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1. Definition der Unterscheidungskraft

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Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 1995, 408 f – PROTECH; GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 1999, 1089, 1091 – YES; WRP 2001, 692 f – Test it; GRUR 2010, 825, 826 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 – Die Vision; Eisenführ FS Ullmann, S 175 ff). Hierbei ist grds von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 zu überwinden (amtl Begr zum RegE, Sonderheft BlPMZ 1994, 64; BGH GRUR 2010, 825, 826 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 – STREETBALL; BGH GRUR 2009, 778, 779 – Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 – My World; GRUR 2017,520 – MICRO COTTON; OLG München MarkenR 2018, 564 – BALLERMANN PARTY/Ballermann Party mit N). So ist die Unterscheidungskraft einer Wortmarke bereits dann zu bejahen, wenn der Bezeichnung kein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entspr Verwendung in der Werbung– stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH GRUR 1999, 1089, 1091 – YES; WRP 2001, 692 f – Test it; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; vgl auch EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; GRUR 2004, 674, 675 – Postkantoor). Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen so auffasst, wie es ihm entgegentritt (BGH GRUR 2000, 502 – St. Pauli Girl). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Anmelder an der fraglichen Bezeichnung ein Monopol hat, weil die Unterscheidungskraft unabhängig von der Person des Anmelders zu beurteilen ist (BGH WRP 2006, 475 – Casino Bremen; vgl auch BPatG PAVIS PROMA – 25 W (pat) 184/01 – Perinatalzentrum Osnabrück; 27 W (pat) 167/10 – beachers). Ein an sich für Armbanduhren nicht unterscheidungskräftiges Zeichen „SWISS ARMY“ kann nach Auffassung des BGH als Marke verstanden werden, wenn diese Wortfolge auf dem Ziffernblatt einer Armbanduhr an die Stelle gesetzt wird, auf der sich bei solchen Uhren üblicherweise eine Marke befindet (BGH GRUR 2001, 240, 242 – SWISS ARMY; vgl BGH GRUR 2010, 825, 826 – Marlene-Dietrich-Bildnis II). Indes ist grds die Unterscheidungskraft isoliert ohne Berücksichtigung einer konkreten Anbringung der Marke zu prüfen. Vielmehr ist die Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn das Zeichen in seiner wahrscheinlichsten Verwendung keine Unterscheidungskraft hat (EuGH GRUR 2013, 519 – Deichmann – Umsäumter Winkel). So hat auch das BPatG zu Recht ausgeführt, dass die Positionierung einer Marke im Registerverfahren nicht berücksichtigt werden kann (BPatG PAVIS PROMA -29 W (pat) 85/07 – TOOR!; GRUR 2010, 73, 76 – Porträtfoto Marlene Dietrich II; vgl auch Heise GRUR 2013, 456, 458). Andernfalls könnte jede noch so beschreibende Angabe des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft dadurch überwinden, dass die fragliche Bezeichnung an der Stelle der Ware angebracht werden könnte, an der sich üblicher Weise die Marke befindet (vgl auch Ströbele GRUR 2001, 658, 664). So wird die Sachangabe „100 % Cotton“ nicht dadurch unterscheidungskräftig, dass sie bei Bekleidungsstücken an der für Marken vorgesehenen Stelle angebracht ist. Dem ist der BGH differenzierend entgegen getreten ( BGH GRUR 2010, 1100 – TOOOR!; Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele § 8 Rn 142). Danach soll bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft die Prüfung nur dann auf die wahrscheinlichste Verwendungsform zu beschränken sein, wenn die übrigen in Betracht kommenden Verwendungsformen nicht praktisch und bedeutsam sind (BGH GRUR 2014, 1204 – DüsseldorfCongress; GRUR 2018, 502 – #darferdas? Vorlageentscheidung an den EuGH; vgl auch Ströbele MarkenR 2014, 455, 458). Auch bei großzügiger Betrachtungsweise ist die Unterscheidungskraft indes zu verneinen, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 – Link economy; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard). Dies gilt auch, wenn die Marke aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache besteht, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH GRUR 2010, 1100 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855 – FUSSBALL WM 2006). Das Tatbestandsmerkmal „jegliche“ lässt nicht den Schluss zu, dass bereits jede noch so geringe, irgendwie geartete Unterscheidungskraft ausreichend wäre, um die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen zu können. Vielmehr muss bei der Auslegung berücksichtigt werden, dass die Herkunftsfunktion der Marke stets im Vordergrund stehen muss, während weitere mögliche Funktionen wie etwa eine anpreisende oder produktbeschreibende Funktion daneben nur von untergeordneter Bedeutung sein dürften. Ergeben die Feststellungen keinen eindeutigen Nachweis dafür, dass die Marke die Herkunftsfunktion erfüllen kann und dass diese Herkunftsfunktion im Vordergrund steht, widerspricht die Eintragung dem Allgemeininteresse vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen (BPatG Mitt 2009, 192 – MINI PLUS).

