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10. Januar 2016 - Zarifa: Krankenhaus - Beseitigung von Spuren

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Genau wie Ahmad erwartet hatte, kam Jassim alarmiert ins Zimmer gestürzt. Jetzt galt es, zu schauspielern, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Denn schließlich hing sein Leben davon ab!

„Was ist passiert?“, fragte er mit brüchiger Stimme.

„Was zum Teufel machst du Idiot hier?“, fragte Jassim wütend.

Ahmad hatte keine Probleme die Angst vor der Wut des Leibwächters zu spielen, denn den sonst so ruhigen, aber beeindruckend muskelbepackten Mann derart aufgebracht zu erleben, war schon beängstigend.

„Ich … weiß nicht“, stammelte er. „Es tut mir leid …“, „Mir war schlecht … und dann war alles schwarz …“, brachte Ahmad weiter hervor.

Doch zu seiner Erleichterung fragte Jassim gar nicht weiter, sondern eilte in den Flur zurück, wo er lautstark nach dem Arzt rief.

Anstelle von Doktor Scott kam seine Ehefrau mit einer weiteren Krankenschwester herbeigeeilt. Ruhig übersah Frau Scott, was passiert war und sagte gelassen: „Schon gut Jassim. Wir kümmern uns darum. Helfen Sie Ahmad aus dem Zimmer.“

Noch immer ärgerlich, aber sichtlich erleichtert über die kontrollierte Vorgehensweise der Frau des Arztes zog der Leibwächter Ahmad am Arm hoch, der so tat, als fiele es ihm schwer, sich vom Boden zu erheben.

In weinerlichem Tonfall, den er ebenfalls nur teilweise spielen musste, jammerte Ahmad: „Oh Allah! Was hab ich nur gemacht?“, und weiter: „Mir war schwindlig, ich muss wohl einen Moment ohnmächtig gewesen sein … geht es unserem Herrn gut?“

Er hatte kurzerhand den kompletten Ständer mit der Lösung umgerissen und auf den Boden geworfen. Sich selbst hatte er dann gerade noch rechtzeitig darüber werfen können, damit es so aussah, als hätte er das Chaos versehentlich verursacht. Nicht gerade genial, aber die einzige Lösung, die ihm kurzfristig eingefallen war, die erklären konnte, warum die Nadel aus Rayans Arm heraus war.

Und aus Hygienegründen würden die Schwestern sicher die komplette Infusion neu legen und auch den nun auf dem Boden befindlichen Beutel erneuern. Ahmads Angst, dass das Loch der Nadel die Medizin auslaufen lassen würde und so die Manipulation offenbar werden würde, stellte sich als unbegründet heraus. Die Öffnung war viel zu winzig und in der Aufregung achtete niemand auf die wenigen Tropfen, die sich auf dem Boden verteilt hatten.

Nur wenige Meter von der Tür entfernt befand sich ein offener Wartebereich, in den Jassim den Diener nun schob, um ihn dann auf einen Stuhl zu drücken. Von da aus konnte Ahmad erleichtert beobachten, wie die zweite Schwester mit dem verhängnisvollen Beutel in der Hand aus dem Zimmer kam. Sie eilte in einen Raum ein Stück den Flur hinunter. Bereits wenig später kam sie mit einem komplett frischen Infusionssystem zurück. Ganz wie Ahmad gehofft hatte, ging man für die Gesundheit des Scheichs kein Risiko ein und erneuerte die komplette Konstruktion inklusive Medikamentenbeutel und Schläuchen. Er atmete erleichtert auf.

Als er aufsah, ruhte der prüfende Blick von Jassim auf ihm. Doch zu seinem Erstaunen war alle Wut aus dem Gesicht des Leibwächters verschwunden. „Schon gut!“, sagte er leise. „Es ist ja nichts passiert. Wir stehen alle unter ziemlichem Druck. Geh nach Hause und ruh dich aus. Du siehst zum Fürchten aus!“, ergänzte Jassim.

