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15. Magisch

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»Maja?« Ich war an Jacobs Schulter gelehnt und setzte mich, etwas benommen, auf. »Ich muss nachdenken«, sagte ich, um Zeit zu schinden. Er ließ den Film weiterlaufen und ich war dankbar dafür. Ich schaute zu Molly. Sie jagte gerade eine kleine Maus. Langsam stand ich auf und ging zur Terrassentür. Jacob pausierte den Film. Er kam zu mir. Die Maus blieb stehen, schaute zu uns und verschwand im Nirgendwo.

»Was ist?«

»Ich weiß auch nicht. Irgendwie blitzte gerade ein Gedanke auf.«

»Was für einer?«

»Glauben Sie an Übernatürliches?« Ich drehte mich zu ihm und sah in seine unglaublich gold-orangen Augen.

»Glaubst du daran?« Er atmete schwerer, es war kaum zu spüren und doch registrierte ich es. Etwas flackerte in seinen Augen auf.

»Es gibt Momente, da würde ich ›ja‹ sagen. Doch ich würde es nie zugeben, denn ich würde mich selbst für verrückt halten.«

»Wann zum Beispiel?«

»Es ist magisch, meine Oma, in meinen Träumen zu sehen. Sie wird eines Tages für immer fort sein. Aber solange sie kurz erscheint, ist es schön. Ich glaube, es gibt mehr da draußen.«

»Und, was so?«

»Magie.« Er lächelte. »Meine Oma sagte, es gibt nicht nur schwarz-weiß. Ich soll ans Unmögliche glauben.«

»Wie in ›Alice im Wunderland‹«, sagte er gedankenverloren.

»Glauben Sie, ich spinne?«

»Nein, überhaupt nicht.« Und ich glaubte ihm. Ich lachte auf.

»Das ist doch irre.«

Er schüttelte den Kopf.

»Glaubst du an Wunder?«

»Definitiv.«

»Warum sollte es dann nicht auch Magie geben?« Ich schaute wieder hinaus.

»Haben Sie das Tagebuch meiner Oma hier irgendwo?« Er hob eine Augenbraue, sagte aber nichts, sondern holte das Buch. Ich setzte mich aufs Sofa zurück und blätterte die Seiten durch. »‹Es war ein magischer Ort‹«, las ich vor und stockte, blätterte weiter.

»Was genau suchst du?«, wollte er verwundert wissen.

»‹Er breitete die Decke aus und bat mich zu setzen, was ich auch tat. Irgendwie war ich gespannt, wohin dies führen sollte. Aber es machte mir auch Angst. Noch immer schwieg ich. Aber ich beobachtete. Er war wirklich gutaussehend. Neben seinen ungewöhnlichen Augen, die Orange-Goldbronze gesprenkelt waren, und irgendwie auch so strahlten, hatte er kurzes dunkles Haar. Es ging ziemlich ins Schwarze, aber so wirklich konnte ich diese Nuance nicht einordnen. Jack war groß (vielleicht um die 1,80m) und schlank. Er trug sein Hemd locker über seine Jeans. Er wirkte viel moderner als die meisten Männer, die ich bis dato sah.‹«

Ich sah Jacob an. »Wissen Sie was ich glaube?« Er schüttelte den Kopf und wirkte leicht nervös. »Ich kann es natürlich nicht bestätigen, da ich nicht weiß, wie es weiterging, aber ich glaube, das Jack ein Engel war oder zumindest wie einer.«

»Wie kommst du darauf?«

»Er kam in ihr Leben, als sie jemanden brauchte. Sie fühlte sich verlassen. Sie war immer für ihre Mitmenschen da. Aber sie fühlte sich verlassen.«

»Du meinst, er kam aus dem Nichts und verschwand, als sie wieder zu sich fand?« Irritiert fuhr er sich durch seine dunklen Haare.

»Das nicht. Aber er half ihr. Und irgendwie müssen sie sich getrennt haben. Sie schrieben sich Briefe. Er war die Liebe ihres Lebens. Wenn sie doch nur schwanger gewesen wäre, zu diesem Zeitpunkt.« Jacobs Blick wirkte plötzlich so verloren. »Nicht von ihm. Aber wenn sie es gewesen wäre, hätte sie mit ihm gehen können.«

»Was meinst du?«, er schien verwirrt und das war es auch. Verwirrend.

»Scheinbar war mein Großvater kein netter Mann. Aber nur dadurch, dass die zwei ein Kind bekamen, bin auch ich jetzt hier. Wenn sie also in anderen Umständen mit Jack abgehauen wäre, dann wäre ich trotzdem da.« Er dachte darüber.

»Das ist ...«, er beendete den Satz nicht, aber ich wusste, was er wollte.

»Ja, es ergibt keinen Sinn und ist eine verrückte Denkweise. Sie hat sich immer für andere geopfert. Vielleicht macht man das so, wenn man verheiratet ist und Kinder hat.«

»Dein Vater hat es ihr nie gedankt?«

»Er gab sie auf.«

»Und dein Opa starb, bevor du ihn richtig kennen lerntest?«

»So in etwa«, sagte ich, denn ich wusste nichts über ihn.

