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Anfang August 2015 - Alessia: Hummers Haus - Balance auf dem Drahtseil

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Carina stand am Fenster ihres Zimmers und starrte hinaus. Trotz der Wärme fröstelte sie und der Blick hinunter in den liebevoll angelegten Garten war auch kein Trost für sie.

Mehrfach hatte sie sich in der Vergangenheit vor Augen geführt, dass sie sich auf einen Drahtseilakt eingelassen hatte. Irgendwie musste sie stets aufs Neue die Balance finden: zwischen dem Mann, den sie liebte und der sie zärtlich sowohl sexuell als auch emotional ins höchste Glück führte und dem eiskalten Despoten, dessen Taten sie schockierten.

Sie würde wohl nie nachvollziehen können, wie jemand mit einer derartigen Selbstverständlichkeit über Leben und Tod anderer entschied.

Die letzten Wochen seit Rayans Rückkehr waren für Carina der Siebte Himmel gewesen. Voller prickelnder Erotik, nächtlicher Zärtlichkeiten und schönen gemeinsamen Erlebnissen auch während des Tages. Ausflüge in die Bergwelt von Zarifa, Ritte in die Wüste und dann die Reise hierher nach Alessia, wo sie heute Nachmittag den Basar hatten besuchen wollen.

„Ich hätte wissen müssen, dass die letzten Wochen viel zu harmlos waren. Irgendwann musste der Wandel kommen!“, schalt sie sich selbst.

Die Szene, deren Zeugin sie gerade geworden war, hatte sich tief in ihr Gedächtnis gebrannt. Dieser arme Junge - und erst der panische Ausdruck auf seinem Gesicht, diese Gewissheit, nun sterben zu müssen! Noch mehr aber beschäftigte sie Rayans Miene: Wie konnte er im einen Moment so zärtlich und kurz darauf wiederum so gnadenlos sein? Sie kannte ihn als einen Mann, der durchaus Humor hatte und gerne lachte - wie konnten dann seine Augen so eiskalt blicken?

Erneut schauerte sie trotz der Wärme, die in ihrem Zimmer herrschte.

Es klopfte leise an ihrer Tür, aber sie machte sich nicht die Mühe darauf zu reagieren. Sie wusste, dass ER es war und dass er auch ohne ihre Antwort eintreten würde. Stattdessen schaute sie weiterhin aus dem Fenster.

Wenige Sekunden später bereits trat er dicht hinter sie. Ohne etwas zu sagen, legte er seine Arme um ihre Schultern und zog sie an seine muskulöse Brust. Ein wenig gegen ihren Willen ließ Carina es zu.

Sie hatte sich längst entschieden und war nun dankbar, dass er zu ihr gekommen war. Auch ohne Worte zeigte es ihr, dass er verstand, welche Gefühle sie durchfluteten. Und auch wenn es weder ihn noch seine zukünftigen Handlungen beeinflussen würde, war Carina froh um das Verständnis, welches er ihr entgegenbrachte.

Sie kuschelte sich tiefer in seinen Arm hinein und sog den Duft seines Körpers in sich ein. Eine leise Stimme ganz hinten in ihrem Gehirn wies darauf hin, dass es nicht korrekt von ihr war, sich nun derart geborgen zu fühlen, doch sie unterdrückte diesen Gedanken vehement.

Eine kleine Ewigkeit später erst sprach Rayan zum ersten Mal, seit er in das Zimmer gekommen war: „Komm. Lass uns hinuntergehen in die Sonne. Dort erkläre ich dir, was gerade passiert ist.“

Und nachdem sie gehört hatte, dass dieser Mann für das Unglück verantwortlich war, das ihnen so viel Leid vor einigen Wochen gebracht hatte, spürte sie – vor allem im Hinblick auf ihre Tochter Sheila, die im Falle ihres Todes ebenfalls niemals geboren worden wäre - eine ihr unbekannte Form der Genugtuung.

Rayan - Der Stich des Skorpions

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