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2.5.2. Verbindungen zwischen Ester und der griechischen Literatur105
ОглавлениеDie Darstellung der Welt des persischen Königshofs im Buch Ester ist durchaus mit den Darstellungen in der griechischen Literatur vergleichbar und an diese anschlussfähig. Leser und Leserinnen, die von der hellenistischen Kultur geprägt sind, werden nicht auf Anachronismen stoßen.
Die Wortverbindung „Persien und Medien“ ist, wenn vom Herzstück des Königreichs die Rede ist (vgl. Est 1,3 sowie 1,14.18.19; 10,2), typisch für griechische Darstellungen des Achämenidenreichs; die Erwähnung der „127 Provinzen“ eines Herrschaftsgebiets, das sich „von Indien bis Kusch“ (vgl. Est 1,1) erstreckt, erinnert an Herodots Darstellung des Steuerwesens im Perserreich. Auch die Beschreibung der Architektur des königlichen Palastes, der luxuriösen Materialien im Inneren und in seinen Gärten ähnelt der von bestimmten griechischen Texten (vgl. Est 1,5–8). Ebenso erwähnen die Werke griechischer Autoren das leistungsfähige persische Postwesen, die mehrsprachigen königlichen Erlasse oder die als „Satrapien“ bezeichneten großen Verwaltungseinheiten (vgl. 3,12–15 sowie 1,22; 8,8–10). Die Figuren der Höflinge von Ahasveros stimmen gut mit den griechischen Darstellungen des persischen Hofs überein. Eunuchen verwalten den Harem, betreuen die königlichen Frauen (Est 1,10.12.15; 2,3–15; 4,1–5) und verschwören sich gegen den Herrscher (2,21–23; 6,2). Der Topos der Siebenzahl von Fürsten oder hohen Untergebenen (Est 1,13–15; 1,10; 2,9) ist ebenfalls in der griechischen Literatur bekannt. Und schließlich haben auch die höfischen Gepflogenheiten Parallelen in griechischen Beschreibungen: Der König genießt die Gefälligkeiten zahlreicher Konkubinen und kann auf einen riesigen Harem zurückgreifen. Private Festgelage oder Feiern, bei denen Trunkenheit eine große Rolle spielt, erinnern an die Tischbräuche in der griechischen Welt ebenso wie an griechische Darstellungen königlicher Festmähler in Persien (vgl. Est 1,3–9).106