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Das Moore’sche Gesetz verändert die Bewertung der Menschen

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Unter den Technologen ist das Denken über die Zukunft seit der Jahrtausendwende hauptsächlich von der Erfahrung mit digitalen Netzwerken beeinflusst, die mit Hilfe der Unterhaltungselektronik genutzt werden. Ein junger Mensch muss heute nur noch ein paar Jahre und nicht mehr ein ganzes Leben lang warten, bis sich Veränderungen im Sinne des Moore’schen Gesetzes vollziehen.

Das Moore’sche Gesetz ist das Leitprinzip und wahre Grundgesetz des Silicon Valley. Es besagt, dass die Leistungsfähigkeit von Computerchips immer schneller wächst. Diese Verbesserungen türmen sich nicht einfach auf wie bei einem Steinhaufen, der immer höher wird, wenn man mehr Steine hinzufügt. Anstatt sich zu summieren, vervielfachen sich die Verbesserungen. Offensichtlich verdoppelt sich die Leistung der Technologie etwa alle zwei Jahre. Das bedeutet, dass die Leistung von Mikroprozessoren nach vierzig Jahren um das Millionenfache gesteigert wurde. Niemand weiß, wie lange sich dieser Prozess fortsetzen lässt. Auch darüber, warum das Moore’sche Gesetz und ähnliche Muster existieren, ist man sich nicht einig. Handelt es sich um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, also quasi um Autosuggestion, oder um eine unvermeidliche, wesentliche Eigenschaft der Technologie? Was auch immer da vor sich geht, der Rausch des sich beschleunigenden Wandels ruft in manchen einflussreichen Technologiekreisen geradezu religiöse Ehrfurcht hervor.

Das Moore’sche Gesetz bedeutet, dass man immer mehr kostenlos erledigen könnte, wenn da nicht die Leute wären, die bezahlt werden wollen. Der Mensch ist beim Moore’schen Gesetz quasi der Haken an der Sache. Wenn der Betrieb von Maschinen unglaublich billig wird, wirken Menschen vergleichsweise teuer. Früher waren Druckmaschinen teuer, daher schien es ganz selbstverständlich, Journalisten angemessen dafür zu bezahlen, dass sie die Zeitung füllten. Erst als die ersten Gratiszeitungen auftauchten, schien es mit einem Mal unvernünftig, Leute überhaupt noch zu bezahlen. Durch das Moore’sche Gesetz können Löhne und Gehälter – ebenso wie das soziale Netz – plötzlich wie ungerechtfertigter Luxus wirken.

Unsere direkte Erfahrung mit dem Moore’schen Gesetz bestand bislang vor allem darin, dass es uns billige Waren bescherte. Die gestern noch unerschwingliche Kamera ist heute eine von vielen Funktionen an unserem Mobiltelefon, das wir schon bald wieder gegen ein neues austauschen. Mit der millionenfachen Leistungssteigerung in der Informationstechnologie wurden sämtliche Einsatzmöglichkeiten ebendieser Technologie immer billiger. Daher erwartet man heute, dass Online-Dienste (und nicht nur Nachrichten, sondern auch zeitgemäße Erscheinungen wie Suchdienste oder soziale Netzwerke) kostenlos sind, wobei »kostenlos« in dem Fall bedeutet, dass wir im Gegenzug stillschweigend einwilligen, uns ausspionieren zu lassen.

Wem gehört die Zukunft?

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