Читать книгу Zen und die Kunst des Bügelns - Klaus Bodenstein - Страница 21

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Der Überfall

Benjamin hatte lange gebraucht, bis er sich sortiert hatte und erleichtert eingeschlafen war. Bald darauf sackte er wie ein Stein in einen traumlosen Tiefschlaf. Charlotte knipste einfach ihr Denken aus und war schon nach wenigen Minuten weg.

Sie erwachte erfrischt beim ersten Morgengrauen, als sie die fremde Umgebung wahrnahm. Draußen sangen die Amseln; sie lauschte eine Weile. Nach und nach begrüßten weitere Vögel, die sie nicht kannte, den beginnenden Tag.

Benjamin neben ihr schnarchte, wie er vorausgesagt hatte, auf dem Rücken liegend, aber leise genug, um sie nicht zu stören. Auch dabei hörte sie ihm eine Weile zu. Es war ein Geräusch des Vertrautseins.

Charlotte legte ihm spielerisch die Hand auf den Oberschenkel, Ben schlief unbeirrt weiter. Für seine Größe war er ein ziemliches Sensibelchen, fand sie. Er war schüchtern und empfindlich. Wie konnte er nur darauf kommen, ausgerechnet Daniel als ernsthaften Konkurrenten zu empfinden? Sie spielte an seiner Unterhose herum, die einen Schlitz hatte, anders als ihre eigenen. Sofort regte sich jemand darin.

Allzeit bereit, dachte sie. Gestern Abend auch; er hatte sie fast so weit gehabt. Sein Gejammere gestern war wohl nur dazu gedacht gewesen, sie rumzukriegen. Nur der Vollzug ist der Beweis, dass man besser ist als andere. Hätte er es nicht ihr, sondern Daniel damit gezeigt? Sie schüttelte den Kopf. Männer.

Ein wenig ärgerte sie sich über sich selbst. Sie wollte ihn genauso wie er sie. Warum stellte sie sich so an? Hatte sie Angst, dass er ihr nach dem ersten Mal abhauen würde? Score! Wham bam, thank you, Mam? Aber so einer war er nicht, oder nicht mehr. Oder doch? Männer wollten besitzen, das war ihr nur zu bewusst. Sie wollten ein einmaliges Erlebnis, in einem anderen Wortsinn, als sie es sich wünschte.

Demnächst würde sie ihn wecken müssen, er musste zu seinem Zug nach Düsseldorf und von dort nach Exeter in England. Er würde ein paar Tage weg sein. Sie schmiegte sich enger an ihn und spürte ihre eigene physische Reaktion auf seine Nähe.

Charlotte hob ihre Hüfte an und strich mit der Linken an ihrem Po herunter, um sich ihres Höschens zu entledigen. Dasselbe, das Benjamin morgens nach dem Suff an sich entdeckt hatte. Das hatte sie kurz entschlossen ungewaschen angezogen und seitdem nicht mehr abgelegt. Sie strich über seine Brust, er schnarchte weiter. Was er wohl träumt, dachte sie, hoffentlich von mir. Und hoffentlich was Schönes.

So einfach konnte sie ihn nicht weglassen. Wachrütteln, hey, Zen, dein Zug, du musst los, mit einem improvisierten Frühstück im Stehen oder nur einem Kaffee. Da wusste sie was Besseres. Sie würde ihn sanft in den Tag hineingleiten lassen.

Im Zimmer war es warm, sie hatten sich ohnehin fast freigestrampelt. Charlotte schob die Decke vorsichtig zur Seite und sah sich den Mann neben ihr an. Er gefiel ihr.

Mit den Fingerspitzen zog sie am Saum seiner Unterhose, langsam, in Zeitlupe, ohne Kraft. Er reagierte nicht, war in seinem Traum unterwegs.

Schließlich hatte sie sein bestes Stück freigelegt. Die Hose konnte sie aber nicht weiter herunterziehen, ohne ihn zu wecken. Sie nahm vorsichtig in die Hand, was sie gerade befreit hatte. Nachhelfen musste sie nicht. Er hatte wohl die ganze Nacht von ihr geträumt.

Sie kniete sich vorsichtig über ihn und strich mit ihren langen Haaren über seinen Brustkorb. Die Spitzen ihrer Brüste berührten ihn dort, wo sein Brusthaar in den muskulösen Bauch überging.

Wenn er wach gewesen wäre, hätte er das mitbekommen.

Er schlief weiter, grunzte kurz, setzte sein leichtes Schnarchen aber fort. So weit, so gut. Charlotte spürte ihre eigene Bereitschaft überdeutlich; ein Geruch von Malz und Hefe kräuselte sich an ihrem Bauch empor, wie ein junges Bier. Charlottes Seufzer ging in leises Stöhnen über. Sie selbst hatte auch länger keinen Sex mehr gehabt. Nun spürte sie schmerzhaft, wie ihr das gefehlt hatte. Fast hätte sie lauter aufgestöhnt, konnte sich aber noch beherrschen. Wecken wollte sie ihn auf keinen Fall, jetzt nicht. Es sollte eine Überraschung werden.

Sachte schob sie ihr Becken nach vorn, bis sie sich über ihm befand. Dann ließ sie sich unmerklich herunterrutschen, bis sie Kontakt spürte. Dabei beließ sie es für eine Weile; er hatte sich nicht bewegt, und auch sein Schnarchrhythmus war unverändert.

Charlotte atmete heftig, hoffentlich wurde er nicht davon wach. Vorsichtig drückte sie ihn nach oben, mit einem Finger. Jetzt atmete er etwas heftiger. Wach war er noch nicht. Charlotte hätte sich jetzt gern zurecht geruckelt, aber das hätte ihn bestimmt geweckt. Stattdessen bewegte sie ihr Becken so weit nach vorn, bis sich alles richtig anfühlte.

