Читать книгу Und du bist nicht da - Kerstin Teschnigg - Страница 22
Kapitel 19
ОглавлениеAnna – Fast ein Jahr später
Ich sitze an meinem Schreibtisch und sehe auf mein Abschlusszeugnis der fünften Klasse. Eine Zwei. In Mathe. Trotzdem bin ich stolz. Jetzt muss mir nur noch die Matura so gelingen. Mein Vater hat zwar bei der zwei die Augenbrauen hochgezogen, aber ich glaube er war doch zufrieden. Ich bin es auf jeden Fall. Das Schuljahr ist gut gelaufen, wenn ich Matura in der Tasche habe, steht meinem Studium nichts mehr im Weg. Kunstgeschichte. Ich freue mich total darauf, auch wenn mein Vater immer noch nicht versteht wie ich jemals damit Geld verdienen werde. Nebenbei möchte ich mich noch mehr mit dem Fotografieren beschäftigen. Eine eingehende SMS lässt mich aufsehen.
Hallo Anna, du meldest dich ja überhaupt nicht…kommst du um sechs in den Eissalon? Würde mich freuen…Dominik.
Dominik Platter. Ich habe ihn im Zug kennen gelernt, er wohnt im Nachbarort und hat die ersten zwei Semester Biotechnologie hinter sich. Ich verstehe nichts davon, aber er ist nett. Wir treffen uns hin und wieder auf einen Kaffee. Nett. Ja. Wir haben uns beim letzten Treffen geküsst. Ich würde nicht sagen das es schlecht war, aber es war nicht so wie ich es mir wünsche, doch so kann es gar nicht sein. Genau dieses Gefühl wird es für mich nicht mehr geben. Julian hat sich nach dem letzten Sommer anfangs immer wieder gemeldet. Er war fix von der Idee überzeugt, dass ich nach Schottland zu ihm kommen soll. Was soll ich in Schottland? Mein Leben ist hier. Das mit Janine hatte ich ihm eigentlich so gut wie verziehen, das war nachdem er weg irgendwie leichter. Trotzdem, ich bin gerade mal achtzehn geworden realistisch genug, dass es für uns keine Zukunft gibt. Hätte es nie gegeben. Mit oder ohne Janine. Ich atme genervt durch. Ja, ich hatte ihm verziehen, bis zu dem Tag irgendwann im vergangenen Herbst, an dem ich erfuhr das Janine schwanger ist. Wenn ich daran denke wird mir immer noch heiß vor Wut. Offiziell wurde darüber zwar nie gesprochen, aber ich habe die Tratschereien im Dorf gehört und musste es mir auch zu Hause anhören. Mein Vater hat mir mehrfach erzählt, dass einer der „Engländer“ der Vater von Janines Kind sein soll. Ich weiß genau, dass er das nur tat um mich zu kränken. Auch wenn er kein Engländer, sondern Schotte ist, von da an habe ich den Kontakt abgebrochen. Ich hätte ihn fragen können, aber ich wollte es gar nicht hören, auch wenn es nur die Angst vor der Antwort war. Das Baby ist vor ein paar Tagen geborgen worden, es ist ein Mädchen. Keine Ahnung vielleicht taucht er ja bald wieder hier auf. Wenn ich daran denke, fühle ich mich ganz schrecklich. Ich will ihn nicht sehen, ich will nicht, dass er wieder hierherkommt. Ich senke meinen Blick. Ich will nicht, dass er der Vater von Janines Kind ist. Vielleicht weiß er auch gar nichts darüber, obwohl ich davon nicht ausgehe, schließlich scheint seine Familie wohlhabend und Janine ist samt ihrer Brut einfach nur berechnend und falsch. Julian ist für mich Geschichte. Er war der erste, aber das ist ja bekanntlich meistens nicht für die Ewigkeit. Ich will ihn einfach nur vergessen. Ich tippe eine Antwort an Dominik.
„Hi…Ja…Sorry…War ein ziemlicher Stress mit dem Notenschluss und so…ich sollte zwar für die Matura pauken, aber ein Getränk wird sich ausgehen. Bis dann, Anna.