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Was darf man schreiben?

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Als ich mit dem Schreiben anfing, stieß ich sehr bald auf ein Problem:Es verlockt dazu, andere Menschen „in die Pfanne zu hauen“. Da ich ein netter Mensch bin und öffentliches „Schmutzige-Wäsche-waschen“ nicht unterhaltsam ist, löschte ich ganze Absätze schnell wieder. Das andere Extrem, also so zu tun, als wäre alles immer Friede, Freude, Eierkuchen gewesen, wäre unwahr und – langweilig! Dieses Buch wäre nie entstanden, wenn bei mir bereits die Altersmilde eingesetzt und alles vernebelt hätte. Also entschied ich mich, ein ehrliches, informatives, unterhaltsames und lustiges Buch zu schreiben. Kein vollständiges, denn erstens kann man 48 Lebensjahre nicht auf 323 Seiten komprimieren und, wie im Vorwort erwähnt, gehört auch nicht alles an die Öffentlichkeit.

Da wir nur Geschichten unterhaltsam finden, in denen Spannungen zwischen Menschen auftreten, werden einige Betroffene nicht mit allem glücklich sein, was sie hier über sich selbst lesen. Ihnen sei versichert, dass jede zur aufrichtigen Schilderung notwendige Provokation sorgfältig von mir abgewogen wurde. Besonders freut es mich, dass sie garantiert an anderer Stelle überraschend Positives über sich lesen werden! Das zeigt mein Bestreben, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen. Jedenfalls so, wie ich sie erlebt habe. Also, liebe Zeitzeugen, bitte legt dieses Buch nicht vorzeitig verärgert aus der Hand. Ihr könntet sonst etwas verpassen!

Wer meint, ich wäre in meinen Kindheitserinnerungen zu „intim“ geworden, sollte unbedingt die Lektüre des 2011 erschienenen Bestsellers „Lehrerkind, lebenslänglich Pausenhof“ von Bastian Bielendorfer meiden. Wer einige meiner Geschichten als zu heftig für die Öffentlichkeit empfindet, dem sei versichert, dass ich die wirklich schlimmen Begebenheiten weggelassen habe. Das rechtfertigt in meinen Augen die grenzwertigen Schilderungen aus meiner Kindheit. Was Bastian Bielendorfer lustig schildert, ist in meinen Augen Kindesmissbrauch. Dennoch sitzt sein Vater heute in seinen Lesungen! Ich habe den jungen Erfolgsautor angeschrieben und gefragt, wie das möglich ist. Seine Antwort lautete: „Hallo Klaus, meine Alten verknusen das ganz gut, ich habe meinen Humor ja von ihnen geerbt.“

Bei meinen Erzeugern sieht das leider anders aus. Das einzig Humorvolle in unserer Familie waren ein paar Schallplatten von Otto Waalkes. Meine Eltern sind beide Akademiker und halten sich, wie ich befürchte, noch immer, ohne rot zu werden, für perfekte Vorbilder in allen Belangen des Lebens. Ihre rückblickende Beteuerung, in meiner Erziehung und der meiner Schwester „nie einen Fehler gemacht zu haben“, war leider nicht ironisch gemeint. Sie läutete vor etlichen Jahren das Ende unserer Beziehung ein. Insofern bereitet es mir keinerlei Gewissensbisse, diese Überheblichkeit gebührend aufs Korn zu nehmen. Enterbt bin ich sowieso schon.

Wenn ich nicht über die Welt, die Musik und mich immer schon lange und intensiv nachgedacht hätte, könnte ich heute kein Buch schreiben. Die Mutter meiner ersten Freundin stellte Mitte der 80er Jahre fest, dass es in meinem Kopf sofort anfängt zu rotieren, sobald man mir etwas erzählt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich kann und will das auch gar nicht abstellen. Ich muss einfach immer wissen, was Sache ist! Außerdem haben sich dankenswerterweise einige Leute durch das Manuskript gequält, bevor die Druckerpresse angeworfen wurde. Deshalb halte ich es für ausgeschlossen, dass an irgendeiner Stelle kompletter Unsinn steht. In der Mitte zwischen Weichspülgang und Rechthaberei war es mein Ziel, die Dinge – von allen Seiten bedacht und nie ohne die nötige Prise Humor – auf den Punkt zu bringen.

Als Letztes noch ein warnendes Wort an alle Nachwuchsautoren: Sollte mein Buch Erfolg haben, bitte ich um Vorsicht vor unreflektierter Nachahmung! Als grobe Richtschnur möchte ich jedem, der einen Job anpeilt, bei dem er Schlips und Kragen tragen muss, dringend abraten, ein Buch wie dieses zu schreiben. Als Musiker (ich vermeide gerne das Wort Künstler) ist man, darf man, ja muss man etwas durchgeknallt sein. Ich denke, man erwartet das von uns sogar. Das ist eine der wenigen Erwartungen anderer an mich, die ich gerne erfülle. Man kann mir vieles vorwerfen, aber auf keinen Fall, normal zu sein. Wie langweilig wäre das denn auch!

Kunst oder Kekse

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