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Verkehrsauffassung Entscheidend für die Frage, ob eine Marke geeignet ist, als Herkunftshinweis zu wirken, ist die Verkehrsauffassung. Insoweit kommt es nicht auf die Auffassung ausl Verkehrskreise, sondern auf das Verständnis der inländischen Verbraucher an, so dass bei fremdsprachigen Ausdrücken auf das Sprachverständnis der inländischen Verkehrskreise abzustellen ist (BGH GRUR 1989, 666 f – Sleepover), wobei dies nicht zwingend die Verbraucher in ihrer Gesamtheit sein müssen; vielmehr kann auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise ausschlaggebend sein (BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 110/05 – BAGNO, vgl auch Ströbele FS Ullmann, S 425). Grundsätzlich kommt es auf die informiert und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher an (EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor). Daneben kann auch nur das Verständnis der am Handel beteiligten Mitbewerber entscheidend sein, was insbesondere bei dem Verständnis fremdsprachiger beschreibender Begriffe von Bedeutung sein kann (BPatG MarkenR 2007, 527, 528 – Rapido). Die Unterscheidungskraft ist nicht erst dann zu verneinen, wenn alle Verbraucher in dem Zeichen keinen Betriebshinweis sehen, wie dies unter Umständen aus dem Tatbestandsmerkmal „jegliche Unterscheidungskraft“ herausgelesen werden könnte. Indes hat diese Voraussetzung der Zurückweisung keine quantitative Komponente, sondern weist nur daraufhin, dass auch sehr schwache, an beschreibende Angaben angelehnte Marken unterscheidungskräftig sein können. Jegliche Unterscheidungskraft kann einem Zeichen deshalb auch dann fehlen, wenn beachtliche Teile des Verkehrs hierin keinen Betriebshinweis sehen (BGH GRUR 1989, 666, 667 – Sleepover; GRUR 1994, 803 f – TRILOPIROX; vgl auch BPatG GRUR 2005, 865, 869 – SPA). Wie dies zahlenmäßig bzw prozentual zu bemessen ist, um von beachtlichen Verkehrskreisen ausgehen zu können, ist weder aus dem Gesetz noch aus der Rspr eindeutig ersichtlich. In Fällen geteilter Verkehrsauffassung müssen die Abnehmer überwiegen, die in dem Zeichen keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen, um die Unterscheidungskraft verneinen zu können (Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele § 8 Rn 124; Ingerl/Rohnke § 8 Rn 72; vgl BGH GRUR 1994, 803, 804 – TRILOPIROX; BPatG GRUR 1996, 489, 490 – Hautactiv; ). Umgekehrt vermag ein geringer Teil, der das Zeichen als Betriebshinweis auffasst, nicht die Unterscheidungskraft zu begründen (BGH GRUR 1990, 453, 454 – L-Thyroxin; BPatG GRUR 1995, 734, 736 – While you wait). Ließe man einen kleinen Teil der Verkehrskreise ausreichen, der in dem Zeichen einen Herkunftshinweis sieht, für die Bejahung der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 ausreichen, stünde dies im Widerspruch zu den 50 %, die nach § 8 Abs 3 im Verkehrsdurchsetzungsverfahren für die Überwindung des Eintragungshindernisses fehlender Unterscheidungskraft mindestens erforderlich sind (BPatG GRUR 1996, 489 f – Hautactiv; vgl auch Ingerl/Rohnke § 8 Rn 72). Ein Anteil von 50 % und mehr, der in einem Zeichen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, ist demgegenüber grds geeignet, die Unterscheidungskraft zu begründen, nicht jedoch ein darunter liegender Wert. Für die Frage, ob in Fällen geteilter Verkehrsauffassung ein allg Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber zur Entsch über das Fehlen der Unterscheidungskraft heranzuziehen ist, schien demgegenüber im Gegensatz zu der früheren Rspr (BGH GRUR 1969, 345, 347 – red-white; GRUR 1991, 136 f – NEW MAN; GRUR 1992, 514 – Olé; BPatG GRUR 1996, 489 f – Hautactiv) zunächst kein Raum mehr zu sein (BGH GRUR 2000, 722 f – LOGO; GRUR 2001, 1042, 1043 – REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1045 – Gute Zeiten–Schlechte Zeiten; GRUR 2006, 850, 854-FUSSBALL WM 2006 mit Anm Berlit GRUR 2006, 858; aA Hacker GRUR 2001, 630, 633). Indes erfährt diese Rspr eine Relativierung dadurch, dass EuGH und auch BGH zuletzt davon ausgegangen sind, dass auch das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft im Lichte des Allgemeininteresses zu sehen ist (EuGH GRUR 2003, 604, 608 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006), dh im Interesse der Allgemeinheit vor unberechtigten Rechtsmonopolen, wozu auch das Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber gehört. Da dem Freihaltungsbedürfnis an ungerechtfertigten Monopolisierungen von unmittelbar beschreibenden Angaben bereits durch § 8 Abs 2 Nr 2 Rechnung getragen ist, kommt dem Allgemeininteresse bei dem Schutzversagungsgrund der fehlenden Unterscheidungskraft nach Nr 1 allenfalls – wenn auch rechtsdogmatisch verfehlt (Hacker GRUR 2001, 630; aA BPatG Mitt 2009, 192 – MINI PLUS; BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 27 W (pat) 81/10 – Avanti; vgl auch Bender MarkenR 2009, 85 ff) – insoweit praktische Bedeutung zu, als dieses Interesse bei nicht unmittelbar beschreibenden Werbeschlagworten wie „Super“ zu berücksichtigen ist (vgl Ströbele FS Ullmann, S 425, 436).

