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1966: Das Licht der Kreissaallampe blendet mich zu früh.

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Im Gegensatz zu mir kam meine ältere Schwester Barbara 1963 als Wunschkind zur Welt. Das ist verwunderlich, da meine Eltern damals als Ärzte im Praktikum ein Nomadenleben führten. Sie ließen den Säugling und später das Kleinkind in den verschiedenen Krankenhäusern, in denen sie Dienst schoben, von wechselnden Krankenschwestern versorgen. In unserer Familie wurde später freudig davon erzählt, wie niedlich es war, als meine Schwester in der Schweiz anfing Schwizerdütsch zu sprechen. Die Bedeutung von ,Mutter‘ in ,Muttersprache‘ erschloss sich den Doktoren Porath nicht.

Ganz wohl kann mir in meiner Mutter nicht gewesen sein, denn ich verließ sie zu früh und verbrachte die letzten Wochen bis zum errechneten Schlupftermin in einem Brutkasten. Eine weitere medizinische Herausforderung war, dass mir aufgrund einer Unverträglichkeit der Blutgruppen meiner Eltern direkt nach der Geburt das gesamte Blut ausgetauscht werden musste. Dieses spendete, so wurde mir später berichtet, ein Soldat, bei dem ich mich an dieser Stelle aufrichtig bedanken möchte. Dem armen Mann habe ich damals vermutlich gehörig den Feierabend verdorben. Hoffentlich bekommt er auf irgendeinem Wege dieses Buch in die Hände und erfährt, dass sich sein Einsatz in Celle am 5. März 1966 gelohnt hat. Finde ich zumindest. Nach jüdischem Glauben befindet sich im Blut die Seele. Vielleicht liegt hierin der Grund für meine Affinität zum Militär, die meinen Freund Matthias immer aufs Neue verwundert. Als wir uns kennenlernten, habe ich ihm immer wieder in nächtelangen Gesprächen versucht, den Wert von Kameradschaft zu vermitteln. Irgendwann gab ich entnervt auf. Das war, kurz nachdem er zum Oberstleutnant befördert wurde.

Aber zurück zum neuen Erdenbürger (ohne Uniform). Mein Überleben stellte meine Eltern vor eine logistische Herausforderung: Wohin mit dem Kleinen? Konnten sie erneut examinierte Krankenschwestern als ehrenamtliche Ammen einspannen? Zu meinem großen Glück nicht, denn meine Schwester war bereits 2 1/2 Jahre alt und die Krankenschwestern keine Ammen mehr, sondern Erzieherinnen. Also kamen meine Eltern auf die allerbeste Idee ihres Lebens, für die ich mich bei ihnen an dieser Stelle herzlichst bedanken möchte. Sie gaben mich bei der Mutter meiner Mutter, der liebsten Oma der Welt, meiner Oma Paula, in Pflege. Meine Bilderbuchkindheit konnte beginnen.

Kunst oder Kekse

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