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Die Brüsseler Razzia vom 3. September

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Wenige Tage nach der dritten Razzia in Antwerpen organisierte der BdS auch in der belgischen Hauptstadt eine Massenverhaftung. Alfred Thomas, Leiter der Abteilung II des BdS, in der das Judenreferat seinerzeit angesiedelt war, unternahm den Versuch, die Brüsseler Polizei zur Mitwirkung zu bewegen. Angesichts der vorausgegangenen Ablehnungen deutscher Festnahmeersuchen seitens der Brüsseler Verwaltung ging Thomas mit Bedacht zu Werke. Er schaltete den auf deutsche Veranlassung zur Reformierung der belgischen Polizei eingesetzten Leiter der Polizeiabteilung im belgischen Innenministerium ein, um einen Vertreter der Brüsseler Polizei zur Unterredung zu ersuchen; diesem erklärte er, dass die belgischen Beamten bei der geplanten Polizeioperation ausschließlich Hilfsaufgaben ausführen sollten und dass die deutsche Polizei keine Belgier, sondern ausschließlich Ausländer verhaften werde. Dessen ungeachtet fand die Brüsseler Polizei sich nicht zur Mitwirkung bereit und informierte den vorgesetzten Bürgermeister, der sich seinerseits damit begnügte, dem SS-Sturmbannführer eine Kopie desjenigen Schreibens an die Oberfeldkommandantur vom Juli 1942 zu übermitteln, mit dem er seinerzeit die Verhaftung einer Gruppe von Juden zur Vorladung beim Arbeitsamt abgelehnt hatte132.

Freilich verfügten die Deutschen über genügend Personal, um die Razzia am 3. September 1942 auch ohne Unterstützung der belgischen Polizei auszuführen. Sie zogen hierfür Polizeikräfte des BdS Brüssel, der Feldgendarmerie, der Geheimen Feldpolizei (GFP) und Wehrmachtangehörige zusammen. Dies hat jedenfalls ein ehemaliger Mitarbeiter der Brüsseler Gestapo, der seinerzeit an der Razzia mitwirkte, Ende der 1960er Jahre den westdeutschen Ermittlungsbehörden zu Protokoll gegeben:

„Ich selbst bin, obwohl ich seinerzeit noch nicht im Judenreferat tätig war, zu einer Razzia eingesetzt worden. Meines Wissens waren bei dieser Aktion Angehörige der gesamten Dienststelle eingesetzt, soweit sie Uniformträger waren. An dieser Aktion war die GFP und die FG sowie Teile der Wehrmacht eingesetzt. Bei der Razzia wurde ein ganzes Stadtviertel in der Nähe des Südbahnhofs abgeriegelt. Die Juden wurden in ihren Wohnungen festgenommen und abtransportiert. Ich selbst bin mit in die Wohnungen gegangen und habe die Juden aufgefordert, auf die Straße zu gehen. […] Ich meine, dass ihr Abtransport mit LKW’s der Wehrmacht durchgeführt wurde.“133

Die Beteiligung der Feldgendarmerie ist auch durch Zeugnisse derjenigen Juden belegt, die der Razzia entkommen und dabei teilweise auf die Unterstützung nicht-jüdischer Nachbarn zählen konnten. Die Entkommenen und Geretteten berichten außerdem von den furchtbaren Umständen der Razzia: von den Kommandos der Deutschen, dem Lärm der Lastwagen, den schreienden Kindern und den weinenden Frauen134. Ein zeitgenössischer Kurzbericht stammt von zwei Brüsseler Polizisten, die in dem Viertel Dienst taten, als die Razzia begann, und bis 22.45 Uhr in der abgeriegelten Zone festgehalten wurden135. Dieser Bericht bestätigt, dass es deutsche Einheiten waren, die die Juden verhafteten. Der Razzia fielen 660 Juden zum Opfer, die mit den Transporten Nr. VIII und IX am 8. und 12. September 1942 aus Malines nach Auschwitz deportiert wurden136.

Die Shoah in Belgien

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