Читать книгу Heute beißen die Fische nicht - Ina Westman - Страница 25
EMMA
ОглавлениеAm Abend umrunde ich mit Fanni die Insel. Das ist eine gemeinsame Angewohnheit von uns geworden. Sie hüpft von Stein zu Stein, bleibt ab und zu stehen, um Fische und Schnecken in den Kuhlen zu betrachten, und dabei redet sie pausenlos über das, was sie sieht. Ich horche genau hin, ob sich der Besuch im Laden irgendwie auf sie ausgewirkt hat, ob sie über das, was passiert ist, sprechen will. Aber Fanni konzentriert sich darauf, ihre Umgebung zu beobachten, und scheint sich an den Vorfall gar nicht mehr zu erinnern. Ich will ihn ihr nicht unnötig ins Gedächtnis rufen. Jetzt sind wir in Sicherheit.
Ich freue mich an ihrem Geplapper, nicht immer habe ich den Nerv, mir alles anzuhören, aber wenn sie spricht, hält sie das Rauschen fern und hilft mir, die Kopfschmerzen zu vergessen.
Ich habe Angst vor dem Zeitpunkt, wenn das Geplapper aufhört. Wenn sich Fanni von uns zurückzieht, über ihre wichtigsten Gedanken nur noch mit ihren Freundinnen redet, ihre Zimmertür mit Schlüssel und Drohungen zusperrt. Wie schrecklich kurze Zeit sie so klein ist wie jetzt!
Hier aber gibt es nur uns. Diese Welt hat Grenzen. Hier das Land, dort das Meer. Niemand kommt ohne Erlaubnis und unbemerkt an diesen Ort. In der Ferne tuckert ein Motorboot, ich starre es eine Weile an. Es fährt vorbei, verschwindet zwischen den Inseln. Dann ist es wieder still.
Unsere Runden nennen wir Müllspaziergänge. Wir sammeln den Müll, der angeschwemmt worden ist, untersuchen Plastikstücke und überlegen, woher sie wohl kommen, wem sie gehört haben und warum sie ins Meer geraten sind. Oft gibt es überhaupt keinen Müll, aber bei starkem Wind kann man vor allem am Südufer alles Mögliche finden. Einmal ist ein kleiner Apparat aus Metall angetrieben worden, den Fanni zum Spielen mitgenommen hat. Gemeinsam mit Joel hat sie ein Spielfunkgerät daraus gebaut, mit dem sie Seenot spielt und den Schiffen Kommandos gibt. Sie hat noch immer weniger Ansprüche als die Kinder meiner Bekannten und ist deshalb ein Kind, das gut zu uns passt. Joel bastelt mit ihr neue Spielsachen aus aufgelesenen Plastikteilen und Schrott, und die seltsamen Konstruktionen sind für Fanni kostbarere Schätze als Mitbringsel von Reisen.
Fanni und ich kennen jeden Felsspalt am Ufer. Noch ist das Wasser klar, man sieht mehrere Meter tief bis auf den Grund. Fanni fragt besorgt, wann die Blaualgen kommen, ob es genau dann passiert, wenn das Wasser endlich schön warm ist.