Читать книгу Sich einen Namen machen - Julia Moira Radtke - Страница 22
2.1.8 Zusammenfassung
ОглавлениеGraffiti wird als Bezeichnung für technisch und visuell ganz unterschiedlich gestaltete Werke verwendet. Beim Szenegraffiti handelt es sich jedoch um eigenständige Formen öffentlicher, ortsfester Schriftlichkeit, die von anderen Formen, die mitunter ebenfalls als Graffiti bezeichnet werden, abzugrenzen sind. Die Eigenständigkeit des Szenegraffitis lässt sich an verschiedenen Eigenschaften und Aspekten festmachen, die hier – unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse der verschiedenen linguistischen Forschungsfelder – dargestellt wurden.
Dabei wurde u.a. die besondere Bildlichkeit des Szenegraffitis herausgestellt, die – das ließ sich auch den Aussagen der Writer entnehmen – für die Graffitiwerke konstitutiv ist. Darüber hinaus wurde erläutert, dass es sich beim Graffitiwriting um eine Praktik handelt, da sich die Writer routiniert in bestimmten Räumen bewegen und dort bestimmte Handlungen ausführen, die in der Graffitiszene funktional und sinnhaft sind. Graffitis sind in dieser Perspektive Artefakte, deren Form (auch) durch die Gegebenheiten ihrer Herstellung bestimmt wird. So wirken sich beispielsweise die räumlich-situativen, physischen und sozialen Bedingungen der Praktik auf die visuelle Erscheinung der Graffitis aus.
Des Weiteren wurde hier dargestellt, dass Graffitis Formen von ortsfester, öffentlicher Schriftlichkeit sind, weil sie im öffentlichen Raum angebracht werden und für den Verbleib an ebendiesem Ort konzipiert sind. Beim Szenegraffiti besteht jedoch kein semantischer Bezug zum Ort: Sie können auch an anderen Orten positioniert werden, ohne dass sich dadurch ihr Sinn verändert. Allerdings ist es der Anbringungsort, der Graffitis überhaupt zu transgressiven Zeichen macht. Angebracht auf legalen Flächen sind Graffitis nicht transgressiv.
Als ortsfeste, öffentliche Schriftlichkeit, die typischerweise handschriftlich angebracht wird, gehört auch die Vergänglichkeit zu den Kennzeichen der Szenegraffitis. Sie verbleiben an ihrem Entstehungsort nicht dauerhaft und sind damit ein ephemeres Phänomen. Diese Vergänglichkeit versuchen die Writer dadurch zu kompensieren, dass sie ihre Werke fotografieren und im Internet präsentieren.1