»Warum glaubst du, war sie unglücklich?«

»Ich wäre es. Nicht auf die depressive Art, nicht einmal deprimierend. Aber tief in mir würde etwas zerbrechen. Bisher kenne ich dieses Gefühl auch nicht.«

»Verliebt sein?« Ich lächelte und verneinte.

»Das Gefühl, so innig geliebt zu werden. Dieses Gefühl, was man haben sollte, wenn beide das gleiche empfinden. Ich würde zu beginn traurig sein. Mich ärgern und fragen, warum ich es nicht riskierte. Aber es ebbt ab. Am Ende bleibt diese Sehnsucht. Das Gefühl zu haben, irgendwas fehlt. Es wäre schön, wenn die beiden in Kontakt geblieben wären.« Ich lächelte und seufzte. »Womöglich waren sie das auch. Wäre es nicht romantisch? Wenn sie sich ihr Lebzeiten Briefe geschickt hätten?«

»Ich wusste gar nicht, dass du so romantisch bist.«

»Doch, bin ich. Ich glaube ganz fest an die Liebe. Ich glaube, dass jeder von uns das Recht hat zu lieben und geliebt zu werden.« Wir sahen einander die ganze Zeit über an.

»Da stimme ich dir zu«, sagte er schließlich.

»Was denken Sie?«

»‹Liebe ist nicht das was man erwartet zu bekommen, sondern das, was man bereit ist zu geben.‹«

»Das ist schön. Von wem ist es?«

»Katharine Hepburn.« Ich dachte darüber nach. Molly bellte erneut und kam dann rein. Sie legte sich zu mir auf die Couch. »Meinen Sie, man sollte mehr geben, als man bekommt?«

»Nein und ich glaube, Miss Hepburn auch nicht. Es bedeutet, man sollte das verlangen, was man selbst geben kann. Du kannst keine Wunder erwarten, wenn du nicht selbst eins schaffen kannst.«

»Also meinen Sie, stimmt das nicht, was Romeo sagt:

›So grenzenlos ist meine Huld, die Liebe so tief ja wie das Meer. Je mehr ich gebe, je mehr auch hab ich: Beides ist unendlich.‹«

»Romeo war ein Narr. Beide waren es.«

»Wieso? Weil sie beide in den Tod gingen? Sie liebten einander und konnten nicht ohne den anderen leben. Ja, hätte Romeo noch fünf Minuten gewartet, dann hätten sie sich in die Arme nehmen können. Julia hat Romeo verändert. Ob nun ihrer Schönheit wegen oder weil sie wirklich süß und lieb und witzig war, weiß ich nicht.«

»Romeo war älter. Julia kannte die Liebe vielleicht gar nicht.«

»Sie war noch ein Kind«, bestätigte ich. »Aber ihre Eltern wollten sie vermählen.«

»Wir sollten das für Literatur aufheben. Sonst verschießt du jetzt schon dein Pulver.«

»Oder Sie geben mir zu viele Hinweise. Ich wollte das nicht ausnutzen.«

»Das weiß ich doch.«

»Es tut mir leid. Manchmal verliere ich mich in ein Thema.«

»Das bewirkt Shakespeare. Er ist magisch«, grinste er.

»Glauben Sie, man kann die große Liebe vergessen?« Er schüttelte den Kopf. »Okay, das war es zu diesem Thema. Ich habe Sie vom Film abgehalten. Wollen wir noch mal anfangen?« Wir fingen erneut an, dieses Mal ohne Unterbrechung und ohne das ich einschlief. Aber während des gesamten Filmes musste ich darüber nachdenken. Molly lag auf meinem Schoß und sabberte mich voll. Ich spürte die Blicke von Jacob auf mir. Ignorierte sie aber. Dennoch musste ich weinen. Ich konnte einfach nicht anders. Der Film war viel zu emotional. Und auch Jacob musste eine Träne wegwischen. »Danke, Maja.« Er reichte mir ein Taschentuch und ich schnäuzte hinein.

»Passiert mir jedes Mal«, gestand ich. Wir hatten total die Zeit vergessen und erst, als mein Magen lautstark knurrte, schauten wir auf die Uhr. Es war tatsächlich Zeit fürs Abendbrot. Wir standen beide auf und gingen in die Küche. Er machte die CD erneut an und bereitete das Essen vor. Wir sagten kein Wort, sondern hantierten einfach. Er holte Spaghetti raus und ich machte die Sauce. Wir sprachen uns nicht ab. Es war ein magisches Erlebnis. Ja, man könnte meinen, dass es logisch ist. War es aber nicht. Denn während ich die Sauce zubereitete, wusste ich nicht, was er tat. Ich wusste auch nicht, dass er noch einen Salat zurechtmachte. Wir hatten uns den Rücken zugewendet. Meine Sauce kam erst, kurz bevor die Nudeln fertig waren, auf den Herd. Und währenddessen suchte ich bei den Getränken, was passen könnte. Ich mixte einiges zusammen und hatte am Ende alkoholfreien Cocktail. Ich deckte den Tisch und kurz darauf saßen wir und speisten.

Das magische Armband

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