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Richard, 2008, der Krankenpfleger

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Kurz nach sechs Uhr morgens, knapp vor Dienstbeginn hörte man Richard bereits im Gang laut lachen. Er bog mit zwei Kolleginnen um die Ecke.

Seine Haare waren zerzaust, er war blass und ich vermutete richtig.

Er kam direkt aus einer Bar.

„Richard, das kannst du nicht machen!“, tadelte ich ihn als wir allein waren, „du hast zwölf Stunden Dienst und musst dich konzentrieren!“

Er lachte nur.

„Wo warst du denn?“, fragte ich dann doch neugierig.

Er zerrte mich am Arm in die Stationsküche und schloss die Tür hinter uns.

Er lachte schrill.

„Ich habe jemanden kennengelernt“, rief er und redete so laut, dass es vor der Tür sicher auch alle mitbekamen.

„So?“, fragte ich neugierig und war wirklich gespannt.

„Er heißt Armin“, er wartete gespannt auf meine Reaktion.

„Ja, alles klar“, sagte ich und bekam das bestätigt, was ich vermutet hatte.

Richard war also schwul.

„Findest du das schlimm?“, fragte er mich und sein Blick bohrte sich in meinen Augen fest.

Lachend schüttelte ich den Kopf.

„Nein, gar nicht, Richard. Es war mir von Anfang an klar, dass du schwul bist“, ich musste wirklich herzhaft lachen.

Er war so süß!

Den ganzen Tag lief er hinter mir her, um mir bei jeder Gelegenheit zu erzählen, wie zauberhaft der Armin war.

Richard war entzückend.

Diese kindliche Freude, diese Neugierde auf das Unbekannte. Richard war gerade einmal fünfundzwanzig Jahre alt und mir war klar, dass er noch nie eine Beziehung hatte.

In einem der nachfolgenden Nachtdienste, die wir gemeinsam hatten, kam uns Armin kurz besuchen und brachte ein paar leckere Sachen zum Essen.

Armin war etwas größer als Richard, aber nicht minder zart im Körperbau. Er war beinahe ebenso entzückend wie „mein“ Richard.

Ich gönnte ihnen das Verliebtsein von ganzem Herzen.

Richard hatte in der Nähe des Krankenhauses eine kleine Garcionerre angemietet und in den ganzen sieben Jahren, in denen er dort wohnte, durfte ich ihn in der kleinen Wohnung nie besuchen.

Er hatte auch diesbezüglich eine etwas seltsame Art, aber ich akzeptierte es, wie so vieles an seiner schillernden Person.

Allein Armin war es gestattet Richards kleines Reich zu betreten, was mich zugegebenermaßen dennoch wunderte und ein wenig eifersüchtig machte. Aber es war so.

Armin war seine erste große Liebe.

Unser Team im Krankenhaus war ein genialer Haufen aus völlig verschiedenen Persönlichkeiten und wir kamen alle zusammen gut miteinander klar, was allerdings nicht bedeutete, dass manche oft etwas irritiert auf Richards Aussagen reagierten.

Manchmal hatte er tatsächlich eine etwas verstörende Art sich auszudrücken.

Zum Beispiel: Grenzen.

Richard fehlte das Gefühl für Grenzen, für Abstand und für Nähe.

Manches Mal erinnerte er mich an ein Kind, das völlig „überdreht“ ist und nicht merkt, wenn es Papa und Mama einmal „reicht“.

Er zeigte uns, wie man Spaßhaben auch übertreiben konnte und aus einem netten Geplauder plötzlich bitterer Ernst wurde.

Er hakte aus „Jux und Tollerei“ so lange an einem gefundenen Opfer herum, bis dieses schließlich, scheinbar plötzlich, beleidigt aufsprang, den Raum verließ und einen verdutzten Richard zurückließ.

Ich meinerseits konnte nicht begreifen, wie man dermaßen unsensibel sein konnte und selbst nicht merkte, wenn man andere mit Worten verletzte.

Aber Richard tat das nicht absichtlich.

Seine Intelligenz brachte ihm in der zwischenmenschlichen Kommunikation keine Vorteile.

Je länger er auf der Station arbeitete und je besser er uns kannte, desto offensiver war seine Art, mit uns zu sprechen.

Frech. Lustig. Beleidigend.

Nachdem Armin nach wenigen Monaten eine feste Beziehung mit Richard anstrebte, kühlte Richards Verhältnis zu ihm sichtlich ab.

Er war nicht im Entferntesten dazu bereit und beendete daher nach längerem Hin und Her die Beziehung.

Es überraschte mich, dass ich nicht fähig war, zu beurteilen, ob es Richard nach der Trennung gut oder schlecht ging.

Einerseits erzählte er mir, wie gern er Armin hatte und wie lieb dieser war. Auf der anderen Seite konnte ich keine Traurigkeit feststellen, die doch meist mit einer Trennung einherging.

Ich fand das seltsam.

Auf näheres Nachfragen, wie denn das Sexualleben so verlaufen sei, bekam ich Antworten, die mich tatsächlich wieder irritierten.

Richard gestand mir, dass ihn Armin niemals nackt sehen durfte. Er erzählte ferner, dass im Schlafzimmer das Licht sofort ausgemacht werden musste, schwärmte von heißen Küssen und zärtlichen Knutschereien und gestand mir offen, dass er nicht auf Analsex stand.

Nun war mir klar, warum das mit Armin nicht funktionieren konnte, der zu meiner Überraschung trotzdem mit Richard zusammen eine Wohnung nehmen wollte. Aber Richard war nicht dazu bereit.

Armin war Geschichte und Richard machte nun weiter Jagd auf Männer in einschlägigen Bars.

ROMY

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