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10./11. Januar 2016 - Zarifa: Ahmads Haus - Die inneren Dämonen
ОглавлениеAhmad war am Nachmittag nach seinem nervlichen Zusammenbruch vor Erschöpfung eingeschlafen, doch wie in den vergangenen Wochen schon, war es kein erholsamer Schlaf gewesen. Verwirrte Träume hatten ihn geplagt. Nur undeutlich hatte er mitbekommen, dass sein Vater nach Hause gekommen war. Der hatte kurz nach ihm gesehen und ihn dann schlafen lassen. Sicher hatte jemand ihn schon von seinem Besuch im Krankenhaus inklusive seines Zusammenbruchs dort berichtet.
In dieser traurigen Zeit war es nicht weiter überraschend, wenn sich jemand mit seiner Trauer über die Situation ihres Herrn zurückzog. Mitten in der Nacht glaubte Ahmad, zu erwachen. Er wollte aufstehen, um etwas zu trinken, als er seinen Herrn neben seinem Bett stehen sah. Der junge Mann konnte jedes noch so kleine Detail in dessen Gesicht erkennen: die intensiv leuchtenden Augen, die ihn vorwurfsvoll ansahen. „Du hast mich ermordet. Dafür wirst du bezahlen“, sagte der Scheich drohend. Mit einem lauten Schrei war Ahmad erwacht. Sein Herz schlug wie wild in seiner Brust. Fast wünschte er sich, dass ein Herzanfall ihn erlösen würde. Und zum ersten Mal dachte er darüber nach, dass sein eigener Tod eine Lösung sein könnte. Hätte er die mysteriöse Flüssigkeit noch gehabt, er hätte sie in diesem Moment sicher, ohne zu zögern selbst getrunken.
Er verbrachte die nächsten Minuten damit, zu überlegen, welche alternative Methode er wählen konnte, um seinem ehrlosen Leben ein Ende zu setzen. Ihm war dabei völlig klar, dass diese Vermeidung der harten Realität der Weg eines Feiglings war. Aber eben deswegen fand er, dass er nichts anderes verdient hatte. Denn schließlich war er doch genau das: ein ehrloser Feigling.
Ein Krieger hätte sich schon längst zu seinen Taten bekannt, sich gestellt. Die ganze furchtbare Wahrheit ans Licht gebracht. Aber er? Bemitleidete sich selber, aus Angst, was man ihm antun könnte. Dabei hatte er doch jede Strafe, die man ihm auferlegen würde, mehr als verdient! Die Tatsache, dass ein Bekenntnis auch seinem Vater schaden würde, der bereits seit Jahrzehnten die herrschaftlichen Gärten pflegte, war nur ein kleiner Trost.
Tief mit seinen Dämonen ringend blieb er einfach im Bett liegen. Wie lange würde es dauern - bis man nach ihm suchen würde?
Doch das Schicksal wollte es anders mit ihm. Denn gegen Mittag konnte er die Aufregung draußen vor seiner Haustür nicht mehr ignorieren. Es klang, als wäre die ganze Stadt gleichzeitig auf den Beinen. Alle seine Nachbarn standen auf der Straße.
Und dann kam sein Vater mit einem so strahlenden Lächeln auf dem Gesicht zur Tür hereingerannt, wie er ihn seit Langem nicht mehr gesehen hatte. Verwirrt ließ sich Ahmad wie ein kleines Kind an der Hand hinausziehen, wo ihm seine Freunde freudig um den Hals fielen.
„Er ist erwacht!“, jubelten die Menschen immer wieder. „Unser Herr ist erwacht!“