Читать книгу Heute beißen die Fische nicht - Ina Westman - Страница 8

Оглавление

Das Boot kommt aus dem Nebel. Plötzlich gleitet es hinter uns als dunkle Gestalt im Grau. Genau deswegen hat mich Joel nach draußen kommandiert, damit ich nach anderen Booten Ausschau halte, denn auch wir sollten eigentlich nicht hier sein.

Das Wetter hat uns überrascht, wie so oft in den Schären. Beim Einkaufen schien noch die Sonne, und wir glaubten dem Ladeninhaber Börje nicht, der vor den Wetteraussichten mit außergewöhnlich dichtem Seenebel warnte. Wir sind Stadtbewohner, auch Joel, obwohl er das manchmal zu vergessen scheint. Das Boot hat einen Kartenplotter und ein Radar, aber Joel verlässt sich nicht gern allein auf die Geräte, schon gar nicht, wenn wir Fanni dabeihaben. Wegen Fanni geben wir uns ruhig und lassen sie auf dem iPad Spiele spielen, die normalerweise verboten sind. Sie ist völlig zufrieden und merkt nicht, wie gereizt wir uns gegenseitig anfahren.

Trotz des Radars hat Joel das Boot offenbar nicht gesehen, denn er blickt von der Kabine aus nur nach vorn. Ich gestikuliere an Deck und rufe zu dem Boot hinüber, denn es kommt zu dicht an uns heran, aber an Bord ist niemand zu sehen.

Als ich den Blick schließlich aufs Wasser richte, schreie ich. Um uns herum treiben leere orange Rettungswesten. Es sind mindestens fünf, ich versuche zu erkennen, ob sich unter der Wasseroberfläche irgendwo eine Hand reckt. Aber bei dem Nebel ist das Wasser still und glatt, abgesehen von den leichten Heckwellen unseres Bootes.

Lautlos treibt das andere Boot auf uns zu, es hat uns schon fast erreicht. Es will mit uns kollidieren. Ohne Passagiere.

Ich stehe an Deck und stoße einen Schrei aus, der die Erinnerung an etwas weit Entferntes weckt. Ich schließe die Augen und schreie, die Panik will mir den Atem rauben, und ich spüre, dass mich allein das Schreien am Leben hält. Joel stoppt den Motor und stürzt aus der Kabine. Er nimmt mich beruhigend in den Arm und versucht zu erspähen, was ich da anbrülle. Ich kann nicht aufhören. Wenn ich schreie, bleibe ich am Leben.

Fanni kommt an die Kabinentür, aber Joel befiehlt ihr mit seiner strengen Lehrerstimme, wieder hineinzugehen.

Als ich in Joels Armen endlich aufhöre zu schreien, ist das Boot nicht mehr da. Es ist dorthin verschwunden, wo es herkam, und ich kenne diesen Ort nicht.

Joel sagt, ich hätte geträumt, alles sei gut. Mama hat nur ein bisschen Kopfweh, erklärt er Fanni, die nickt und sich wieder in ihr iPad vertieft.

Ich sitze in der Kabine und starre nach draußen, versuche, den Himmel zu erkennen, aber im Nebel sieht man nichts. Hier ist niemand, hier sind nur wir und unser Boot, auf dem Weg zurück zur Insel.

Heute beißen die Fische nicht

Подняться наверх