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IV. Nebengeschäfte

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Zum Begriff des Nebengeschäfts vgl § 1 Rn 25. Für die Entgegennahme einer Zahlung sahen die Landesjustizverwaltungen sich veranlasst, in Nr 2 Abs 7 DB-GvKostG ausdrücklich klarzustellen, dass es sich hierbei um ein Nebengeschäft handelt. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung war außerdem zunächst streitig, ob die dort neu vorgesehene Möglichkeit der Einholung von Auskünften bei einer der in den § 755, § 802l ZPO genannten Stellen als Nebengeschäft anzusehen ist. Die Befürworter eines eigenen kostenrechtlichen Auftrages verwiesen darauf, dass der GV diese Auskünfte nicht von Amts wegen, sondern nur aufgrund eines ausdrücklichen Auftrages des Gläubigers einholen darf.[3] Die Gegenmeinung vertrat dagegen die Auffassung, dass es sich bei der Einholung von Auskünften Dritter um einen Teil des Vollstreckungsauftrags handele. Dabei wurde darauf verwiesen, dass nach den § 755, § 802l ZPO eine isolierte Auftragserteilung zur Auskunftseinholung nicht zulässig sei und der GV vielmehr aufgrund des Vollstreckungsauftrages zur Auskunftseinholung befugt werde.[4] Die Landesjustizverwaltungen hatten sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen und in Nr 2 Abs 7 Buchst b DB-GvKostG vorgegeben, dass die Einholung von Auskünften bei einer in den §§ 755, 802l ZPO genannten Stellen ein Nebengeschäft iSd Abs 1 S 3 ist.

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Für die Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO muss allerdings mittlerweile in Zweifel gezogen werden, ob an der Annahme eines Nebengeschäfts noch festgehalten werden kann. Der BGH hat durch Beschl v 20.9.2018 (DGVZ 2019, 32) entschieden, dass der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gem § 802a Abs 2 S 1 Nr 3, § 802l ZPO eine besondere Angelegenheit iSv § 18 Abs 1 Nr 1 RVG ist. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass

der Antrag gesondert gesetzlich geregelt sei,
die Einholung von Drittauskünften durch den GV als eigenes Verfahren ausgestaltet sei,
die Vollstreckungsmaßnahme des § 802l ZPO keine Fortsetzung der Einholung der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO sei,
die Drittauskunft als besondere Vollstreckungsmaßnahme eines eigenen Antrags des Gläubigers bedürfe,
der Antrag nicht notwendigerweise von dem Gläubiger gestellt werden müsse, der zuvor die Abgabe der Vermögensauskunft beantragt hat,
die Vollstreckungsmaßnahmen des § 802c ZPO und des § 802l ZPO sich erheblich unterscheiden.

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Die Entscheidung des BGH zur Vergütung des Rechtsanwalts nach dem RVG ist zwar nicht automatisch auf die Definition des Auftragsbegriffs nach dem GvKostG zu übertragen, die inhaltliche Begründung spricht aber dafür, auch für den GV von einem gesonderten Auftrag auszugehen, auch wenn dies aktuell in den DB-GvKostG noch anders geregelt ist.

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In Literatur und Rechtsprechung hat sich zunehmend die Auffassung durchgesetzt, dass der Gläubiger, der die Vermögensauskunft beantragt hat, auch zeitlich später noch einen isolierten Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem § 802l Abs 1 ZPO stellen dürfe.[5] Soweit in der Vorauflage für diesen Fall noch die Auffassung vertreten wurde, dass es sich bei der nachträglichen Einholung einer Drittauskunft durch den ursprünglich betreibenden Gläubiger um ein Nebengeschäft des (abgeschlossenen) Vollstreckungsauftrags handele, wird hieran im Hinblick auf den Beschl des BGH v 20.9.2018 (vgl Rn 11) nicht festgehalten.