Verwundert nickte Ahmad. Dass er schlecht aussah, war keine Überraschung nach den Ereignissen der letzten Minuten. Wenn Jassim wüsste!

Er bat darum, noch bleiben zu dürfen, bis die Schwestern ihm versicherten, dass mit ihrem Herrn alles in Ordnung war. Lächelnd stimmte Jassim zu, weil es ihn freute, dass Ahmad sich genauso um das Wohlergehen ihres Scheichs sorgte, wie er.

Dass der Diener sich keineswegs wegen der gewaltsam entfernten Infusion Gedanken machte, sondern sichergehen wollte, dass das Mittel wirklich noch nicht in Rayans Blutkreislauf gelangt war, ahnte Jassim natürlich nicht.

Einige Minuten später kamen beide Frauen wieder heraus und Frau Scott schloss sorgsam die Tür hinter sich. Lächelnd trat sie daraufhin zu den beiden Männern: „Alles wieder in Ordnung.“

Als Ahmad daraufhin aufstehen wollte, um zu gehen, hielt sie ihn zurück. „Warten Sie! Ich möchte Sie bitten, sich von meinem Mann untersuchen zu lassen. Immerhin sind Sie da drin ohnmächtig geworden.“ Doch der Diener verstand es, sie davon zu überzeugen, dass er lediglich völlig übermüdet war und die beste Medizin wäre, wenn er sich nun in seinem Bett eine Weile hinlegen würde. Nur widerstrebend gab sie nach, was vor allem dran lag, dass auch Jassim ihm zu Hilfe kam. Er flüsterte ihr etwas von „Emotionen“ und „großer psychischer Belastung“ und dann hörte Ahmad noch „es ist ihm sicher peinlich, wenn er zugeben muss, dass er geweint hat“. Erschrocken wurde dem Diener klar, dass die Tür offenbar weit weniger dicht war, als er vorher gedacht hatte. „Na was soll’s“, beruhigte er sich, „Jassim wird keinem erzählen, was er gehört hat. Dazu ist er viel zu anständig.“ Und letzten Endes war es zu seinem Vorteil, dass der Leibwächter über seine Trauer Bescheid wusste, weil er ihm geholfen hatte, Frau Scott loszuwerden.

Als daraufhin beide Schwestern verschwunden waren, um wieder nach ihren anderen Patienten zu sehen, nahm Jassim wieder seinen Stammplatz vor Rayans Tür ein. Ahmad konnte gehen. Erleichtert verneigte sich der Diener noch einmal artig vor dem Leibwächter, murmelte ein „Danke“ und machte sich auf den Weg zum Ausgang.

Doch bevor er die Tür erreicht hatte, die ins Treppenhaus führte, machte er noch einen Abstecher. Schnell huschte er in den Raum hinein, in dem er die Schwester hatte verschwinden sehen, und fand auf Anhieb die verschiedenen Eimer mit dem Krankenhausmüll. Einige wertvolle Sekunden benötigte er, sich bezüglich der korrekten Trennung der Materialien zu orientieren. Es galt nun ganz exakt vorzugehen. Nur so konnte er sicher sein, keine Spuren zu hinterlassen. Erst als er mit Bestimmtheit wusste, was wo hineingehörte, entsorgte er den Inhalt seiner Taschen. Korrekt getrennt würde jemand weder die Spritze noch die Verpackungen bemerken. Und auch die kleine Ampulle fiel tief in den entsprechenden Sack hinein.

Dann eilte er mit klopfendem Herzen aus dem Krankenhaus.

Jassim hatte von seinem Zwischenstopp nichts bemerkt. Ahmad hatte es tatsächlich geschafft, alle Spuren zu beseitigen, ohne dass jemand einen Verdacht gegen ihn hegte!

Nun galt es, sich in Ruhe zu überlegen, was er weiter tun sollte, denn sein Problem mit Sedat war keinesfalls gelöst.

Rayan - Das Blut Von Zarifa

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