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2.6. Vetus Latina (VL)
ОглавлениеDer Ester-Text der Vetus Latina (VL) ist in nahezu zwanzig Handschriften vom Ende des 8. bis zum 15. Jahrhundert u. Z. belegt.25 Die kritische Ausgabe von Jean-Claude Haelewyck26 zeigt drei Hauptfamilien, von denen der in MS 151 bezeugte Text der ältesten fassbaren Textgestalt der VL (R) am nächsten kommen dürfte.
Wie LXX und A.-T. unterscheidet sich auch die VL vom MT durch das Vorhandensein von „Zusätzen“. Dabei ist bei den Zusätzen B, D, E und F eine Reihe relativ geringfügiger Unterschiede zwischen der VL und den griechischen Textzeugen festzustellen. Der zweite Teil von Zusatz A kommt in der VL nicht vor, wodurch die Doppelung der Verschwörung der Eunuchen in 2,21–23 vermieden wird. Die Gebete von Ester und Mordechai in Zusatz C sind kürzer. Und ein Gebet der Juden (Zusatz H), das Themen einführt, die zum Teil in den Gebeten von Ester und Mordechai vorkommen und sonst in der VL fehlen (C,3–5 und 17–21), erscheint in der VL am Ende von Kapitel 3.27
Sieht man von den Zusätzen ab, zeigt der Text der VL größere Verwandtschaft mit der LXX und dem MT als mit dem A.-T. Die meisten Abschnitte der LXX bzw. des MT, die keine Parallele im A.-T. haben, werden von der VL bezeugt, wogegen spezifische Merkmale des A.-T. in ihr nicht zu finden sind.28
Darüber hinaus besteht die VL auf bestimmten theologischen Themen. In Kapitel 4 berichtet sie detailliert vom Fastenritual, und in Kapitel 6 betont sie noch stärker als die LXX, dass hinter den erwähnten Heilsereignissen Gott am Werk ist.29 Der wichtigste Unterschied zwischen LXX und VL betrifft jedoch die Rachethematik am Ende des Werks: Sie fehlt in der VL weitgehend. Das Massaker an den Feinden der Juden wird überhaupt nicht erwähnt. Die VL enthält keine Entsprechung zu 9,5–19 in LXX und MT. In der VL werden Hamans Schreiben von jenem Erlass aufgehoben, den dann Ester und Mordechai versandten (8,8ff.) und dessen Inhalte in Zusatz E wiedergegeben werden.
Ob die VL einen griechischen Text überarbeitet, der nahe an der LXX ist, oder ob sie einen verlorenen griechischen Text übersetzt, bleibt weiter offen. Es ist jedoch klar, dass die VL keine der Besonderheiten des A.-T. aufweist und daher aus der Reihe der LXX-Texte stammen muss.