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Die Verherrlichung des Monologs

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Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen man mal die Klappe halten und zuhören sollte. Aber auf Dauer besteht erfolgreiche Kommunikation in Rede und Gegenrede, in wechselseitigem Zuhören. Klassische Monologsituationen werden denn auch selten aufgrund der Fähigkeit des Redners, auf sein Publikum zu hören, beurteilt. Man konzentriert sich stattdessen auf die kurzfristige Wirkung, die er ausübt oder auszuüben scheint. Erfolgreiches Reden wird als „Willensbeeinflussung“73 verstanden; es ist „auf Überzeugung ausgerichtet“74 – meist ohne zu fragen, ob es wirklich möglich ist, mit einer einzigen Rede die Menschen umzustimmen oder ob dies überhaupt wünschenswert ist.

Natürlich lassen sich monologische Botschaften am leichtesten inszenieren und je autoritärer der Rahmen ist, desto nachhaltiger wirken sie: Der Diktator ruft zum Krieg auf, die Zuhörenden schreien „Hurra“. Der Kommandant ruft: „Feuer!“, die Soldaten zünden die Geschütze.

Als Beispiele für gelungene Überzeugungsreden werden oft spektakuläre Beispiele genannt, die einen momentanen Stimmungswechsel bewirkt haben. In einer Gemeinschaft, die sich unter dem Zeichen der Gleichberechtigung trifft, ist dies jedoch wenig konstruktiv.

So bewundern viele die Rede des deutschen Außenministers Joschka Fischer beim außerordentlichen Parteitag der Grünen 1999. Die NATO bereitete sich vor, Serbien anzugreifen, um die Menschenrechtverletzungen, Ermordungen und Vertreibung zu beenden, allerdings, ohne dass der „Bündnisfall“, ein Angriff auf einen NATO-Staat, eingetreten wäre, und ohne UN-Mandat. Die rot-grüne Bundesregierung der BRD sah sich genötigt, bei diesem Krieg mitzumachen, nicht nur aus Gründen der Humanität, sondern auch um der eigenen Machterhaltung willen.75 In seinen eigenen Worten ging es darum, ob er „gestärkt aus dem Parteitag hervorging“76 oder nicht. In einer aufgeheizten Atmosphäre plädierte Fischer für die Unterstützung seiner Parteigenossen. Immerhin war es der erste deutsche Kriegseinsatz nach dem Zweiten Weltkrieg, und die Zeit, als Fischer noch selbst der Bundeswehr kritisch gegenüberstand, war noch nicht lange her.

Nach der Rede (mit dem später sprichwörtlich gewordenen Ruf: „Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz; nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus!“77) wurde seine Position mit 444 zu 318 Stimmen bestätigt.78 Fischers Taktik wurde später als unredlich bezeichnet, weil er wesentliche Informationen zurückgehalten hatte, die Gegenargumente geliefert hätten.79 Im Kabinett hatte man eine Entscheidung getroffen; die Meinungen der Basis sollte diese nicht mehr beeinflussen. Ein Angebot zum Dialog war die Rede nicht.

Karl-Heinz Göttert, Kenner der Rhetorikgeschichte und Verfasser eines Buchs über „Redemacht“, sieht sie in anderem Licht. Er versteht Fischer als Nachfolger des römischen Populisten Cicero und lobt: „Welche Rede soll besser sein als diejenige, die in fast hoffnungsloser Situation überredet?“80 Das Prinzip der Rhetorik ist für ihn „die fixe Idee des Überwältigens durch (Anwendung von) Kunst.“81

Wer einen solchen Monolog preisen will, braucht eine Vorannahme, nämlich die, dass „die Grünen“ insgesamt dem Krieg ablehnend gegenüberstanden. „Eine Mehrheit für die nachträgliche Befürwortung des NATO-Einsatzes schien unmöglich.“82 Dann kam Fischers Rede. Dann kam die Abstimmung, und die Mehrheit war dafür. „Fischer hatte den Umschwung mit überzeugenden Argumenten herbeigeführt, aber auch mit einer Sprache, die Autorität ausstrahlte,“ so Göttert.83 Genau dies gehört aber zum Mythos von der Macht der Rede: das „Überwältigen“ durch eine in den Saal gebrüllte, leidenschaftliche Rede (mit Pauschalverurteilungen, Halbwahrheiten und abstrusen Vergleichen, die einen zumindest aus der Distanz erschauern lassen können). Wenn es möglich wäre, mit einer Rede allein ein Nein in ein Ja zu verwandeln, wäre es nicht Kommunikation unter Gleichberechtigten, sondern Propaganda, Indoktrination.84

Konstruktive Rhetorik

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