Читать книгу Sich einen Namen machen - Julia Moira Radtke - Страница 37

3.1. Positionierung im System der Sprache

Оглавление

Namen sind sprachliche Zeichen: Sie setzen sich in alphabetischen Schriftsystemen aus Buchstaben zusammen, können geschrieben und gesprochen werden, können wie andere lexikalische Elemente aus anderen Sprachen entlehnt sein und unterliegen den Regeln der syntaktischen Verknüpfung (FLEISCHER 1992: 45).1 Im System der Wortarten gehören sie zu den Substantiven. NÜBLING ET AL. verorten sie zudem unter den Konkreta, wo sie in direkter Nachbarschaft zu den Appellativen (z.B. Tisch, Auto, Haus), Stoffbezeichnungen (z.B. Wasser, Holz, Öl) und Kollektiva (z.B. Familie, Herde, Adel) stehen (2015: 28).2 In DUDEN – „Die Grammatik“ wird jedoch darauf hingewiesen, dass es „nicht angemessen [ist], Eigennamen als eine Unterklasse der Konkreta zu betrachten“, weil auch Nichtgegenständliches, z.B. geschichtliche Ereignisse (der schwarze Freitag), benannt werden (2016: 150). Auch Namen für Naturphänomene wie Hochdruckgebiete oder tropische Wirbelstürme lassen sich kaum als Konkreta fassen. Allerdings lässt sich sagen, dass mit den Personennamen, Tiernamen, Ortsnamen und Objektnamen sicherlich der Großteil der Namen auf konkrete Objekte verweist.

Namen weisen gegenüber den anderen Unterklassen der Substantive funktionale – und häufig auch formale – Besonderheiten auf.3 Insbesondere ihre Referenzleistung unterscheidet sie von den anderen Substantiven. NÜBLING ET AL. bezeichnen Namen daher auch als „Luxuskategorien“, weil sie – anders als Appellative, Kollektiva und Stoffbezeichnungen – „eine exklusive 1:1-Beziehung zwischen einem Ausdruck und einem Objekt herstellen“ (2015: 22, Hervorh. i.O.). Dieser Luxus erfordert vom Sprecher allerdings einen hohen kognitiven Aufwand: Die Verbindung zwischen dem Namen und dem Objekt muss bekannt sein. Wie WIPPICH in Bezug auf Personennamen erläutert, besteht die Kompetenzbelastung dabei weniger im Abspeichern des Namens, sondern vielmehr in der „Verknüpfung des Namen[s] mit anderen Merkmalen der Zielperson, wobei vor allem sensorische Informationen (über das Aussehen, die Stimme etc.) und semantische Informationen (Beruf, Herkunft etc.) relevant sind“ (1995: 490).

Die Verknüpfungen von Namen zu Objekten werden ein Leben lang gelernt, womit sich Namen konträr zu anderen Wortarten verhalten, deren Erwerb ab einem gewissen Alter nahezu abgeschlossen ist (NÜBLING ET AL. 2015: 12). Weil das menschliche Gedächtnis über begrenzte Kapazitäten verfügt, können allerdings nicht unendlich viele Name-Objekt-Verknüpfungen gespeichert werden. Somit können nicht alle Gegenstände einen Namen erhalten. Benannt werden daher nur ausgewählte Objekte wie etwa Menschen, Siedlungen und Länder. Bei anderen Objekten ist entscheidend, wie häufig auf sie referiert wird, ob sich die Namenvergabe also lohnt (WERNER 1995: 477). So werden Tiere nur unter bestimmten Bedingungen benannt, wenn sie beispielsweise als Haustiere in enger Beziehung zum Menschen leben.4 Auch bei Mauern oder Felsen ist ihre Relevanz für den Menschen ausschlaggebend dafür, ob sie benannt werden oder nicht. Auf Tiere wie Bienen, die nicht benannt werden, wird stattdessen mit anderen Verfahren referiert, z.B. mit deiktischen Ausdrücken oder definiten Beschreibungen (WERNER 1995: 477).

Namen werden in vielen Publikationen in Kontrast zu den Appellativen beschrieben.5 Dies ist sinnvoll, weil im System einer Sprache „die sprachlich relevanten Eigenschaften und der Stellenwert sprachlicher Elemente nur bestimmt werden können, wenn ihre Beziehungen zu den anderen Elementen des Systems betrachtet werden“ (LINKE ET AL. 2004: 36). Die Beziehung zu den Appellativen ist für eine Betrachtung von Namen besonders relevant, weil sie der gleichen Wortart angehören und ebenfalls auf Objekte referieren. Die „Verwandtschaft“ ergibt sich auch dadurch, dass Namen diachron betrachtet mehrheitlich aus Appellativen hervorgegangen sind (NÜBLING ET AL. 2015: 31).6 Gleichzeitig eignet sich die kontrastive Betrachtung der Namen, um funktionale und formale Unterschiede zu den Appellativen herauszustellen, weshalb diese Vorgehensweise auch in dieser Arbeit gewählt wird.

Sich einen Namen machen

Подняться наверх