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4 – Während der Feiertage

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und zwischen den Jahren vergaß (oder verdrängte) Sophie fast vollständig, dass sie arbeitslos war. Am ersten Arbeitstag des neuen Jahres stand sie zusammen mit Jens auf, bereitete Frühstück für beide und hörte zu, wie er sich für den Tag fertigmachte: die Dusche, den Föhn und die elektrische Zahnbürste, das Geräusch von Schranktüren, das Klappern von Absätzen. Ein kurzer Abschiedsgruß über die Schulter gesprochen, die Wohnungstür … und dann war Stille. Die Stille war so still, dass Sophie das Blut in ihren Ohren singen hörte. Sie war allein in der kleinen Wohnung und hatte nichts zu tun.

Wie es anfühlen würde, arbeitslos zu sein, das hatte sie sich nie ausgemalt, darüber hatte sie sich nie Gedanken gemacht. Seit Jahren, eigentlich schon immer, lebte sie mit dem Blick auf die Uhr. Arbeitszeiten strukturierten ihre Tage und Wochen. Es gab immer Wege, die sie zu gehen, und Verpflichtungen, die sie zu erfüllen hatte, Termine, die es einzuhalten, und Aufgaben, die es abzuarbeiten galt. Es war nicht vorgesehen, dass das einmal enden würde. Leben war Routine. Urlaube und Wochenenden, Sonntage, an denen sie bis mittags im Bett lag, das waren nur überschaubare Atempausen mit der Aussicht auf die unvermeidliche Wiederkehr des Immergleichen.

Nun kam es Sophie so vor, als hätte ihr Leben plötzlich angehalten. Das machte sie ratlos. Natürlich, sie wusste, es ging weiter, immer ging es irgendwie weiter … sie würde einen neuen Job suchen, finden und ihn auch antreten, aber das war Zukunft. Nichts, das sie an einem kalten, dunklen Wintermorgen in einer kleinen vollgestopften Wohnung im siebenten Stock sinnvoll beschäftigte.

Sie saß auf dem Sofa und sah zu, wie es vor den Fenstern langsam Tag wurde. Dann begann sie, die Wohnung aufzuräumen.

Halbe-Halbe, einmal und immer

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