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d) Bedeutung der Kennzeichnungskraft

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Wie oben bereits dargestellt besteht eine Wechselwirkung nicht nur zwischen Ähnlichkeit von Waren/Dienstleistungen und den gegenüberstehenden Zeichen (vgl oben Rn 43). Der Schutzumfang einer Marke hängt darüber hinaus auch von deren Kennzeichnungskraft ab. Eine Marke mit einer hohen Kennzeichnungskraft genießt einen hohen Schutzumfang, während Marken mit einer schwachen Kennzeichnungskraft nur ein geringer Markenschutz zukommt (BGH MarkenR 2016, 46, 47 Rn 7 – BSA/DSA; GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2003, 963, 965 – AntiVir/AntiVirus; GRUR 1996, 198, 199 – Springende Raubkatze; BPatG GRUR 2002, 68, 69 – COMFORT HOTEL; GRUR 2000, 807, 808 – LIOR/DIOR; GRUR 2000, 432, 434 – Netto 62; ABlEU Nr C 142/8 v 7.6.2008 – Ferrero/Ferro; GRURInt 2000, 899, 901 – adidas/Marca; GRURInt 1999, 734, 736 – Lloyd; GRUR 1998, 387, 390 – Sabèl/Puma; EuG GRURInt 2004, 647, 650 – MUNDICOR; GRURInt 2004, 138, 140 – Starix; HABM GRUR-RR 2006, 403, 405 – Oktobierfest/OKTOBERFESTBIER). Dies darf einerseits nicht so weit gehen, dass einer Marke mit einer geringen Kennzeichnungskraft nur ein Identitätsschutz zukommt ( EuGH GRURInt 2013, 260 – ALPINE PRO SPORTSWEAR & EQUIPMENT/alpine; MarkenR 2007, 93, 98 – QUANTUM/Quantiéme), andererseits kann sich eine Verwechslungsgefahr nicht dadurch ergeben, dass die prioritätsjüngere Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft aufweist; die ältere Marke mit geringerer Kennzeichnungskraft erlangt nicht durch das Gegenüberstehen mit einer solchen kennzeichnungskräftigen Marke einen höheren Schutzumfang (LG Hamburg MarkenR 2018, 277, 279 – Microsoft/Open-LIMS).

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Unter Kennzeichnungskraft ist der Grad der Identifikationswirkung beim Publikum zu verstehen, der den Stellenwert einer Marke auszeichnet (vgl Lange Rn 3406). Sie bemisst sich grds nach denselben Kriterien, die für die Unterscheidungskraft nach § 8 maßgeblich sind (EuGH GRURInt 1999, 734, 736 – Lloyd; GRUR 1999, 723, 727 – Chiemsee; Lange Rn 3406). Während bei der Unterscheidungskraft danach gefragt wird, „ob“ eine Marke überhaupt zur Unterscheidung von Waren geeignet ist, sagt die Kennzeichnungskraft etwas über die Höhe, das „Wie“ der Unterscheidungskraft aus (BGH GRUR 1997, 744, 746 – ECCO).

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Die Kennzeichnungskraft einer Marke ist grundsätzlich variabel. Sie kann sowohl in zeitlicher Hinsicht (vgl unten Rn 277) als auch hinsichtlich der einzelnen Waren, die mit ihr beworben werden (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder I; GRUR 1978, 170, 171 – FAN; Fezer § 14 Rn 389), variieren. Da sich die Kennzeichnungskraft verändern kann, kommt es wesentlich auf den maßgeblichen Zeitpunkt an; dieser ist im Widerspruchsverfahren der Tag der Anmeldung der jüngeren Marke (BGH GRUR 2003, 1044, 1045 – Kelly; GRUR 2002, 1067, 1069 – DKV/OKV), im Verletzungsverfahren das erstmalige Gegenüberstehen der Marken (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder I; GRUR 2003, 519, 521 – Knabberbärchen; GRUR 2001, 1161, 1162 – CompuNet/ComNet), was bei einer angemeldeten jüngeren Marke meist den Tag ihrer Anmeldung bedeutet (BGH GRUR 2004, 235, 237 – Davidoff II; GRUR 2003, 1044, 1045 – Kelly; GRUR 2000, 875, 876 – Davidoff I).

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Zunächst ist die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke zu prüfen (EuGH GRURInt 1999, 734, 736 – Lloyd), um sodann die Änderungen festzustellen, die durch das Marktverhalten des Markeninhabers und von Dritten sowie durch Einflüsse anderer Marken entstehen können. Die Kennzeichnungskraft wird regelmäßig in drei Stufen bemessen, nämlich der starken, der durchschnittlichen (oder normalen) und der schwachen Kennzeichnungskraft (vgl Lange Rn 3413).

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Für die Ermittlung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände des Einzelfalles heranzuziehen: die Eigenschaften, die die Marke von zu Hause aus besitzt, der Marktanteil der mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, die Intensität, die geografische Ausdehnung, die Dauer der Benutzung, der getätigte Werbeaufwand und der Bekanntheitsgrad der Marke (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 19 – Wunderbaum II, juris; GRUR 2013, 833 Rn 41 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2007, 1071 – Kinder II; GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder I; GRUR 2000, 890, 892 – IMMUNINE/IMUKIN; GRUR 1997, 221, 222 – Canon I; OLG Köln MarkenR 2009, 67, 68 – 1A Pharma/1 Pharma; EuGH GRUR 2005, 763 Rn 31 – Nestlé/Mars; GRURInt 2000, 73 – Chevy; GRURInt 1999, 727 – Chiemsee; GRUR 1998, 922, 923 – Canon; BGH GRUR 2003, 519, 521 – Knabberbärchen). Diese verschiedenen Kriterien sind dabei sowohl für sich genommen als auch in ihrer Gesamtheit daraufhin zu prüfen, welche Auswirkungen sie auf die Kennzeichnungskraft entfalten (EuGH ABlEU Nr C 142/8 v 7.6.2008 – Ferrero/Ferro). Es verbietet sich hingegen eine Bewertung an Hand genereller und abstrakter Angaben, wie etwa von festen Prozentsätzen (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 19 – Wunderbaum II, juris; EuGH GRUR 2014/ 776 Rn 44 – Sparkassen-Rot; GRUR 2999, 723 Rn 52 – Windsurfing Chiemsee).

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Bei der Kennzeichnungskraft handelt es sich um eine tatssächliche Feststellung, weshalb diese dem Tatrichter obliegt und der Revisionsinstanz lediglich offen steht, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zu Grunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 20 – Wunderbaum II, juris; GRUR 2004, 514, 515 – Telekom).

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