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Die Grenzen monologischer Kommunikation

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Am aufschlussreichsten ist es, mit dem Beispiel einer missglückten Rede anzufangen, mit einem zwar optimal gestalteten Vortrag, der aber sein Publikum nicht erreicht hat, weil es nicht gelang, den Monolog zu durchbrechen. Es handelt sich um eine der berühmtesten Reden aus der jüngeren deutschen Geschichte – die Ansprache des Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger am 50. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938. Jenninger, der den Nationalsozialismus in aller Klarheit verurteilte, versuchte nachvollziehbar zu machen, worin dessen Faszination für die Deutschen bestanden hatte und was sie zum Mitmachen motiviert hatte. Die Rede empörte viele, die sie live anhörten, weil es schien, als ob Jenninger die Quellen, die er wiedergab, kritiklos akzeptierte.

Jenninger führte sehr ausführlich Texte aus den 1930er-Jahren an, unter anderem eine verstörend lange Passage aus einer Rede von Heinrich Himmler, seines Zeichens „Reichsführer SS“. Es waren Zitate, aber der Tonfall ließ eine Distanzierung nicht erkennen. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch ein Bild, das um die Welt ging und viele Missverständnisse provozierte: Man sah Jenninger am Rednerpult und daneben die Schauspielerin Ida Ehre, die soeben gesprochen hatte. Sie hatte den Kopf geneigt und hielt sich beide Hände vor das Gesicht. Man nahm das allgemein als Ausdruck ihres Entsetzens über den Inhalt der Rede. In Wirklichkeit war sie einfach erschöpft und, wie später klar wurde, in Gedanken gar nicht bei Jenningers Rede.

Viele, die im Publikum saßen und sich ohnehin als die besseren Antifaschisten verstanden, waren nicht in der Lage, Jenningers Bemühungen anzuerkennen. Und Jenninger selbst war es in diesem Rahmen einer Feierstunde nicht möglich, Signale aus dem Publikum wahrzunehmen und zu deuten. Heute wird die Rede, aus der Distanz und aufgrund ihrer schriftlichen Gestalt, durchweg anders beurteilt. An ihrer antifaschistischen Haltung wird nicht mehr gezweifelt, man hebt sogar die Differenziertheit ihrer Analyse hervor.65

Wenn man sich nur spielerisch vorstellt, dass bei einer solchen Veranstaltung das Publikum einbezogen werden könnte, dann hätten sich die Missverständnisse sofort geklärt. Man hätte zurückgefragt – „Meinst du das wirklich so?“ – und der Redner hätte die Chance gehabt, das Gemeinte zu wiederholen oder zu verdeutlichen. In jeder anderen, nichtöffentlichen Redesituation wäre es normal gewesen, Ida Ehre zu fragen: Wie geht es dir? In diesem Akt des symbolischen Gedenkens aber war ein solcher Einbezug menschlicher Reaktionen nicht vorgesehen.

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