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2. Die jüdische Zwangsvereinigung

L’Association des Juifs en Belgique (AJB)

Am 25. November 1941 erließ von Falkenhausen die „ Verordnung über die Errichtung einer Vereinigung der Juden in Belgien“ (Association des Juifs en Belgique – AJB)1. Ebenso wie in anderen deutsch besetzten Ländern ging die Initiative zur Schaffung einer jüdischen Zwangsorganisation von der Sipo-SD aus, die einen entsprechenden Verordnungsentwurf vorgelegt hatte. Während dieser Entwurf nicht überliefert ist, dokumentiert der erhaltene Schriftverkehr des Militärverwaltungsstabs die Absichten der deutschen Dienststellen. Indem die Besatzer alle Juden unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit zur Mitgliedschaft verpflichteten und die bestehenden jüdischen Verbände zwangsweise in die AJB zusammenfassten, etablierten sie eine Repräsentantin der in Belgien lebenden Juden, die sie in der Folgezeit für die Durchführung der antijüdischen Maßnahmen verantwortlich machen konnten. Ziel der Verordnung war nach Auffassung der zuständigen Referenten in Reeders Verwaltungsstab außerdem „die moralische Ghettoisierung der Judenwirtschaft in Belgien, insbesondere deren Ausschaltung aus dem sozialen Leben“.2 Um den Ausschluss der jüdischen Bevölkerung aus der belgischen Gesellschaft voranzutreiben, wurde die neu geschaffene Zwangsvereinigung – ebenso wie die 1939 in Deutschland gegründete „Reichsvereinigung der Juden“ – mit der Organisation einer eigenen Wohlfahrtspflege und eigener Schulen beauftragt, während die Militärverwaltung die jüdischen Schülerinnen und Schüler aus den öffentlichen Schulen verbannte3.

Gemäß seiner politischen Leitlinie, die Ausführung deutscher Verordnungen der belgischen Verwaltung zu übertragen, unterstellte der Militärbefehlshaber die AJB der Aufsicht des belgischen Innenministeriums und veranlasste Generalsekretär Gerard Romsée dazu, die von Reeder vorgegebene Satzung im belgischen Gesetzblatt zu veröffentlichen4. Allerdings machte die Verordnung „alle grundsätzlichen Entscheidungen“ über die Tätigkeit der AJB von der Genehmigung des Militärverwaltungschefs abhängig, und faktisch wurde die Zwangsorganisation von Militärverwaltung und Sipo-SD kontrolliert.

Es war auch die Militärverwaltung, die den Vorstand der AJB einsetzte5. Zum Vorsitzenden bestellte sie Dr. Salomon Ullmann, seit Herbst 1940 amtierender Großrabbiner in Belgien. Sein Stellvertreter Nico Workum, von Beruf Ingenieur, leitete zugleich das Antwerpener Ortskomitee der AJB, während die Zweigstelle Brüssel dem Möbelgroßhändler Salomon Van den Berg unterstellt wurde, der schon vor der Besatzung eine Leitungsfunktion in der Jüdischen Gemeinde ausgeübt hatte. Maurice Benedictus, ein Antwerpener Zigarrenfabrikant, übernahm das zentrale Amt des Verwaltungschefs der AJB. Waren alle vorgenannten Vorstandsmitglieder – zumeist naturalisierte – belgische Staatsangehörige, so galt dies nicht für die polnischen Immigranten Noé Nozice und Juda Mehlwurm, die die AJB-Ortskomitees Lüttich und Charleroi leiteten. Der Rücktritt eines Vorstandsmitglieds bedurfte der Zustimmung des Militärverwaltungschefs. Um die Tätigkeit der AJB zu finanzieren, wurde eine Beitragspflicht für alle Mitglieder eingeführt. Die Haushaltspläne mussten den Besatzungsbehörden zur Bewilligung vorgelegt werden.

Die Shoah in Belgien

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