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Der Strand am Rand des Moore’schen Gesetzes

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Es gibt in der Silicon-Valley-Religion, wenn man so will, eine Art paradiesische Vorstellung: Wir erwarten von der Mechanisierung Unsterblichkeit. In der utopischen Technologiekultur geistert die Idee herum, dass Menschen (nun ja, vielleicht nicht alle) irgendwann in diesem Jahrhundert – vielleicht schon in ein, zwei Jahrzehnten – in Computerserver in der Cloud5 hochgeladen und in der virtuellen Realität unsterblich werden. Oder dass wir, falls wir unsere Körper noch eine Weile erhalten können, von einer Welt umgeben sein werden, in der Roboter als dienstbare Geister umherschwirren und uns immer zur Verfügung stehen. Wie ein genusssüchtiger Magier schweben wir von einem Vergnügen zum nächsten. Wir müssen gar nicht erst aussprechen, was wir uns von der Welt wünschen, denn die Computerstatistiken in den Clouds haben uns so gut modelliert, dass uns jeder Wunsch von den virtuellen Lippen abgelesen wird.

Stellen Sie sich folgende Szene vor, die sich in einigen Jahrzehnten abspielen wird: Sie sitzen an einem Strand. Eine Möwe mit neuronaler Schnittstelle hockt vor ihnen und scheint mit ihnen zu sprechen. Sie sagt Ihnen, dass es Sie vielleicht interessieren wird, dass Nanoroboter gerade Ihre Herzklappe repariert haben (wer hätte gedacht, dass Sie es mit dem Herzen haben?), der Sponsor dafür sei das Kasino oben an der Straße, das diese Vogelnachricht und auch die automatische Herz-OP durch Google finanziere – oder was für ein Unternehmen es auch immer sein mag, das in der Zukunft diese Art Vermittlungsdienste anbietet.

Wenn der Wind weht, zeigt sich, dass die treibenden Blätter in Ihrer Umgebung in Wirklichkeit geschickt durch Biotechnik gesteuerte Roboter sind, die den Wind dazu nutzen, sich als schützende Hülle um Sie zu legen. Ihre Wünsche und Bedürfnisse werden automatisch analysiert. Aus dem Sand bildet sich eine Robotermasseurin und verabreicht Ihnen eine Shiatsu-Massage, während Sie in Ihrem gerade entstandenen Blätterkokon dem Flüstern des Windes lauschen.

Es gibt endlose Variationen solcher Geschichten über die baldige allgegenwärtige Verfügbarkeit von Hightech. Manche findet man in Science-Fiction-Romanen, doch häufiger sind diese Visionen Gegenstand ganz normaler Unterhaltungen. Sie sind omnipräsent in der Kultur des Silicon Valley und Teil der dortigen Atmosphäre. Man hört die Leute darüber reden, wie billig Rechnerleistungen einmal sein werden. Und wie viele neuartige Materialien es geben wird, und die mit ihnen verbundenen Eigenschaften haben immer etwas Übersinnliches an sich.

Dieses Schema bildet den Hintergrund Tausender Gedankenspiele und liefert die Motivation für Startup-Unternehmen, Fortbildungsseminare und Karrieren. Die Schlüsselbegriffe in diesem Zusammenhang lauten »Accelerating Change«, »Fülle« und »technologische Singularität«.

Wem gehört die Zukunft?

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