Читать книгу Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen - Katharina Becker - Страница 122

1. Inhalt und Bedeutung

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Im int Wettbewerb der niedrigen Steuersätze versuchen zahlreiche Länder durch Sondermaßnahmen dem Verlust von Steuersubstrat als Resultat des Wohnsitzwechsels natürlicher Personen entgegenzuwirken. In vielen Besteuerungssystemen ist der Gedanke verwirklicht, wegziehende Staatsangehörige – zumindest für eine beschränkte Zeit – in der heimischen StPfl zu belassen. Dafür wird aber idR eine verlängerte unbeschränkte StPfl verwendet. Manche Steuerrechtssysteme (insb die USA) gehen sogar soweit, die Welteinkommensbesteuerung zeitlich unbegrenzt allein oder erg an die Staatsangehörigkeit anzuknüpfen. Daneben kennen eine größere Zahl von Staaten eine zeitlich begrenzte Verlängerung der unbeschränkten StPfl für Auswanderer, die aus Gründen der Praktikabilität oft auf „lohnende“ Fälle eingeschränkt wird (zB durch die Einräumung von Freigrenzen).

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Die erweiterte beschränkte Einkommensteuerpflicht des § 2 soll Steuervorteile begrenzen, die unbeschränkt StPfl durch den Wegzug in das Ausland erzielen können. Waren unbeschränkt StPfl in den letzten zehn Jahren vor dem Ende ihrer unbeschränkten StPfl insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und verlegen sie unter Aufrechterhaltung wesentlicher wirtschaftlicher Interessen im Inland ihren Wohnsitz in das niedrig besteuernde Ausland, erweitert die Regelung für das Jahr des Wegzugs und die nachfolgenden zehn Jahre die normale beschränkte StPfl. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll damit eine tarifgerechte Besteuerung erreicht werden. So wird durch die Regelung zur erweiterten beschränkten StPfl

der Katalog der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte erweitert,
die Progression in voller Höhe nach dem Welteinkommen angeordnet,
die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs iSd § 50a EStG beseitigt und
die Besteuerung bei Nachweis durch den Stpfl auf die Steuer begrenzt, die bei unbeschränkter Stpfl und ausschließlichem Wohnsitz im Inland angefallen wäre.[1]

Unbeschränkt steuerpflichtige Deutsche können somit für eine Übergangszeit von zehn Jahren der (relativ hohen) dt Besteuerung durch Wohnsitzwechsel ins Ausland nicht einfach entgehen, wenn sie über einen bestimmten Umfang hinaus weiterhin Einkünfte in Deutschland beziehen oder Vermögenswerte besitzen.

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Im Vergleich zur „normalen“ beschränkten Stpfl wirken sich die Regelungen des § 2 grds zuungunsten des Stpfl aus. Nachteilig sind insoweit insb die Erweiterung des Umfangs der sachlichen Steuerpflicht, die Anwendung des Progressionsvorbehaltes auf Basis „sämtlicher Einkünfte“ des Stpfl sowie die Erstellung der für die Durchführung des Progressionsvorbehaltes und für die Inanspruchnahme der Steuerlasthöchstgrenze benötigten Schattenveranlagungen. Jedoch schließt § 2 weder von seinem Wortlaut noch von seiner Regelungssystematik aus, dass ein Stpfl durch die Norm auch begünstigt sein kann. In bestimmten Ausnahmefällen kann daher die Situation eintreten, dass die als „Strafsteuer“ konzipierten Rechtsfolgen des § 2 zu einer Vorteilhaftigkeit der erweiterten beschränkten Stpfl gg der „normalen“ beschränkten Stpfl führen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der erweitert beschr Stpfl negative Einkünfte erzielt, die sich iR seiner Veranlagung im Wege der Verlustverrechnung auf das zu versteuernde Einkommen mindernd auswirken, jedoch bei „normaler“ beschränkter Stpfl mangels Veranlagung oder aufgrund des eingeschränkten Umfangs der sachlichen Steuerpflicht ohne Auswirkung bleiben würden. Denn während bei „normal“ beschränkt Stpfl die Abzugssteuer iSd § 50a EStG ausweislich des § 50 Abs 2 EStG grds abgeltende Wirkung entfaltet, eine Veranlagung dieser Einkünfte also grds unterbleibt, ist bei erweitert beschränkt Stpfl die Abgeltungswirkung der Abzugssteuer iSd § 50a EStG durch § 2 Abs 5 S 2 suspendiert, sodass bei ihm diese Einkünfte in die Veranlagung einzubeziehen sind. Eine Begünstigung gg der „normalen“ beschränkten Stpfl ergibt sich ferner dann, wenn negative Einkünfte beim erweitert beschränkt Stpfl iRd Progressionsvorbehaltes zu einer Verringerung des anzuwendenden Steuersatzes führen, hingegen bei „normaler“ beschränkter Stpfl mangels eines Abstellens auf „sämtliche Einkünfte“ des Stpfl bei der Festlegung des anzuwendenden Steuersatzes nicht berücksichtigt würden.[2]

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Bei der Anwendbarkeit von § 2 ist zu differenzieren zwischen einem Wegzug in einen

DBA-Staat,
DBA-Staat mit Öffnungsklausel und
Nicht-DBA-Staat.

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Bei Wegzug in einen Staat, mit dem JStG Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, wird die sachliche Erweiterung der beschränkten StPfl in der Praxis meistens ausgeschlossen, da die iRd erweiterten beschränkten StPfl zusätzlich erfassten Einkünfte abkommensrechtlich im Wegzugsstaat bzw Quellenstaat nicht mehr besteuert werden dürfen. Nur soweit dem Quellenstaat das Besteuerungsrecht weiterhin zusteht zB durch Sondervorschriften wie im DBA-Großbritannien zur „Remittance Basis“-Besteuerung (vgl Rn 39 ff) oder die Einkünfte nicht unter das Abk fallen, bleibt § 2 anwendbar.

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Davon zu unterscheiden sind Staaten, mit denen zwar ein DBA besteht, in diesem jedoch eine Öffnungsklausel zugunsten des § 2 enthalten ist (so im DBA-Italien oder DBA-Schweiz vgl Rn 23 ff, 34 ff) und die erweiterte beschränkte StPfl somit anwendbar ist. Typische Wegzugsländer, bei denen § 2 insb Anwendung finden kann, sind daher neben diesen Staaten mit Öffnungsklauseln bzw Sondervorschriften solche, mit denen kein DBA besteht.

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Bei Prüfung des Anwendungsbereichs des § 2 sollten hierzu stets die Ausführungen der FinVerw in ihrem umfangreichen Anwendungsschreiben zum Außensteuergesetz (BMF BStBl I 2004, Sondernr 1, 3) Beachtung finden.

Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen

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