Читать книгу Die Shoah in Belgien - Insa Meinen - Страница 9

Die Sipo-SD und das Judenreferat in Belgien

Оглавление

Am 1. Juli 1940 traf Feldpolizeidirektor Franz Straub, zur Abwehr einberufener Mitarbeiter der Münchner Gestapo, mit einem Sonderkommando von 20 bis 25 in die Geheime Feldpolizei (GFP) aufgenommenen Polizeibeamten in Brüssel ein und meldete sich weisungsgemäß bei Militärverwaltungschef Reeder12. Dass die ersten Kommandos des RSHA sowohl in Frankreich als auch in Belgien in Uniformen der GFP – dem Vollzugsorgan der deutschen Abwehr – auftraten, ging darauf zurück, dass das Heeresoberkommando sich zunächst gegen eine Tätigkeit der Sicherheitspolizei im besetzten Gebiet sperrte. Allerdings besteht kein Zweifel darüber, dass Reeder Heydrich im Juni 1940 um Personal zur Verstärkung der unzureichenden GFP-Kräfte ersucht hatte. Nachdem die Wehrmacht dem RSHA eine Mitwirkung im Brüsseler Besatzungsapparat zugestanden hatte, kam Heydrich am 27. Juli in die belgische Hauptstadt, um seine Statthalter offiziell einzuführen. In seiner Begleitung befanden sich sein Beauftragter für Belgien und Frankreich, SS-Brigadeführer Max Thomas, und der zukünftige Leiter von Thomas’ Brüsseler Dienststelle, Obersturmbannführer Haselbacher. Reeder setzte durch, dass diese Dienststelle seinem Stab angegliedert wurde, und Heydrich holte seine Zustimmung ein, bevor er den bereits im September 1940 verstorbenen Haselbacher durch Obersturmbannführer Constantin Canaris ersetzte.

Anfang Oktober ermächtigte das OKW die Sicherheitspolizei zum Tragen ihrer eigenen Uniformen in Frankreich und Belgien, räumte ihr allerdings keine Exekutivbefugnisse ein, sondern beauftragte sie in erster Linie mit der „Erfassung und Überwachung von gegen das Reich gerichteten Bestrebungen“ der Juden, Emigranten, Freimaurer, Kommunisten und Kirchen13. Drei Monate später schrieb der Oberbefehlshaber des Heeres von Brauchitsch die Unterstellung unter die Militärbefehlshaber fest, erteilte diesen generelle Weisungsbefugnisse und erlaubte der Sicherheitspolizei lediglich in Ausnahmefällen die Durchführung von Verhaftungen, sofern die militärischen Stellen unverzüglich informiert würden. Kurz darauf erhielt die Brüsseler Sipo-SD jedoch von Reeder umfassende exekutive Vollmachten, während die Militärverwaltung sich zugleich die Entscheidungsgewalt über alle länger dauernden Inhaftierungen sicherte. Ende 1941 berief Heydrich seinen Beauftragten für Belgien und Frankreich ab, womit die Brüsseler Dienststelle selbstständig wurde. Daher amtierte Ernst Ehlers, der im gleichen Zeitraum mit Reeders Einverständnis die Nachfolge von Canaris antrat, als „Beauftragter des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD für den Bereich des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich“.

Der Apparat der Sipo-SD mit Hauptquartier in der Brüsseler Avenue Louise entsprach weitgehend der Gliederung des RSHA. Abteilung IV war die Gestapo und Abteilung V wurde von der Kriminalpolizei gebildet. Im Gegensatz zur Organisation in Deutschland und im besetzten Frankreich unterstand das Judenreferat allerdings zunächst nicht der Abteilung IV, sondern der Abteilung II (Kirche, Freimaurer, Juden), die ab August 1940 von dem SD-Mann und zeitweiligen Stellvertreter des BdS Alfred Thomas geleitet wurde14. Erst nach dessen Tod gehörte das Judenreferat ab Ende Februar 1943 zur Gestapo; deren Chef war der erwähnte Franz Straub, inzwischen SS-Sturmbannführer. Parallel dazu existierte ein direkter Befehlsweg von Eichmann zur Brüsseler Judenabteilung II C bzw. IV B 3 (ab Frühjahr 1944: IV 4 B 4 [sic]) – insofern bildete Belgien keine Ausnahme.

Der erste Judenreferent Viktor Humpert, dessen Aktivitäten kaum dokumentiert sind15, wurde Mitte 1941 von Kurt Asche abgelöst, der schon in den dreißiger Jahren in der Judenabteilung des Berliner SD tätig gewesen war16. Asches Nachfolger Fritz Erdmann, im November 1942 berufen, kam aus dem Amt VII des RSHA, wo er „Freimaurerfragen“ bearbeitet hatte17. Aufgrund von kriminalpolizeilichen Ermittlungen des BdS gegen Asche u. a. wegen Unterschlagung des den Juden geraubten Eigentums wurde Erdmann im Oktober 1943 seines Amtes enthoben18. Von nun an leitete der Kriminalpolizeibeamte Fritz Weidmann das Judenreferat, bis er im März 1944 durch SS-Obersturmführer Werner Borchardt ersetzt wurde19. Unter den fünf Außendienststellen des BdS (Antwerpen, Lüttich, Charleroi, Gent und Lille), ist Antwerpen hervorzuheben, wo SS-Oberscharführer Erich Holm von 1940 bis 1944 für die Judenabteilung verantwortlich war. Auch in Lüttich und Charleroi wurden mit Willi Stade und Heinrich Knappkötter spezielle Sachbearbeiter zur Verfolgung der Juden bestimmt, wenngleich dort lediglich ein kleiner Teil der jüdischen Bevölkerung Belgiens lebte20.

Die Shoah in Belgien

Подняться наверх