter zornige Blicke zu, denn seine Freunde haben eine gewaltige Unordnung und einen würzigen Geruch im Haus hinterlassen und der muss rasch aus den Räumlichkeiten entweichen, noch bevor Martina zurückkommt. Wenn diese Sauerei nicht umgehend beseitigt wird, kann sich Manfred, für den Rest des Wochenendes, schon auf kräftige Rüffel von Martina einstellen.

Doch Manfred ist so richtig in Rage und schimpft weiter hinter mir her, während ich sein Handy sehe und unbemerkt die Taste für die Direktverbindung mit Martina drücke. So, mein lieber Manfred, denke ich mir, jetzt schimpfe nur heftig weiter, Martina wird aus Deinen Verwünschungen, mit Sicherheit, die richtigen Schlüsse ziehen und sofort nach Hause kommen! Ich laufe langsam in die Küche, Manfred folgt mir, dann spiele ich mit dem leeren Futternapf. Manfred schilt weiter: „Blöder Kater, glaubst du wirklich du bekommst jetzt auch nur ein Stückchen zu Fressen? Und sieh mal was für ein Chaos hier drin herrscht! Und die Autoschlüssel meiner Freunde zu verstecken, es ist doch deren Angelegenheit ob sie Autofahren wenn sie gesoffen haben“!

Ich denke mir: Manfred, was für eine Sorte von „Freund“ bist denn du? Würdest Unfälle in Kauf nehmen weil du nicht bereit bist einen Freund vor sich selbst zu schützen? Ein Glück nur, dass die direkte Telefonverbindung zu Martina steht und sie alles „live“ mitbekommt. Ich marschiere langsam vor Manfred her und der steigert sich in seiner Wut. Der Gebrauch von Schimpfwörtern für mich wird immer heftiger, aber das kümmert mich überhaupt nicht, denn schließlich wird jetzt alles „live“ gesendet und die Quittung für die Beleidigungen wird Manfred schon bald erhalten.

Ich gehe langsam zurück in Richtung Wohnzimmer, dann höre ich auch schon ein schnelles Auto die Straße hochkommen, vor meinem Domizil abbremsen, Türenschlagen, - und schon wird die Haustüre aufgeschlossen und eine zornige Martina kommt herein gerannt. Ihre Freundin Gaby folgt langsam, mit einigem Abstand. Als Martina mit Manfred zusammentrifft, bin ich rasch durch die offene Haustüre ins Freie gelaufen, denn ab jetzt wird im Haus eine andere Lautstärke herrschen und ich will mir schließlich nicht mein Gehör versauen. Schon nach kurzer Zeit werden die Fenster aufgerissen und das Gezänke ist unüberhörbar. Martina schreit empört: „Was glaubst Du, wer diesen Saustall wieder sauber macht? Bist Du denn von allen guten Geistern verlassen hier eine Sauforgie zu veranstalten? Hier drin stinkt es richtig eklig, nach Erbrochenem und Schnaps“! Und jetzt kann ich sogar Manfred antworten hören: „Es ist Whisky, kein Schnaps“! Martina scheint die Schnappatmung zu bekommen und herrscht Manfred an: „Ich fahre jetzt mit Gaby wieder weg. Mach bloß alles sauber und lüfte, damit der Gestank aus dem Haus kommt. Morgen komme ich wieder und dann ist hier alles tipp topp, oder Du kannst mich mal richtig kennenlernen“! Martina und Gaby steigen ins Auto ein und brausen davon, während ich einen verkniffenen, wütenden Manfred an einem der Fenster herausschauen sehe. Da kann ich aus meinem Versteck nur sagen: Na dann Prost, und hoch die Tassen! Mein Essen werde ich bestimmt auch nicht mehr bekommen. Dann fange ich mir nachher einfach eine Maus oder eine Ratte, überhaupt kein Problem für mich.

Conn: Happy Years

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