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D. Die Filterfunktion des Handlungsbegriffs

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Während die Anknüpfungsfunktion – die Frage also, wie die Handlung als Substrat rechtlicher Bewertungen „positiv“ zu kennzeichnen ist – bis heute hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Ausgestaltung äußerst umstritten ist, herrscht über die „negative“ Funktion des Handlungsbegriffs, darüber also, dass Nichthandlungen strafrechtlich von vornherein irrelevant sind, weitgehende Einigkeit. Auch Autoren, die auf eine Bestimmung dessen, was „Handlung“ ist, verzichten, wollen doch Nichthandlungen von der weiteren strafrechtlichen Prüfung ausschließen.

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Darüber hinaus stimmen auch die meisten Autoren dahin überein, dass Nichthandlungen Geschehensabläufe sind, die zwar mit einer Person in Zusammenhang stehen, der Beherrschung oder Beherrschbarkeit durch ihren Willen aber nicht unterliegen. In diesem Ergebnis treffen sich der natürliche, der negative, der soziale und auch der personale Handlungsbegriff. Die „Filterfunktion“ ist also vom Streit um die verschiedenen der Anknüpfungsfunktion dienenden Handlungsbegriffe weitgehend unabhängig. Freilich wird der nachfolgende Text zeigen, dass das Kriterium der Persönlichkeitsäußerung nicht selten eine exaktere Abgrenzung ermöglicht als andere Handlungsbegriffe.

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Abweichende Ansichten sind selten. So sagt Michaelowa,[70] eine Handlung sei „jede menschliche Seinsäußerung“, auch wenn es sich um eine bloße Körperwirkung ohne psychischen Anteil handelt. Herzberg[71] meint: „Schlägt jemand im Alptraum seiner neben ihm schlafenden Frau die Nase blutig, dann liegt es … sehr nahe, das ‚Verursachen‘ einer ‚Körperverletzung‘, also das Handlungsmerkmal des § 230 StGB, zu bejahen und erst die Wertung entscheiden zu lassen, dass die Fahrlässigkeit, d.h. die Pflichtverletzung, fehle.“

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Das ist aber keine vertretbare Lösung. Denn wenn man eine Körperverletzungshandlung bejaht, stellt sich diese als Verwirklichung eines unerlaubten Risikos, also als tatbestandsmäßig dar. Denn die Sorgfaltswidrigkeit bezeichnet eine objektive, von den persönlichen Bewandtnissen des Täters unabhängige Bewertung. Höchstens ließe sich die Schuld bestreiten. Aber es erscheint als wenig sinnvoll, den Schlaf wie eine Geisteskrankheit zu behandeln. Denn die Taten eines Geisteskranken oder sonst Schuldlosen sind immerhin Persönlichkeitsäußerungen, auch wenn diese nicht vorwerfbar sind.

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So bleibt die Frage, wo eine Persönlichkeitsäußerung fehlt und deswegen das Vorliegen einer Handlung abzulehnen ist.

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