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Der Monolog als Symbol

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Das Schicksal von Jenningers Rede ist ein drastisches Beispiel für das Dilemma, das mit jeder öffentlichen Redeveranstaltung verbunden ist: Man will zwar zum Diskurs beitragen, aber das Modell, das dafür zur Verfügung steht, ist die One-Man-Show. Einer spricht, die anderen hören zu und interpretieren, was sie hören, nach Gutdünken. Und bei einer Gedenkveranstaltung ist der Spielraum für eine andere Vorgehensweise minimal klein. Als Vorlesung vor einem Publikum, das mitdenkt und mitdiskutiert, wäre diese Rede wohl möglich gewesen. Dass sie sogar vorgetragen werden konnte, ohne Anstoß zu erregen, demonstrierte ein Jahr später Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er las mit wenigen Abstrichen denselben Text bei einer Veranstaltung in einer Frankfurter Synagoge. Das Resultat: „Keiner hat was gemerkt.“66

Dies hat aber wohl nur deshalb funktioniert, weil die Funktion der Rede nicht auf einen symbolischen Akt reduziert war. Es war eine Bereitschaft da, vorurteilsfrei zuzuhören. Je ritueller aber die Veranstaltung ist, desto stärker die Distanz zwischen Redner und Publikum desto ausgeprägter der monologische Charakter. In vielen anderen Fällen, außerhalb der Festrede, lässt sich der Monolog aufbrechen, lassen sich dialogische Elemente einbauen. Das Problem dabei ist nur, dass das symbolische Reden von vielen als Vorbild genommen wird und auch auf andere Redeweisen übergreift, bei denen die abgeschlossene Form und der Verzicht auf den Austausch mit dem Publikum eher nachteilig ist.

Konstruktive Rhetorik

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