Читать книгу Halbe-Halbe, einmal und immer - Kathrin Brückmann - Страница 17

15 – Sophies Telefon tüdelte,

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als sie gerade die Stufen zum Eingang des Amtsgerichts nahm. Die Nummer des Anrufers sagte ihr nichts.

»Ja?«

»Sofia-Freundin-von-Will?«

»Marek, sind Sie das?«

»Ja. Marek Kapuczinsky. Sofia, Ihr Auto läuft wieder. Können Sie jederzeit abholen.«

»Was denn, jetzt schon?«

»Wir sind schnell«, sagte Marek.

»Wie viel Geld muss ich mitbringen, Marek?«

»Ist nicht teuer. Sie können zahlen, wie sie wollen. Visa, Master, Bankkarte, Euro, Dollar, Zloty, D-Mark, wenn Sie haben. Ist immer noch gutes Geld.«

Es war erst kurz nach zehn am Vormittag. »In spätestens einer Stunde bin ich bei Ihnen«, sagte Sophie.

Ihr Besuch beim Grundbuchamt war kurz. In einem Taxi fuhr sie über den Fluss und die Grenze nach Kystrowcze. Ihr Golf stand frisch gewaschen im Hof der Werkstatt.

»Was war denn dran?«, sagte Sophie zu Marek.

»Nichts kaputt«, antwortete er. »Wir haben Stecker trocken geblasen, Kontakte eingesprüht, ein paar Sicherungen ersetzt, neue Zündkerzen, einmal kärchern, halbe Stunde Arbeit. Das war alles. 40 Euro.«

»Nur 40 Euro!?« Sophies Taxifahrten waren teurer gewesen.

»Wollen Sie mehr ausgeben? Kein Problem«, sagte Marek.

»Nein, nein! Vielen Dank, Marek, dass Sie meinen alten Wagen noch mal gerettet haben.«

»Golf«, brummte er. »Gutes Auto. Nur zwölf Jahre alt. Läuft noch mal zehn.«

Sophie bezahlte im Büro der Werkstatt bei einer hübschen Brünetten mit Rehaugen. Eine Minute später saß sie in ihrem Wagen und war auf dem Weg nach Küstrow, erleichtert und beschwingt davon, dass der alte Golf und ihre Brieftasche den Ausflug in das Schlammloch an der Grobitzer Landstraße so glimpflich überstanden hatten. Während sie fuhr, machte sie wieder einmal Bilanz.

Was hatte sie geschafft von dem, was sie als Erbin zu erledigen hatte?

Sie hatte die Habseligkeiten ihrer Großtante aus dem Heim abgeholt (check) und ihre Urne vom Bestatter (check). Sie hatte das geerbte Haus besichtigt (check), die Eintragung als neue Besitzerin ins Grundbuch beantragt (check) und organisiert, dass es verkauft wurde (check).

Was gab es sonst noch, das sie tun musste?

Nichts. Für den Moment jedenfalls war das alles.

Und später? Sie würde sich mit dem Heim auf Ratenzahlung für die geerbten Schulden verständigen, darauf hoffen, dass das Finanzamt keine Erbschaftssteuer von ihr wollte und darauf warten, dass der Raucher in der Immobilienabteilung der Bank einen Käufer für das Haus fand.

Das war’s dann mit ihrem Erbe.

Und jetzt … würde sie wieder nach Hause fahren, sich schleunigst einen neuen Job suchen, auch, um die geerbten Schulden abzahlen zu können, und weiterleben wie bisher. Oder, mit einem neuen Job, besser. Ja, besser.

Sophie sah auf die Uhr. Es war Viertel nach elf. Wenn sie vor zwölf Uhr aus ihrem Hotel auscheckte und dann gleich losfuhr, sparte sie eine Übernachtung und war in fünf, sechs Stunden wieder zu Hause. Sie würde in der kommenden Nacht in ihrem eigenen Bett schlafen. Darauf freute sie sich. Sie überlegte, Jens anzurufen, aber weil er es nicht mochte, wenn sie ihn am Arbeitsplatz anrief, ließ sie es bleiben. Es gab ja auch nichts zu sagen, außer dass sie in ein paar Stunden zurück sein würde.

Dann los, sagte sie sich. Leb wohl, Küstrow. Sie trat aufs Gas. Noch bevor sie die Oderniederung ganz durchquert hatte, wurde der Innenraum ihres Wagens warm. Warm! Nach Jahren! Einer von Mareks Mechanikern hatte ungefragt und wie nebenbei die Heizung des Golfs wieder in Gang gebracht. Sophie konnte es kaum fassen. Sie musste nicht mehr frierend fahren. Konnte, ohne ihren dicken Mantel tragen zu müssen, hinter dem Steuer sitzen. Was für ein Luxus! Welche Erleichterung! Sie kurbelte ihr Seitenfenster herunter und rief in den Fahrtwind: »Danke unbekannter Mechaniker! Danke Marek! Danke Will Trenck, dass Sie mich ausgerechnet zu dieser Werkstatt gebracht haben!«

Halbe-Halbe, einmal und immer

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