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Bei der Frage der Verwechslungsgefahr spielt die gespaltene Verkehrsauffassung indes keine Rolle, weil die gespaltene Verkehrsauffassung mit dem Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr nicht zu vereinbaren ist (BGH MarkenR 2013, 185 – AMARULA/Marulablu).

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Die Feststellung, ob die Verkehrskreise beachtlich sind, die ein Zeichen als nicht unterscheidungskräftig ansehen, ist schwierig zu treffen, zumal streitig ist, ob auf den Zeitpunkt der Eintragung (BPatG MarkenR 2013, 83, 85 – FLATRATE; BGH GRUR 2009, 411 – STREETBALL, Ingerl/Rohnke § 8 Rn 32) oder auf den Zeitpunkt der Anmeldung (EuG MarkenR 2009, 464 – FLUGBÖRSE; vgl Bender MarkenR 2011, 49, 59 f) abzustellen ist. Letztlich ist die Entsch hierüber im Eintragungsverfahren ebenso wie im Verletzungsprozess, in dem es um die Unterscheidungskraft einer Benutzungsmarke iSv § 4 Nr 2 geht, sehr spekulativ und eine Prognoseentscheidung (vgl Heil GRUR 1981, 669, 703), weil es sich um eine Rechtsfrage handelt, die anhand allgemein kundiger Tatsachen zu entscheiden ist, ohne dass weitere Ermittlungen, insb Verkehrsbefragungen veranlasst wären (BGH GRUR 1976, 587 f – Happy; BPatG GRUR 1996, 489 f – Hautactiv; Ingerl/Rohnke § 8 Rn 71). Derartige Ermittlungen sind mit dem registerrechtlichen Eintragungsverfahren, das auf die Erledigung einer Vielzahl von Anmeldungen ausgerichtet ist, nicht vereinbar; zudem ist das BPatG nach § 73 Abs 1 nicht an Beweisanträge gebunden (BPatG PAVIS PROMA – 25 W (pat) 96/04 – Farbmarke pinkrot). Dies schließt freilich nicht aus, als Anmelder eine Verkehrsbefragung von sich aus im Eintragungsverfahren vorzulegen. Auch wenn das DPMA sowie das BPatG nicht zwingend hieran gebunden sind (BPatG GRUR 1996, 489 f – Hautactiv; krit Ingerl/Rohnke § 8 Rn 71), wird ein positives Umfrageergebnis Prüfer oder Richter unter Umständen nicht unbeeindruckt lassen.

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