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Heutige Schwimmwanderer
ОглавлениеWas die flugunfähigen Hesperornis in der Kreidezeit vormachten, ist heute noch die gebräuchliche Fortbewegungsweise vieler, vor allem mariner Vogelarten. Zumindest Teilstrecken werden von ihnen auf ihren Wanderungen schwimmend und tauchend zurückgelegt. Allen voran sind es die flugunfähigen Pinguinarten der Südhemisphäre, die weite Strecken von über 1000 km zurücklegen. Nach der Brutzeit verteilen sie sich über große Meeresgebiete. Antarktische Pinguine wie der Königspinguin (Aptenodytes patagonicus), der Eselspinguin (Pygoscelis papua) und der Adeliepinguin (P. adeliae) haben so schon Australien erreicht, Königs- und Eselspinguin sogar Neuseeland. Schwimmwanderungen finden auf und unter Wasser statt. Eselspinguine erreichen beim Tauchen Geschwindigkeiten von 36 km/h. Praktisch, dass sich das Wandern gleich mit der Fischjagd verbinden lässt! Als man Eselspinguine 1000 km von ihren Brutplätzen entfernt auf dem offenen Meer beobachtete, hielten die Vögel einen strikten Nordkurs ein und verhielten sich auf und unter Wasser ähnlich der ziehenden Wale. Immer wenn einer auftauchte, gab er einen charakteristischen Ruf von sich, der wohl als Kommunikationsmittel dem Zusammenhalt des Pinguintrupps diente.
Fast noch erstaunlicher ist, dass auch Vögel in unserem Raum als Schwimmwanderer mit ähnlichen Streckenleistungen unterwegs sind: Basstölpel, Enten, Gänse, Lappen-, Seetaucher und Lummen. Trottellummen und Tordalken verlassen schwimmend ihre Brutregion, sobald ihre noch nicht flugfähigen Jungen den Sprung von den Brutplätzen auf hohen Felsenkliffs in die Brandung wagen. Jetzt locken die außerhalb der Brandung schwimmenden Eltern ihre Jungen an und beginnen die gemeinsame Schwimmwanderung. Sie wandern wie die Pinguine hauptsächlich unter Wasser. Die Altvögel haben jetzt ihre Schwungfedern abgeworfen und sind in nächster Zeit ohnehin ganz aufs Wasser als Medium für ihre Fortbewegung angewiesen. Dickschnabellummen haben so schon mehr als 1000 km entlang der Westküste Grönlands zurückgelegt. 500 bis 600 km folgen die zunächst flugunfähigen Jungen schwimmend ihren Eltern bis zur Packeisregion im nördlichen Polarmeer. Wobei einige Populationen südwärts, andere nordoder westwärts wandern.
30 Als Schwimmvögel können Gänse und Enten vor allem auf dem Meer auch mausernd Strecke machen (hier: Eiderentenmännchen [Somateria mollissima]).
31 Königspinguine legen Strecken von oft mehreren Hundert Kilometern zwischen ihren Brutplätzen und Nahrungsgründen zurück.
32 Während ein Elternteil das Brutgeschäft und die Jungenbetreuung bei Pinguinen übernimmt, ist der Partner fernab der Brutkolonie auf Fischjagd unterwegs (hier: Brutkolonie von Königspinguinen).
Auch die Lappentaucher konnten etwa entlang der schwedischen Ostseeküste südwärts schwimmwandernd und mit eingeschalteten Tauchgängen beobachtet werden. Hauben- und Ohrentaucher hielten dabei 150 bis 200 m Abstand zur Küste. Obwohl sie nachts im Flug ziehen, ist die Schwimmwanderung für die Vögel eine weitere Option zum Vorwärtskommen, bei der gleichzeitig noch gejagt werden kann – ein Privileg, das sich allen marinen Fischverzehrern geradezu anbietet. Auch die Ohrentaucher, Pracht- und Sterntaucher wurden auf diese Weise wandernd schon beobachtet. Und schließlich können so Gänse und Enten auch als Nichtflieger, weil mausernd, Strecke machen (z.B. Ringelgänse, Krick-, Eiderenten).