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Die früher umstrittene Frage,[6] ob eine isolierte Auftragserteilung zur Erteilung von Drittauskünften durch andere Folgegläubiger zulässig ist, wurde mittlerweile in § 802l Abs 4 ZPO gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber hat das Problem dadurch gelöst, dass er dem GV gestattet hat, die von ihm erhobenen Daten innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten auf Antrag auch an andere Gläubiger zu übermitteln, wenn die Voraussetzungen für die Datenerhebung bei diesen Gläubigern vorliegen. Weitere Gläubiger können auch einen Antrag auf erneute Einholung einer Auskunft stellen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass seit dem Eingang der Auskunft eine Änderung der Vermögensverhältnisse eingetreten ist. Ein derartiger Antrag eines anderen Folgegläubigers muss schon deshalb als eigenständiger Auftrag behandelt werden, weil die Annahme eines Nebengeschäfts das Vorhandensein eines Hauptgeschäfts voraussetzt. Wenn dieses fehlt, wird das Nebengeschäft zum Hauptgeschäft. Der Gesetzgeber hat für die Übermittlung von Daten nach § 802l Abs 4 ZPO in KV Nr 442 eine gesonderte Gebühr von 5 € geschaffen.

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Der Frage der Annahme eines Haupt- oder Nebengeschäfts ist für die Gebührenerhebung allerdings letztlich nicht von Bedeutung. Nach Nr 440 KV ist für jede Einholung einer Auskunft gem § 802l Abs 1 ZPO eine Gebühr in Höhe von 13 € zu erheben. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Neben- oder Hauptgeschäft handelt. Auch die durch eine Auskunftseinholung anfallenden Auslagen sind nach Nr 708 KV in jedem Fall zu erheben. Im Fall der Behandlung als Nebengeschäft entfällt allerdings die Möglichkeit, für die Auskunftseinholung eine gesonderte Auslagenpauschale nach Nr 716 KV anzusetzen, da diese Pauschale nur einmal je Auftrag zu erheben ist.

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Von besonderer Bedeutung ist die Behandlung aus Haupt- oder Nebengeschäft auch, wenn der GV aufgrund eines Auskunftsersuchens zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners nach § 755 ZPO erfährt, dass der Schuldner in einen anderen GV-Bezirk innerhalb des Amtsgerichtsbezirks umgezogen ist. Die Einstufung des Auskunftsersuchens als Nebengeschäft führt in diesem Fall dazu, dass der GV die hierfür entstandene Gebühr sowie evtl Auslagen nicht abrechnen darf, weil der Auftrag noch nicht durchgeführt ist. Nach Abs 1 S 2 gilt der Auftrag nur als durchgeführt, wenn eine Abgabe in einen anderen Amtsgerichtsbezirk erfolgt. Zu der Problematik wird iÜ auf Rn 29 ff verwiesen.

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Die Behandlung als Haupt- oder Nebengeschäft kann auch bei Auskunftsersuchen nach § 802l ZPO Zuständigkeitsfragen auslösen. Wenn der Schuldner nach Abgabe der Vermögensauskunft in einen anderen Bezirk umzieht und der betreibende Gläubiger erst zeitlich danach ein Auskunftsersuchen nach § 802l Abs 1 ZPO stellt, bleibt bei der Annahme eines Nebengeschäfts der GV zuständig, der die Vermögensauskunft abgenommen hat,[7] während bei Annahme eines neuen Auftrags der GV zuständig wird, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat.

