Читать книгу Unglück - Iris Wandering - Страница 8

Mittwoch, 7. Januar 1998, Kneipengeflüster

Оглавление

Zwischen Gemüsesäften und weiteren Biersorten – obwohl, ist Hopfen eigentlich ein Gemüse oder ein Kraut? – wird geratscht, geschnackt, geklönt, getalkt, je nachdem woher sie kommen. Sie sind ein bunter Haufen, der sich aus alten Schulkameraden und Zugezogenen zusammensetzt. Ben war eben bei Lukas´ Aufrutschen auf der Bank verstummt.

«Hat Ben wieder Geschichten über mich erzählt?», fragt Lukas – einer der Neuen und erst seit einem Jahr dabei – in die Runde. Er weiß genau, wie gern Ben plaudert. Komischerweise nimmt kaum jemand Lukas das Schnacken lange übel, was vielleicht an seiner Frohnatur liegen könnte, ganz im Gegenteil zu Bens mürrischem Wesen.

«Nee, wir sprechen über Max», gibt Ben zwischen zwei Schlucken zu. Er hat eigentlich keine Lust zu antworten, ist das Erzählen aber gewohnt, und darum schlüpfen ihm die Worte von ganz allein heraus: «Max ist eben so, aber okay.» Und mit einem ratlosen Seitenblick auf Anna merkt er noch an: «Wenn man auf den Typ mundfauler großer Bruder steht.» Dann nimmt er das von Max geleerte Glas und stellt es auf den freien Tisch hinter sich. Fast als Zeichen, dass er jetzt da sei – und Max eben nicht.

«Er kennt einen Trick!», Anna schaut Ben frech an

«Vielleicht kann er nicht raus aus seiner Haut?» Lukas nimmt Max in Schutz.

Was weiß dieser Neue schon! «Und woran willst du das gesehen haben?», mosert Ben.

«Wie er immer zur Uhr blickt. Vorhin war er ganz im Spiel, ganz dabei. Und jetzt …», Lukas lässt mit Blick auf Anna den Satz unvollendet.

«Der Trick ist gut!» Anna grinst Lukas breit an.

«Und jetzt lässt er Anna wieder alleine hier zurück. Fährt zu Papa nach Hause», nimmt Ben dagegen den Faden bereitwillig wieder auf.

«Ist doch toll, wenn die Familie zusammenhält», versucht Lukas Max zu verteidigen.

«Ich habe eher den Eindruck, dass er alles zusammenhält», grummelt Ben Lukas entgegen.

«Was hat der Vater eigentlich?»

Anna mischt sich wieder ein:

«Frag ihn doch selber!»

«Anna, was ist das für ein Trick?»

Das Kennenlernen von Max und ihr ist so unspektakulär, überlegt Anna. Sportverein. Das klingt ziemlich langweilig, fast so schlimm wie Schulzeit. Sie sieht sich im Lokal um. Das alte Mobiliar ist recht schlicht – um nicht zu sagen fast schäbig – und erinnert sie mehr an die Aufenthaltsräume des Wartungspersonals der Werkhallen in ihrer Firma als an eine Kneipe.

Keiner von ihnen beiden hat den anderen vor einem heranrasenden Laster gerettet oder sich in besonderer Weise bei irgendetwas für den anderen eingesetzt. Und dennoch fühlt es sich so gut an! Es ist etwas ganz Besonderes! Und es funktioniert.

Keine dramatische Trennung von Partnern war notwendig, weil sie zu der Zeit schlicht keine hatten. Keine Kämpfe, kein Zögern, kein Unrundlaufen, keine Schwingungsabweichungen – eine harmonische Resonanz der beteiligten Kräfte. Laut Kuchling heißt das: «Durch Überlagerung von zwei harmonischen Schwingungen gleicher Richtung und Frequenz entsteht wieder eine harmonische Schwingung gleicher Frequenz, deren Amplitude von den Einzelamplituden und den Nullphasenwinkeln abhängt.»

Ein schnurgerader Weg. Abgesehen von Max´ merkwürdiger Familie, die Anna eigentlich gar nicht kennenlernen will und ihrer eigenen, die sie selbst genauso wenig präsentieren möchte wie Max seine, was aber andere Gründen haben könnte, denkt sie. Aber ihre eigene Familie ist ja auch hübsch weit weg und das ist gut so! Trotzdem ist es etwas ganz Großes: Anna und Max. Max und Anna. Bens Sticheleien haben allerdings doch eine kleine Wirkung. Sie schmeicheln ihr, ob sie es zugeben will oder nicht.

Unglück

Подняться наверх