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Akkusationstransformation

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Während in der (griechischen) Antike ein unpersönliches Schicksal ob des eigenen Geborenseins gescholten wird, wird seit Hiob und Jeremias ein personaler Gott als Daseinstäter angeklagt und zur Rechenschaft gezogen. In dem Maße, in dem seit der Aufklärung eine Emanzipation von Gott stattfindet – kulminierend in der Rede vom Gottestod – werden die sich fortzeugenden Menschen zu den anzuklagenden Daseinstätern.

Wir behandeln diese Akkusationstransformation in Gestalt der ihr korrespondierenden Dizeetransformation: Ging es zunächst darum, in Anbetracht der Übel Gott zu verteidigen, der eine übelhaltige Welt schuf und Menschen in sie hineinsetzte, so muss es aufgeklärten Menschen darum gehen, jene Menschen zu verteidigen, die Menschen in eine unzuträgliche Welt hineinzeugen. Zur Illustration zitieren wir die beiden ersten Strophen aus Wildgans‘ (1881–1932) Gedicht „Der arme Narr betet“:

„Du bist so groß, mein Gott, so stark und gut! / Nimm dich denn auch des armen Narren an – / Tauge ich nichts, ich bin nicht schuld daran: / Du mischtest selbst mir Mark, Gehirn und Blut.

Den Kopf voll Träumen, eine hohe Welt, / Im Herzen eine tolle Leidenschaft, / Und in den Knochen keinen Funken Kraft – / So hast du mich in dieses Sein gestellt.“ (Wildgans, Gedichte, S. 74)

Im Zuge der Gottesimplosion entfällt der bisher leistungsfähigste Schuldableiter. In den Vordergrund treten die Eltern, die ihre Nachkommen „anmischen“ und in dieses Sein stellen, in dem sie zu Taugenichtsen werden mögen.

Gotteskindschaft, Kriminatalität

Antinatalismus

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