Читать книгу Kuss der Wölfin - Band 1-5 (Spezial eBook Pack über alle Teile. Insgesamt über 1300 Seiten) - Katja Piel - Страница 38
Оглавление32. Kapitel
Irgendwo in England, Herbst 2012
«Du zitterst ja. Du musst dich doch nicht fürchten, meine Hübsche.»
Schmerz durchzog ihr Bein, ihre Mundhöhle fühlte sich trocken an, schlucken war kaum möglich. Als sie sich drehte, wurde ihr übel, sie verlor das Gleichgewicht und fiel von ungefähr einem halben Meter auf harten Boden. Stöhnend hob Alexa den Kopf, öffnete langsam die Augen und rieb sich den Oberschenkel. Ein Krampf ballte Ihre Muskeln zusammen, vermutlich weil sie zu lange in der gleichen Position gelegen hatte.
Ihre Umgebung nahm sie wie durch ein Lineal wahr; sie war verzerrt und bereitete ihre quälende Kopfschmerzen. Grelles Licht blendete in ihren Augen, was ihr zusätzliche Übelkeit verursachte. Wo zum Teufel war sie? Sie wurde das Gefühl nicht los, auf einem Boot zu sein. Alles um sie herum schwankte, die Wände kamen auf sie zu und entfernten sich dann wieder von ihr. Ihr Kopf war so schwer, dass sie sich vorsichtig auf den Boden zurücksinken ließ. Der grüne Teppich wies bräunliche Flecken auf und stank grässlich nach Erbrochenem. Alexa kämpfte gegen einen Würgereiz.
Dann veränderte sich ruckartig ihr Blickfeld. Jemand drehte sie um. Verwirrt versuchte sie zu erkennen, wessen Gesicht da dicht vor ihrem erschien. Ein fremder Mann: dunkles Haar, blassblaue Augen. Fast kindliche Gesichtszüge.
„Alles wird gut. Alles wird gut.“ Die Stimme klang wie die eines Wahnsinnigen. Sie musste an „Das Schweigen der Lämmer“ denken – als ob ihr eigenes Leben nicht genug Horror bereit hielte. Dann war der Mann wieder verschwunden. Was war passiert? War sie ohnmächtig gewesen? Alexas Erinnerungen lagen im Nebel. Sie zog sich zum Sitzen hoch und lehnte sich an die Wand. Ihr Kopf schmerzte, so dass sie die Fingerspitzen an die Schläfen legte und mit sanftem Druck massierte. Die Einrichtung war spartanisch. Hässliche, vor Dreck starre Gardinen hingen schief vor kleinen Fenstern, die so schmutzig waren, dass Alexa nicht hinaus sehen konnte. Ein Tisch war fest mit dem Boden verankert und mit einer Bank u-förmig umbaut. Alexa atmete tief ein, um die Übelkeit zu vertreiben.
Hinter ihr klappte eine Tür zu, und Schritte näherten sich. Da war der Kerl mit den Kinderaugen. Er beugte sich zu ihr, ging über ihr in die Knie und brachte sein Gesicht direkt vor ihres. Sein Atem stank höllisch.
„Was wollen Sie …“ Alexa hielt inne. Was war mit ihrer Stimme passiert? Krächzend, panisch, schwach. Der Typ hob die Hand, woraufhin Alexa sich gegen die Wand presste und versuchte, den Kopf wegzudrehen, doch er schlug sie nicht, sondern streichelte ihre Wange. Fast zärtlich, aber der Ausdruck in seinen Augen, in diesen großen, kugelrunden Augen, warnte sie.
„Wie weich deine Haut ist. Wunderschön“, wisperte er. Fast andächtig, als hätten sie ihr erstes Date.
„Was wollen Sie? Lassen Sie mich gehen!“
„Du zitterst ja. Du musst dich doch nicht fürchten, meine Hübsche.“
„Bitte nicht. Ich weiß nicht, was ich …“ Er lehnte sich ein Stück zurück und verpasste ihr eine Ohrfeige, die ihren Kopf rückwärts gegen die Wand schleuderte. Dann packte er sie an den Armen. Alexas Kopf dröhnte, Schmerz durchzog ihren Nacken, und als sie sich nach vorne beugte, musste sie sich auf den fleckigen Teppich übergeben. Als nichts mehr kam, griff er ihr unters Kinn und zwang ihren Kopf nach oben. Seine Augen funkelten vor Aufregung, fast als spüre er Freude.
„Sieh mich an!“ Sie zwinkerte sich Tränen aus den Augen und zog die Nase hoch. Die Galle brannte ihr im Mund.
„Wenn sie kooperativ sind, wird dir nichts geschehen, Menschlein.“ Damit erhob er sich, machte einen Schritt über die Lache von Erbrochenem, tippte sich mit dem Finger an die Stirn. Pfeifend verließ er den Raum.
Alexas Verstand arbeitete schwerfällig. Man musste ihr KO-Tropfen verabreicht haben, anders war dieser gründliche Filmriss nicht zu erklären. Und mittels eines KO war sie von ihrem normalen Leben in diese Hölle befördert worden. Der Geruch ihres eigenen Erbrochenen ekelte sie an. Sie zog die Beine an die Brust, um das taube Gefühl zu verdrängen.
Mit jedem weiteren Atemzug lichtete sich der Nebel. Und die Panik überrollte sie wie ein Tanklaster.