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Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung war außerdem umstritten, unter welchen Voraussetzungen das Verfahren zur gütlichen Erledigung der Sache (§ 802b ZPO) als Neben- oder Hauptgeschäft anzusehen ist. Diese Frage war deshalb von besonderer Bedeutung, weil im Gegensatz zur Drittauskunft nicht nur die Auslagenberechnung, sondern auch die Gebührenhöhe von der Einstufung als Haupt- oder Nebengeschäft abhing. Nach Nr 207 KV erhielt der GV nur für den Versuch einer gütlichen Erledigung aufgrund eines besonderen Auftrags eine besondere Gebühr. Die gütliche Erledigung als Nebengeschäft war hingegen gem S 2 der Anmerkung zu Nr 207 KV gebührenfrei. Aufgrund dieser Differenzierung im Gebührenrecht hing die Gebührenhöhe stark von einer präzisen Antragstellung des Gläubigers ab. Wenn der Gläubiger zunächst ausdrücklich nur den Auftrag erteilte, eine gütliche Erledigung zu versuchen und nur hilfsweise für den Fall, dass die gütliche Erledigung scheitert, einen Vollstreckungsauftrag erteilte, handelte es sich nach den Grundsätzen über die Behandlung bedingter Aufträge (vgl hierzu die nachfolgenden Erl zu Rn 21 ff) um zwei Aufträge.[8] Wenn er hingegen ohne weitere Differenzierung im Vollstreckungsauftrag zugleich bat, auf eine gütliche Erledigung hinzuwirken, konnte eine Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung nicht entstehen. Diese Situation empfand der Gesetzgeber als unbefriedigend.[9] Mit dem EuKoPfVODG wurde deshalb der Abs 2 in § 3 dahingehend ergänzt, dass der GV auch dann als gleichzeitig beauftragt gilt, wenn der Auftrag, eine gütliche Erledigung der Sache zu versuchen, in der Weise mit einem Auftrag auf Vornahme einer Amtshandlung nach § 802a Abs 2 S 1 Nr 2 oder 4 ZPO verbunden wird, dass diese Amtshandlung nur im Fall des Scheiterns des Versuchs einer gütlichen Erledigung vorgenommen werden soll. Mit dieser Regelung wird unabhängig von der gewählten vollstreckungsrechtlichen Auftragsreihenfolge kostenrechtlich die einheitliche Beauftragung des GV unwiderleglich fingiert.[10] Aufgrund dieser Fiktion kann die Gebühr Nr 207 KV nunmehr nur noch in dem – seltenen – Fall entstehen, dass der Gläubiger ausschließlich den Versuch der gütlichen Erledigung beantragt. Der Gesetzgeber hat allerdings den „Erfolg“ dieser Maßnahme selbst weitgehend unterlaufen, indem er gleichzeitig mit Nr 208 KV einen neuen Gebührentatbestand für den Fall eingefügt hat, dass die gütliche Erledigung als Nebengeschäft des Vollstreckungsauftrags versucht wird. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erl zu Nrn 207, 208 KV verwiesen.

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Auch nach der Neuregelung in Abs 2 S 2 Nr 2 wird teilweise die Auffassung vertreten, dass eine Gebühr Nr 207 KV anzusetzen sei, wenn der GV mit der gütlichen Erledigung und bedingt für den Fall des Scheiterns mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt wird und der Versuch der gütlichen Erledigung erfolgreich ist. Diese Auffassung wird mit der Parallelität der Regelung zum sog Kombi-Verfahren nach Abs 2 S 2 Nr 1 begründet.[11] Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Sie berücksichtigt nicht, dass im sog Kombi-Verfahren nach der ausdrücklichen Regelung in Abs 3 S 2 der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft erst dann als erteilt gilt, wenn die Voraussetzungen des § 807 Abs 1 ZPO vorliegen. Eine vergleichbare Regelung gibt es für die Fallkonstellation des Abs 2 S 2 Nr 2 nicht, so dass in diesem Fall der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft aufgrund der gesetzlichen Fiktion trotz der aufschiebenden Bedingungen sofort als erteilt gilt.[12] Bei erfolgreicher gütlicher Erledigung muss demzufolge anstelle der Gebühr Nr 207 KV eine Gebühr Nr 208 KV und für die nicht mehr erforderliche Abnahme der Vermögensauskunft eine Gebühr Nr 604 KV in Rechnung gestellt werden.

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Die Gebühr Nr 208 KV für den Versuch der gütlichen Erledigung kann uU auch doppelt anfallen, wenn der GV sowohl im Pfändungsverfahren als auch im Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft den Versuch einer gütlichen Erledigung unternimmt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich kostenrechtlich um zwei Aufträge handelt, was gemäß Abs 2 S 2 Nr 1 im Verfahren nach § 807 Abs 1 ZPO der Fall ist, wenn die Abnahme der Vermögensauskunft nur daran scheitert, dass der Schuldner nicht anwesend ist.[13] In anderen Fällen des sog Kombi-Verfahren nach § 807 Abs 1 ZPO kann die Gebühr Nr 208 KV hingegen nicht doppelt entstehen, auch wenn der GV zwei entsprechende Versuche unternimmt, weil es sich dann kostenrechtlich um denselben Auftrag handelt. Für denselben Auftrag darf eine Gebühr nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses nur einmal erhoben werden (§ 10). Bei dem Anfall von zwei Gebühren wäre abschließend auch noch zu prüfen, ob ein sachlicher Grund für den zweimaligen Versuch vorlag. In aussichtslosen Fällen könnte im zweiten Versuch uU auch eine unrichtige Sachbehandlung (§ 7) gesehen werden. Zur Frage des mehrfachen Entstehens der Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung bei aufeinanderfolgenden Aufträgen vgl auch Rn 23 ff zu KV Nrn 207, 208.

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