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Romy, 2017/2018, Sehnsucht nach dem Tod

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„Sicher nicht!“, keife ich und drehe mich von ihr weg, damit sie nicht sehen kann, wie sehr sie mich kränkt, denn ich weiß, dass es ihr Genugtuung verschafft, jemand anderen zu quälen, um sich selbst von ihrem eigenen Schmerz abzulenken.

Ich akzeptiere ihre Vorgehensweise schon lange.

Eigentlich viel zu lange.

Aber ich kann nicht anders.

Sie verletzt.

Sie verletzt gerne und häufig.

„Du weißt genau, was ich will“, beginnt sie von Neuem und beobachtet jede meiner Regungen.

„Jeder kann es sehen! Ich bin ein Monster und du kannst nicht nachempfinden, was in mir vorgeht!“

Ich versuche ruhig zu bleiben.

„Du hast keine Ahnung wie es sich anfühlt, wenn man von allen angestarrt wird, von Leuten, die sich fragen, was man eigentlich ist“, natürlich hört sie nicht auf damit.

Ich nicke resignierend.

„Ich bin ein hässliches Monster. Ich bin ein Mann“, sie zerrt an meiner Schulter, damit ich mich umdrehe und sie anblicke.

…Ich wehre mich ganz kurz, weiß aber, dass es keinen Sinn hat. Sie hört ohnehin nicht auf damit.

Ich drehe mich langsam um.

„Nein Romy“, der Ton meiner Stimme ist für meinen Geschmack ein bisschen zu sanft, in Wirklichkeit möchte ich sie anbrüllen, sie schlagen. Mein Magen schlägt Kapriolen.

Aber ich versuche es zum siebenhundertachtundneunzigsten Mal:

„Nein, Romy. Du bist eine wunderschöne Frau!“

Sie zerrt abermals an meiner Schulter.

„Sehe ich aus wie ein Model?“, der Ton ihrer Stimme ist fordernd, ihr Blick lauernd.

Ich sehe ihr tief in ihre atemberaubend schönen Augen, die leider von einem sorgenvollen Schatten überzogen sind.

„Romy, du bist ein Model. Du bist wunderschön. Schade nur, dass du es selbst nicht sehen kannst“, meine Argumentation prallt augenblicklich an ihr ab.

„Du lügst“, faucht sie und zerrt an meinem Arm.

„Romy, ich lüge nicht. Es macht mich wütend, wenn du mich fragst, wie du aussiehst und mich dann der Lüge bezichtigst. Du bist traumhaft schön, was anderes kann ich nicht sagen.“

Ich will nicht mehr.

„Für dich vielleicht, weil du mich magst, aber die anderen können es sehen“, sie verzieht das Gesicht zu einer hässlichen Fratze.

„Alle meine Freunde, meine Familie und alle, die ich bis jetzt gefragt habe, sagen, dass du eine schöne Frau bist…“, verteidige ich mich.

„Ich will aber eine wunderschöne Frau sein“, unterbricht sie mich prompt und schaut mich provozierend an.

„Aber du bist doch wunderschön“, ich will aus dieser sinnlosen Diskussion aussteigen.

Es bringt ohnehin nichts.

„Wenn ich durch die Stadt gehe, dann starren mich alle an, weil sie nicht genau wissen, ob ich eine Frau oder ein Mann bin und du hast keine Ahnung, wie oft mich schon jemand eine Transe geschimpft hat.“

Sie wirkt traurig, aber sie tut mir nicht leid. Nicht jetzt.

„Sie starren dich an, weil du aussiehst wie Lara Croft“, sage ich und ein flüchtiges Lächeln huscht über ihr hübsches Gesicht.

„Meinst du wirklich?“, fragt sie leise und gibt mir damit ihre Unsicherheit preis.

Jetzt tut sie mir leid.

Sie versteht es wirklich nicht.

„Weißt du, ich kann deine Gefühle nicht nachvollziehen. Ich bin nicht du. Aber ich denke, dass sich dein Problem ähnlich verhält wie bei einer Magersüchtigen, die im Spiegel trotz ihrer fünfunddreißig Kilo immer noch eine dicke Frau sieht.

Ich denke, dass dich dein Blick trügt.

Du hast fast dreißig Jahre lang als Richard gelebt und deshalb einen Mann im Spiegel gesehen. Ich glaube, dass du diesen Mann noch immer siehst. Du bist als Frau erst fünf Jahre alt!“

Ich rede zuerst sanft, dann aber eindringlich und ich kann diese Art von Gesprächen immer schlechter ertragen.

Ich habe es schon zum tausendsten Mal wiederholt. Wobei das wahrscheinlich gar nicht reicht.

Aber diese Gespräche drehen sich immer im Kreis und das Ganze fängt wieder von vorne an ….

„Aber ich möchte tot sein!“

Ich wende mich ab und versuche sie zu ignorieren.

ROMY

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