In ihren Bemühungen, ihn nicht zu wecken, bewegte sie sich so langsam, wie sie irgend konnte. Zehntelmillimeter für Zehntelmillimeter schob sie sich über ihn, mit kleinen Korrekturbewegungen, wie eine Nacktschnecke, die sich über ein Stück Holz zog, ein wenig nach vorn, noch ein wenig, ein bisschen zurück, langsam, langsam, ohne Druck, unterstützt von winzigen, kreiselnden Bewegungen.

Nach einer gefühlten kleinen Ewigkeit hatte sein Schiff Skylla und Charybdis passiert, es ging jetzt etwas leichter. Charlotte sie ließ sich weiter Zeit, um ihn noch nicht zu wecken. Sie schwebte nahezu regungslos über ihm und hielt ihn trotzdem fest.

Vielleicht konnte sie ihn dahin bringen, dass er genau im richtigen Moment aufwachte; das wäre ein Kunstwerk, das zu vollenden sich lohnte, dachte sie. Hatte er das überhaupt verdient, dass sie sich so um ihn kümmerte?

Langsam ließ sie sich weiter nach unten gleiten, mühelos, wie Harz am Baum. Die Hälfte hatte sie nun schon hinter sich. Er träumte immer noch, auch wenn sein Schnarchen heftiger geworden war und ab und zu von Glucksen durchsetzt war.

Charlotte hielt ihre Brüste mit den Händen nach oben und massierte sie. Wie schön, wenn das jetzt seine Hände wären, dachte sie, aber die eine lag untätig an seiner Seite, die andere unter seinem Nacken, als Kopfstütze.

Schließlich fühlte sie sich ausgefüllt. Sie drückte sich vorsichtig noch etwas tiefer.

Inzwischen hatte sie bei der langsamen Bewegung jedes Raumgefühl verloren. Ob er in ihr steckte oder sie in ihm, war unklar. Was seins war, war auch ihres, was ihres war, wurde seins. Er war die samtene Haut, die ihn umhüllte und wärmte. Jede kleine Bewegung verstärkte ihr Gefühl, dass er sie und sie er war, und langsam ging auch ihr Raumgefühl im Zimmer verloren.

Was für ein Erlebnis, dachte sie, sie schwebte im Raum, sie pfählte etwas, das sie umgab, während er ihr Universum durchflog. Sie hob sich wieder an, unmerklich und immer noch in größter Zeitlupe, und kippte ihr Becken nach vorn, um den Stachel in ihrem Fleisch besser spüren zu können. Jetzt hörte er auf zu schnarchen, und sie nahm den Druck aus der langsamen Bewegung. Schlief er noch? Oder stellte er sich nur noch schlafend?

Sie dachte an die Nacht nach dem Besuch im Kleinen Ratskeller. Wenn es passiert, muss der Geist mit drin sein, hatte sie sich angetrunken gedacht. War das jetzt so? Aber da war sie selbst ziemlich zu gewesen, und Benjamin komplett weggetreten.

Jetzt war das anders, sie waren beide nüchtern, und sie fragte sich, ob der Geist bei Männern nicht sowieso in ihrem besten Stück untergebracht war, so wie sie sich manchmal benahmen.

Sie erhob sich weiter nach oben, bis sie Widerstand an ihrer Pforte spürte. Den ersten Bewegungszyklus hatte sie abgeschlossen. Wie lange hatte das gedauert? Zwei Minuten? Eine halbe Stunde? Eine Ewigkeit? Charlotte lächelte; es war ihr so was von egal. Sie hatte bereits fliegen gelernt, das hatte er doch gewollt.

Sie begann mit einer langsamen Abwärtsbewegung, die es ihr ermöglichte, jeden Quadratmillimeter intensiv zu spüren.

»Hey! Was machst du denn da?« Benjamin war aufgewacht, eine Hand nach wie vor hinter seinem Kopf, die andere legte er ihr nun auf den Schenkel. Er zwinkerte, grinste sie aber dabei an, sehr schnell hellwach.

Charlotte atmete erleichtert aus und hielt inne.

»Ich hab’s mir anders überlegt. Wollte dich zärtlich wecken. Ich konnte es auch nicht mehr länger aushalten«, stöhnte sie, und wuschelte ihm die Haare, glücklich, dass er jetzt wach war, und dass sie selbst die Initiative in der Hand behalten hatte. Oder eben nicht in der Hand. »Herzlich willkommen.«

Es dauerte nicht lange, bis Benjamin sich einfügte. So schön war er noch nie geweckt worden.

»Meinen Zug habe ich gerade verpasst«, sagte er eine knappe Stunde später.

Um halb elf holten die beiden ihr Frühstück nach.

»Jetzt habe ich auch die nächsten beiden Züge verpasst«, freute sich Benjamin um drei Uhr nachmittags, »und ich habe schon wieder Hunger, lass uns vielleicht mal aufstehen.«

Den letzten Zug nach Düsseldorf erwischte er exakt einen Tag später, seine Flüge hatte er zwischendurch entsprechend umgebucht.

Alexander würde es verstehen, wenn er später als angekündigt ankam. Außerdem würde er nicht so lange bleiben wie geplant. Schon als sein Zug Göttingen verließ, sehnte Benjamin sich danach, bald wieder zu Haus und bei Charlotte zu sein. Er stand auf, allein im Abteil, und sah aus dem Fenster dorthin, wo er sie jetzt vermutete. Als er sich setzte, leuchtete ein feuchter Kuss am Glas und grüßte sie.

Zen und die Kunst des Bügelns

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