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2. Beschränkungen des Erwerbs inländischer Unternehmen bei Gefahr für öffentliche Ordnung und Sicherheit (Abs 2)
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Dieser Absatz betrifft die Beschränkung des Unternehmenserwerbs und ersetzt § 7 Abs 2 Nr 6 aF. Nähere Einzelheiten hierzu regeln die §§ 55 ff AWV. Der Begriff des Unternehmens ist rechtsformneutral auszulegen und umfasst alle Kapital- und Personengesellschaften.[14] Ein Erwerb liegt vor, wenn Gesellschafts- oder Kapitalanteile ganz oder teilweise auf den Erwerber übergehen, unabhängig ob dies in Form eines Asset Deals oder eines Share Deals geschieht. Hingegen dürfte bei Stimmrechtsvereinbarungen nicht von einem Erwerb auszugehen sein,[15] da die Stimmrechtsvereinbarung die Gesellschafterstruktur unbeeinträchtigt lässt. Ein Erwerb kann aber dann vorliegen, wenn ohne Übergang von Gesellschaftsanteilen die Verfügungs- und Entscheidungsbefugnisse für ein unternehmerisches Tätigwerden in anderer Weise auf den Erwerber übergehen, zB durch Unternehmenspacht.
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Erfasst werden nur Erwerbe durch Unionsfremde iSv § 2 Abs 19, also durch Personen und Personengesellschaften, die nicht Unionsansässige iSv § 2 Abs 18 sind. § 5 Abs 2 S 3 stellt klar, dass Erwerber aus EFTA-Mitgliedstaaten, das heißt Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz, unionsansässigen Erwerbern gleichgestellt werden und daher keinen Einschränkungen unterliegen. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Regelung mit der Niederlassungsfreiheit aus Art 49 Abs 1 AEUV vereinbar ist.
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Der Erwerb durch Unionsfremde kann dann Beschränkungen unterworfen werden, wenn eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland iSv § 4 Abs 1 Nr 1 vorliegt. § 5 Abs 2 S 2 konkretisiert dies dahingehend, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung voraussetzt, die die Grundinteressen der Gesellschaft berührt. Dies erlaubt die Kontrolle beim Erwerb kritischer Infrastrukturen, Technologien und Ressourcen iSv Art 4 Abs 1 VO (EU) 2019/452. Nur unter diesen restriktiven Voraussetzungen dürfen nach Art 63 Abs 1 AEUV Beschränkungen des Kapitalverkehrs vorgenommen werden.
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Die Erste AWG-Novelle sieht insoweit wesentliche Änderungen vor. In Umsetzung der EU-Screening-VO soll es nach Abs. 2 S 1 künftig ausreichend sein, wenn eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur in Bezug auf einen anderen Mitgliedstaat der EU besteht. Damit wird eine Beschränkung auch dann möglich, wenn keine Beeinträchtigung von Interessen der Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Zudem soll die Gefahrschwelle in Umsetzung der EU-Screening-VO erheblich abgesenkt werden. Beschränkungen sollen künftig schon möglich sein, wenn die öffentliche Ordnung und Sicherheit voraussichtlich beeinträchtigt wird. Damit wird zum einen die Notwendigkeit einer prognostischen Beurteilung unterstrichen, die der Investitionskontrolle ohnehin immanent ist. Zum anderen erlaubt künftig bereits jede negative Auswirkung eines Unternehmenserwerbs dessen Untersagung. Ein bestimmter Schweregrad der Beeinträchtigung wird nicht mehr gefordert. Für die Beurteilung des Vorliegens einer Beeinträchtigung kann dabei insb auf die in Art 4 VO (EU) 2019/452 genannten Faktoren zurückgegriffen werden. Dabei kann eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit schon dann bestehen, wenn der Erwerber von der Regierung eines Drittlands kontrolliert wird, sei es auch nur in Form beträchtlicher Finanzausstattung.