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6. Nachtrag 2016
ОглавлениеMancur Olsons vielleicht wichtigstes Buch ist erst posthum erschienen, zwei Jahre nach seinem überraschend frühen Tod.[90] Es liegt auch in deutscher Übersetzung vor. Nicht dem Umfang nach, wohl aber dem Inhalt nach ist es gerechtfertigt, von einem opus magnum zu sprechen, denn hier synthetisiert Olson seine früheren Arbeiten zur Logik des kollektiven Handelns und zum Aufstieg |67|und Niedergang von Nationen zu einer in sich schlüssigen polit-ökonomischen Gesamtsicht, die mit zahlreichen innovativen Einsichten aufzuwarten weiß.
In dieser außerordentlich lesenswerten Schrift vergleicht Olson die drei politischen Regimes der Anarchie, Autokratie und Demokratie.
Kennzeichen der Anarchie ist ein (selbst-)zerstörerischer Ausbeutungswettbewerb, in dem konkurrierende Gruppen gewaltsam versuchen, sich auf Kosten der Gesellschaft zu bereichern. Es mangelt an sicheren Eigentumsrechten: Da niemand verlässlich davon ausgehen kann, die Erträge seines Bemühens sich selbst aneignen zu können, fehlt es an Anreizen für Arbeit und Investition. Die Pointe: In der durch Raub gekennzeichneten Anarchie gibt es anreizbedingt nur wenig zu rauben.
Kennzeichen der Autokratie ist die Befriedung der Gesellschaft durch ein Gewaltmonopol, das maximale Ausbeutung durch optimale Ausbeutung ersetzt. Hiermit verbinden sich zwei Konsequenzen: Zum einen achtet der Autokrat darauf, dass für seine Bevölkerung die Leistungsanreize erhalten bleiben; und zum anderen investiert er in öffentliche Güter. Metaphorisch ausgedrückt, wird die Gans nicht geschlachtet, sondern in eigennütziger Weise so gepflegt, dass sie goldene Eier legt.
Kennzeichen der Demokratie ist eine Mehrheitsherrschaft mit vergleichsweise noch mehr Investitionen und noch geringeren Steuersätzen, in der es unter Umständen sogar dazu kommen kann, dass die Mehrheit auf eine Ausbeutung der Minderheit(en) verzichtet und sich Verfassungsregeln gibt, die zur Gleichbehandlung aller Bürger führen.
Darüber hinaus besonders lesenswert sind die Kapitel 7 und Kapitel 10 dieses Buches. Kapitel 7 analysiert den (vorübergehenden) Erfolg der stalinistischen Ressourcenmobilisierung innerhalb der Sowjetunion, und Kapitel 10 erläutert die entwicklungspolitisch überaus bedeutsame Unterscheidung zwischen robusten und prekären Märkten. In die erste Kategorie fallen jene Märkte, die selbst durchsetzend sind und auch dann – als Schwarzmärkte im informalen Sektor – einigermaßen funktionieren, wenn der Staat sie zu unterbinden sucht. In die zweite Kategorie gehören all jene Märkte – z.B. für Kredite und Versicherungen –, die einer institutionellen Einbettung bedürfen, um eine Interaktion unter Abwesenden sowie eine vertrauensvolle Kopplung von Leistung und Gegenleistung über lange Zeiträume hinweg abwickeln zu können.
Ferner hinzuweisen ist auf einen hoch interessanten Aufsatzband, für den Mancur Olson als Mitherausgeber verantwortlich zeichnet,[91] sowie auf die zu Ehren von Mancur Olson herausgegebene Essaysammlung von Heckelman und Coates.[92]