Читать книгу Außenwirtschaftsrecht - John Barker - Страница 249
3. Aufhebungsverlangen des Bundestages (Abs 4 S 3)
Оглавление18
Die Beteiligungsmöglichkeit des Bundestags geht über die Möglichkeit einer Stellungnahme hinaus. Gem Abs 4 S 3 kann der Bundestag den Verordnungsgeber innerhalb von vier Monaten nach Verkündung der Verordnung dazu auffordern, die erlassene Verordnung aufzuheben.
19
Dieses Kassationsrecht des Bundestags ist verfassungsrechtlich umstritten. In Art 80 GG sind Verordnungen, denen der Bundestag zustimmen muss, nicht vorgesehen. Wie das BVerfG geht auch das Schrifttum weitgehend von der Verfassungsmäßigkeit aus. Zentrales Argument hierfür ist ein de majore ad minus-Schluss.[21] Da grundsätzlich Gesetzgebung durch die Legislative zu erfolgen hat, führt Rechtsetzung durch die Exekutive zu einer Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung. Im Vergleich zu einer vollen Delegation, die Art 80 Abs 1 GG ermöglicht, stellt die Delegation mit Zustimmungsvorbehalt eine weniger starke Abweichung vom Grundsatz der Gesetzgebung durch die Legislative dar. Teilweise wird auch die überwiegende Staatenpraxis als Indiz für die Zulässigkeit eines Kassationsvorbehalts angenommen.[22] Um Klarheit in die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Kassationsvorbehalts zu bringen, wird zum Teil gefordert, ihn in Art 80 GG aufzunehmen.[23]
20
In der Ursprungsfassung des AWG hatte die Kassation noch binnen drei Monaten zu erfolgen. In der aktuellen Fassung sind es vier Monate. Diese Frist beginnt mit Verkündung der Verordnung im BGBl bzw im BAnz. Änderungsverordnungen zur AWV werden idR im BAnz veröffentlicht.[24] Auf Grund dieses Anfangstermins hängt die Frist nicht vom Datum der Zuleitung ab und lässt sich auch von Dritten ermitteln.[25]
21
Gem § 27 Abs 2 S 3 kann der Bundestag die Aufhebung nur verlangen. Er kann sie nicht selbst herbeiführen. Zur Aufhebung der Verordnung muss der Verordnungsgeber selbst tätig werden und die Verordnung in einer weiteren Verordnung aufheben. Dies muss unverzüglich geschehen. Es steht dem Bundestag offen, ob er eine gesamte Verordnung oder nur einen Teil kassiert. Kommt der Verordnungsgeber dem Verlangen des Bundestags nicht nach, hat der Bundestag die Möglichkeit, den Regelungsgegenstand durch Gesetz, das nach der Normenhierarchie der Verordnung vorgeht, den Regelungsgegenstand wieder an sich zu ziehen. Der einschlägige Rechtsweg für einen Streit über die mangelnde Befolgung eines Aufhebungsverlangens wäre der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs 1 VwGO.[26] Obwohl es sich um einen Streit zwischen Verfassungsorganen handelt, wäre es keine verfassungsrechtliche Streitigkeit, da die in Rede stehenden Rechte in § 12 nur einfachgesetzlich verliehen werden.
22
Diskussionen zur Folge einer Nichtbeachtung eines Aufhebungsverlangens des Gesetzgebers sind lediglich theoretischer Natur, da es in der Praxis idR nicht zu Aufhebungsverlangen kommt. Dies liegt unter anderem daran, dass die Fraktionen der Regierungsparteien, die regelmäßig auch über die für ein Aufhebungsverlangen notwendigen Parlamentsmehrheiten verfügen, wenn erwünscht, bereits im Vorfeld des Verordnungserlasses in den Beratungsprozess einbezogen werden können.[27] Daher sind auch Anträge der Opposition, mit denen die Aufhebung einer Verordnung erzielt werden soll, wenig erfolgversprechend.
23
Gem Abs 5 gelten die Notifizierungspflicht, die Stellungnahmemöglichkeit des Bundesrats sowie der Kassationsvorbehalt des Bundestags nicht, wenn neue Rechtsverordnungen gem § 4 Abs 2 erlassen werden, denen die gesetzgebenden Organe bereits per Bundesgesetz zugestimmt haben. Auf Grund des geringen Spielraums der Bundesrepublik Deutschland bei der Umsetzung der in § 4 Abs 2 genannten zwischenstaatlichen Verpflichtungen ist in diesen Fällen das Interesse an einer weiteren Beteiligung von Bundesrat und Bundestag gering.
24
Über Abs 4 S 3 hinaus sind Rechtsverordnungen auch dann aufzuheben, wenn sie nicht mehr erforderlich sind. Diese Selbstverständlichkeit ist explizit in § 4 Abs 4 S 4 geregelt, wonach Beschränkungen aufzuheben sind, sobald und soweit die Gründe, die ihre Anordnung rechtfertigen, nicht mehr vorliegen. Das Gleiche folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Verordnungen, die die Aufhebung beschließen, müssen ebenfalls nach § 12 erlassen werden. Die Aufhebung einer Verordnung erfolgt idR ex-nunc.