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EMMA

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Ich habe einen Reißverschluss am Kopf. Er zieht sich in einer gekrümmten Linie über die rechte Seite des Schädels, in der Mitte macht er eine kleine Kurve. Auf der Wunde wachsen keine Haare. Immer wenn ich ihn vergessen will, kämme ich meine Haare darüber. Fanni streichelt ihn und fragt, ob man ihn aufmachen kann. Wir reden darüber, was darunter ist, schauen uns in Büchern Bilder des Gehirns an, reden über Nerven und über das Gedächtnis, darüber, woraus der Mensch als denkendes Wesen entsteht.

»Warum hast du den Reißverschluss?«, fragt Fanni, und ich antworte fast wahrheitsgemäß: »Ich weiß es nicht.«

Es ist die einfachste Antwort an eine Fünfjährige.

Ich lüge. Es ist die einfachste Antwort an mich.

Da ist etwas Unangenehmes. Etwas, weshalb mein Gedächtnis aussetzt, die Gedanken umherirren, der Kopf wehtut. Ich erinnere mich besser an die Vergangenheit als an den gegenwärtigen Moment. Und wenn es doch ein Tumor ist, sage ich einmal zu Joel, an einem der Tage, an denen ich das Gefühl habe, dass in meinem Gehirn etwas wächst und drückt, meiner Persönlichkeit Raum nimmt. Es ist kein Tumor, erwidert er, und ich weiß nicht, ob er lügt. Wir haben ausgemacht, dass auch er lügen darf. Ohne Erlaubnis kann er es nicht, so ist er, solche Menschen sind selten geworden, und ich muss ihn deswegen lieben, oder trotzdem.

An schlechten Tagen frage ich ihn, ob ich sterbe, und er antwortet, »du stirbst nicht«, schaut aber weg.

Der Reißverschluss ist ein Ratespiel von uns geworden, aber Joel hat es allmählich satt. Lange hat er sich einfach nur Sorgen gemacht, aber vielleicht ist die schlimmste Gefahr vorbei, denn inzwischen liegt Überdruss in seiner Stimme. Ich stelle ihm nur noch selten Fragen.

Der Reißverschluss ist aber nicht das einzige Rätsel. Es gibt in meinem Kopf noch ein zweites, eines, über das ich nicht einmal mit Joel rede. Da war ein Flughafen, irgendwo, auf dem ich nicht sein sollte. Dessen bin ich mir fast sicher. Ich habe das Bild so klar vor Augen, als hätte ich es im Kino gesehen: Ich stehe auf einem großen internationalen Flughafen und fühle mich schuldig. Es ist mir immer leichtgefallen, wegzufahren, aber diesmal nicht. Ich hätte dort nicht sein dürfen, aber ich kenne den Grund dafür nicht und weiß auch nicht, wie es von dort aus weiterging.

Womöglich wohnt unter meinem Reißverschluss der Tod. Womöglich werde ich an etwas ganz anderem sterben. Ich bin zweiundvierzig und überhaupt nicht zum Sterben bereit.

Hier auf der Insel ist der Tod weit weg, und für eine kurze Zeit schafft das Erleichterung.

Heute beißen die Fische nicht

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