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Historisch informierter Antinatalismus

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Wir vertreten einen historisch informierten Antinatalismus. Was bedeutet, dass wir die dokumentierte bisherige Geschichte als unseren besten Informanten für die Conditio in/humana ernstnehmen. Die überlieferte Geschichte bietet für uns keinen vernünftigen Anlass zur Hoffnung dafür, dass „der Menschheit“ oder auch nur der überwiegenden Mehrzahl aller Menschen eine von Gerechtigkeitsprinzipien bestimmte, geschweige denn eine „goldene“ Zukunft bevorstehen könnte. Da niemand in die Zukunft zu blicken vermag, halten wir uns an die Vergangenheit und an die Gegenwart und extrapolieren: Ende des 19. Jahrhunderts wurde registriert, dass die naturwissenschaftlich instruierten Produktions- und Distributionstechniken einen Stand erlangt hatten, der es der gesamten Menschheit erlauben würde, ein befriedetes Dasein zu führen. Man verkündete die Machbarkeit des Utopischen, dessen Inaugurierung zu angeblich sozialistischen – in Wahrheit staatskapitalistischen – Gesellschaften führte, die ihre eigenen Bevölkerungen für das Glück einer unbestimmten Zukunft in Geiselhaft nahmen und somit die Vorstellung von einem befriedeten Dasein pervertierten.

Die Verheißungen des 19. Jahrhunderts und frühere Utopien sind nicht zuletzt deswegen nicht umsetzbar, weil der ins Riesenhafte angewachsene technologische Fortschritt – auf dem die Vorstellung von einem zufriedenen Zeitalter gründet – die für alle Verheißungen unabdingbaren Rohstoffe rasch zum Versiegen bringt oder seine Abfallprodukte die natürliche Basis pflanzlicher, tierischer und menschlicher Organismen unterminieren. Ganz zu schweigen davon, dass der gefeierte und nicht zu bestreitende Fortschritt von Produktivkräften immer auch einer Weiterentwicklung von Destruktivkräften Tür und Tor öffnet – wo es nicht ohnedies so ist, dass zivile Anwendungen sich erst im Fahrwasser einer weiterentwickelten Destruktivtechnologie ergeben haben (Destruktivkraftentwicklung).

Der mittlerweile recht unbekannte belgische Literatur-Nobelpreisträger von 1911, Maurice Maeterlinck (1862–1949), stellt mit einem noch größeren Unbekannten die Frage nach Gründen für Perpetuierung der Menschheit in den Raum: „WARUM, so fragt Georges Poulet in seinem unbekannten Meisterwerk ‚Nichts ist’, warum das Dasein einer Gattung verlängern, deren Entwicklung nur ihre Leidfähigkeit vermehrt?“ (Maeterlinck, Vor dem großen Schweigen, S. 134)

Eine überaus prägnante Fassung des historisch informierten Antinatalismus bietet Isaac Bashevis Singer (1902–1991): „The thought of raising children seemed absurd to him. Why prolong the human tragedy?“ (The Letter Writer, S. 265)

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