Читать книгу Außenwirtschaftsrecht - John Barker - Страница 137

Оглавление

§ 3 Zweigniederlassungen und Betriebsstätten

(1) 1Inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Ausländern und ausländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Inländern gelten als rechtlich selbstständig. 2Mehrere inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten desselben Ausländers gelten als eine inländische Zweigniederlassung oder Betriebsstätte.

(2) Handlungen, die von oder gegenüber Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten im Sinne des Absatzes 1 vorgenommen werden, gelten als Rechtsgeschäfte, soweit solche Handlungen im Verhältnis zwischen natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften Rechtsgeschäfte wären.

(3) Durch Rechtsverordnung aufgrund dieses Gesetzes oder durch vollziehbare Anordnung gemäß § 6 kann vorgesehen werden, dass

1. mehrere ausländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten desselben Inländers abweichend von Absatz 1 Satz 1 als ein Ausländer gelten,
2. inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten desselben Ausländers abweichend von Absatz 1 Satz 2 jeweils für sich als Inländer gelten,
3. Zweigniederlassungen und Betriebsstätten abweichend von § 2 Absatz 5 und 15 nicht als Ausländer oder Inländer gelten oder
4. Zweigniederlassungen und Betriebsstätten abweichend von § 2 Absatz 18 und 19 nicht als Unionsansässige oder Unionsfremde gelten.

Kommentierung

I.Inhalt und Bedeutung1

II.Historische Entwicklung2

III.Fiktion der Absätze 1 und 23 – 7

1.Fiktion des Abs 14, 5

2.Fiktion des Abs 26, 7

IV.Ermächtigungsgrundlage der Abweichung von den Fiktionen der Absätze 1 und 2 sowie einzelner Fiktionen des § 2 (Abs 3)8 – 14

I. Inhalt und Bedeutung

1

§ 3 ergänzt die Begriffsbestimmungen in § 2 Abs 5 bzw § 2 Abs 15 Nr 3 und 4. Die Begriffsbestimmungen regeln die Frage, wann eine Zweigniederlassung oder Betriebstätte als Inländer bzw Ausländer zu qualifizieren sind. § 3 stellt darüber hinaus die Fiktionen auf, dass inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Ausländern bzw ausländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Inländern als selbstständig gelten und bestimmte Handlungen gegenüber diesen Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten als Rechtsgeschäfte gelten. Im Ergebnis führt diese Vorschrift dazu, dass die vom AWG auferlegten Beschränkungen auch für grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Teilen ein und derselben juristischen Person (dh intracompany) gelten.

II. Historische Entwicklung

2

Diese Vorschrift wurde mit dem dritten Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahre 1976 als § 4a in das AWG eingefügt. Mit dem 13. Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahre 2009 wurden die im heutigen Abs 3 vorgesehenen Abweichungen zusätzlich durch vollziehbare Anordnung ermöglicht. Außerdem wurde dieser Absatz auch auf Gemeinschaftsansässige und Gemeinschaftsfremde erstreckt. Mit der 14. Gesetzesänderung des Außenwirtschaftsgesetzes wurde die Vorschrift im Wesentlichen an die Begriffe „inländisch“ und „ausländisch“ bzw „unionsansässig“ bzw „unionsfremd“ angepasst. Der erste Abs des § 4a aF wurde in die neuen Abs Abs 1 und Abs 2 aufgegliedert, inhaltlich ergaben sich keine Änderungen.

III. Fiktion der Absätze 1 und 2

3

Abs 1 und Abs 2 enthalten zwei verschiedene Fiktionsregelungen. Ausweislich der Gesetzesbegründung sind sie auf das Außenwirtschaftsrecht beschränkt.[1]

1. Fiktion des Abs 1

4

Abs 1 bestimmt, dass inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Ausländern als rechtlich selbstständig gelten. Gleiches gilt für ausländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Inländern. Dies führt dazu, dass außenwirtschaftsrechtlich betrachtet verschiedene Zweigniederlassungen bzw Betriebsstätten ein und derselben juristischen Person als verschiedene rechtliche Personen behandelt werden. Mit anderen Worten: Intracompany-Handlungen werden so betrachtet, als handele es sich um Handlungen zwischen zwei rechtlich selbstständigen Personen. Das hat zur Folge, dass die auferlegten Beschränkungen auch für grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Teilen ein und derselben juristischen Person gelten.

5

Mehrere inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten desselben Ausländers werden jedoch gem Abs 1 S 2 als eine inländische Zweigniederlassung oder Betriebsstätte behandelt. Das führt dazu, dass diese untereinander weiterhin als rechtliche Einheit behandelt werden und nicht von der Fiktion des S 1 erfasst werden.

2. Fiktion des Abs 2

6

Daneben ordnet Abs 2 an, dass Handlungen, die von oder gegenüber Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten iSd Abs 1 vorgenommen werden, als Rechtsgeschäfte gelten, soweit solche Handlungen im Verhältnis zu zwischen natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften Rechtsgeschäfte wären. Damit können Intracompany-Transaktionen zwischen rechtlichen unselbstständigen Unternehmensteilen zum einen außenwirtschaftsrechtlichen Beschränkungen unterliegen, die an die Ansässigkeit im In- oder Ausland anknüpfen und zum anderen auch solchen Beschränkungen, die an das Vorliegen von Rechtsgeschäften anknüpfen.[2] In der Praxis bereitet die Anwendung dieser Vorschrift zum Teil erhebliche Schwierigkeiten, da im Intracompany-Verkehr auch Transaktionen erfolgen, die kein Pendant im Verhältnis zwischen natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften als Rechtsgeschäften haben.

