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VI. Verhältnis zum EU-Recht
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Beginnend mit dem Urt in der Rechtssache Erben von Barbier[19] hat der EuGH auf Vorlage eines niederländischen Gerichts entschieden, dass grds die europäischen Grundfreiheiten, insb die der allg Freizügigkeit (Art 21 AEUV) und die der Kapitalverkehrsfreiheit (Art 63 AEUV), für das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht Geltung besitzen. Dass gem § 4 nur dt Staatsangehörige der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegen können, Bürger aus anderen Mitgliedstaaten jedoch nicht, könnte als Grund für eine Unvereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundfreiheiten sprechen.[20] Denn es ist kein sachlicher Rechtfertigungsgrund ersichtlich, StPfl mit dt Staatsangehörigkeit, die aus Deutschland in ein EU- oder EWR-Niedrigsteuerland ziehen, gegenüber anderen aus Deutschland wegziehenden StPfl fremder Staatsangehörigkeit, die in Deutschland vergleichbar gewohnt haben, zu benachteiligen. Nähme man einen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht an, könnten sich aufgrund der Drittwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit auch StPfl, die in einen Drittstaat weggezogen sind, auf die (potentielle) Europarechtswidrigkeit der Vorschrift berufen.[21] Die letztgenannte Überlegung ist besonders praxisrelevant, da typische Wegzugsziele, die iSv § 2 Abs 2 als „niedrig besteuert“ gelten, meist nicht Mitgliedstaaten der EU bzw des EWR sind.[22]
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Andererseits hat der EuGH in seiner Entsch in der Rechtssache van Hilten[23] einen Verstoß einer niederländischen Vorschrift, die dem dt § 2 Abs 1 Nr 1 lit b ErbStG im Wesentlichen entsprach, gegen EU-Recht verneint. Der Fall betraf eine niederländische Staatsangehörige, die zunächst nach Belgien und sodann von dort in die Schweiz gezogen war. Nachdem im Entscheidungsfall nur niederländische Staatsangehörige von der Vorschrift betroffen waren, hat der EuGH eine EU-rechtlich relevante Diskriminierung verneint (mE im Ergebnis auch deshalb, weil eine Inländerdiskriminierung EU-rechtlich nicht verboten ist). Diese Entsch muss mE auch auf die Diskussion der EU-Rechtswidrigkeit von § 4 übertragen werden. Auch wenn dies nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, spricht daher doch einiges dafür, dass der EuGH auf der Grundlage der Rechtssache van Hilten auch die dt Vorschrift des § 4 als EU-rechtskonform ansehen würde.[24] Darüber hinaus kann dem Urt in der Rechtssache Columbus-Container[25] entnommen werden, dass die Grundfreiheiten des AEUV den StPfl nicht davor schützen, trotz Vornahme einer Maßnahme mit grenzüberschreitendem Bezug nach wie vor steuerlich wie ein Inländer behandelt zu werden, oder verkürzt: Der StPfl wird durch die Grundfreiheiten nicht unbedingt geschützt, wenn er durch das nationale Recht nicht schlechter, sondern genauso gestellt wird, als wenn der Sachverhalt einen rein nationalen Bezug behalten hätte. S zur vergleichbaren Diskussion um die Vereinbarkeit der erweitert beschränkten Einkommensteuerpflicht des § 2 mit dem Gemeinschaftsrecht § 2 Rn 46 ff.