7

Teilweise wird davon ausgegangen, dass diese Vorschrift auf den Kapital- und Zahlungsverkehr zugeschnitten sei.[3] Gerade die Vorschriften für den Kapital- und Zahlungsverkehr knüpfen jedoch nicht an den Tatbestand des Rechtsgeschäftes an. Es ist daher eher davon auszugehen, dass beispielsweise Einzeleingriffe gem § 6 Abs 1 sich nicht nur auf Rechtsgeschäfte zwischen rechtlich selbstständigen Personen beziehen können sollen, sondern auch auf vergleichbare Handlungen zwischen in- und ausländischen Niederlassungen derselben juristischen Person.[4]

IV. Ermächtigungsgrundlage der Abweichung von den Fiktionen der Absätze 1 und 2 sowie einzelner Fiktionen des § 2 (Abs 3)

8

Abs 3 ermächtigt die Exekutive, von den Fiktionen in Abs 1 bzw Abs 2 und auch von den Begriffsbestimmungen in § 2 Abs 5 und 15 bzw 18 und 19 bestimmte abweichende Regelungen zu treffen.

9

Diese Abweichungen müssen durch Rechtsverordnungen aufgrund des AWG, also etwa in der AWV oder durch vollziehbare Anordnung gem § 6 geregelt werden. Von dieser Ermächtigungsgrundlage wurde bisher lediglich in § 55 AWV Gebrauch gemacht, der im Zusammenhang mit dem Prüfverfahren für unmittelbare und mittelbare ausländische Unternehmenserwerbe steht. Nach § 55 Abs 2 S 2 AWV gelten Zweigniederlassungen und Betriebsstätten eines unionsfremden Erwerbers abweichend von § 2 Abs 18 Nr 3 und 4 nicht als unionsansässig.

10

Im Einzelnen erlaubt Abs 3 folgende Abweichungen: Gem Abs 3 Nr 1 kann geregelt werden, dass mehrere in verschiedenen Staaten befindliche ausländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten desselben Inländers abweichend von Abs 1 S 1 als ein einziger und nicht als mehrere verschiedene Ausländer gelten. Dies würde erlauben, dass die ausländischen Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten insgesamt nicht von der Fiktion erfasst werden und als einheitliche juristische Person behandelt werden. Allerdings verbleibt es dabei, dass Inlandsunternehmen und ausländische Zweigniederlassungen bzw Betriebsstätten jeweils zwei getrennte Einheiten sind und auf den Rechtsverkehr zwischen diesen das AWG Anwendung findet.

11

Gem Abs 3 Nr 2 können mehrere inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten desselben Ausländers abweichend von Abs 1 S 2 jeweils für sich als Inländer gelten. Abs 1 S 2 fasst mehrere inländische Zweigniederlassungen und Betriebsstätten in der Fiktion als eine inländische Zweigniederlassung oder Betriebsstätte zusammen. Diese Zusammenfassung kann wieder aufgehoben werden. Dies hätte zur Folge, dass zwischen inländischen Zweigniederlassungen und Betriebsstätten die in Abs 1 S 1 angeordnete Fiktion wieder gilt, nämlich, dass diese untereinander als rechtlich selbstständig behandelt werden, obwohl sie dies nicht sind.

12

Abs 3 Nr 3 sieht vor, dass Zweigniederlassungen und Betriebsstätten abweichend von der Begriffsbestimmung in § 2 Abs 5 bzw Abs 15 nicht als Ausländer oder Inländer gelten. Dies führt rechtlich dazu, dass § 2 Abs 15 Nr 2 einschlägig ist, nach dem nur juristische Personen mit Sitz oder Ort der Leitung im Inland als inländisch zu behandeln sind. Alle anderen juristischen Personen und deren im Inland befindliche Zweigniederlassungen und Betriebsstätten sind dann gem § 2 Abs 5 ausländisch.

13

Gem Abs 3 Nr 4 kann vorgesehen werden, dass Zweigniederlassungen und Betriebsstätten abweichend von § 2 Abs 18 und 19 nicht als Unionsansässige oder Unionsfremde gelten. Nach diesen Vorschriften sind Unionsansässige auch Zweigniederlassungen juristischer Personen, deren Sitz oder Ort der Leitung in einem Drittland liegt, wenn sie ihre Leitung in der Europäischen Union haben und es für sie eine gesonderte Buchführung gibt. Betriebsstätten juristischer Personen aus Drittländern sind unionsansässig, wenn sie ihre Verwaltung in der Europäischen Union haben (§ 2 Abs 18 Nr 3, Nr 4). Dies führt dazu, dass auch die in der Europäischen Union befindlichen Zweigniederlassungen und Betriebsstätten als unionsfremd gelten.

14

Von dieser Möglichkeit der abweichenden Bestimmungen wurde in § 55 Abs 2 S 2 AWV Gebrauch gemacht: Danach gelten Zweigniederlassungen und Betriebsstätten eines unionsfremden Erwerbers für die Zwecke der Beschränkung der Kontrolle eines Unternehmenserwerbs auf die Missbrauchskontrolle gem § 55 Abs 2 AWV nicht für Unternehmen, die eine Zweigniederlassung mit Leitung in der EU haben oder für Unternehmen, die eine Betriebsstätte mit Verwaltung in der EU haben. Für diese Unternehmen gilt vielmehr der volle Kontrollumfang des Unternehmenserwerbes gem § 55 Abs 1 AWV. Hiermit soll verhindert werden, dass weltweit operierende Unternehmen, die häufig eine dauerhafte Niederlassung in der Europäischen Union unterhalten, als unionsansässig zu qualifizieren sind und damit nur der eingeschränkten Kontrolle von § 55 Abs 2 AWV unterliegen.[5]

Außenwirtschaftsrecht

Подняться наверх